Dienstag, 20. Dezember 2016

ÜBER DIE KRANKHEIT - seliger Altvater Porphyrios von Kavsokalyvia

Mein Christus, Deine Liebe ist grenzenlos
 

Ich danke Gott, der mir viele Krankheiten gegeben hat (1). Oft sage ich zu Ihm: "Mein Christus, Deine Liebe ist grenzenlos!" Wie ich lebe, ist ein Wunder. Nebst anderen Krankheiten habe ich auch ein Krebs­geschwür an der Hypophyse. Dieses Geschwür vergrössert sich und drückt auf den Sehnerv. Deshalb sehe ich jetzt nichts mehr. Ich habe entsetzliche Schmerzen. Doch ich bete und nehme das Kreuz Christi auf mich mit Geduld. Seht ihr meine Zunge, wie sie ist? Sie ist ange­schwollen, sie ist nicht wie früher. Auch das rührt vom Krebs her, den ich im Kopf habe. Wenn sie noch grösser wird, werde ich Schwierig­keiten haben beim Reden. Ich habe grosse Schmerzen, ich leide sehr, doch meine Krankheit ist sehr schön. Ich empfinde sie als Liebe Christi. Ich bin bewegt und danke Gott. Es geschieht wegen meiner Sünden. Ich bin ein Sünder, und Gott bemüht sich, mich zu läutern.


Als ich sechzehn Jahre alt war, bat ich Gott, mir eine schwere Krankheit zu senden, einen Krebs, damit ich leide um Seiner Liebe wil­len und Ihn verherrliche inmitten der Schmerzen. Während langer Zeit betete ich in dieser Weise. Doch dann sagte mir mein Gerontas, das sei Egoismus und so nötige ich Gott. Gott weiss, was Er tut. Deshalb hörte ich auf damit. Doch seht, Gott hat meine Bitte nicht vergessen und mir diese Wohltat geschenkt, nach so vielen Jahren!
Jetzt bitte ich Gott nicht, dass Er mir das, was ich von Ihm erbeten hatte, wieder nehme. Ich freue mich, es zu haben, sodass auch ich wegen meiner grossen Liebe teilhaben darf an Seinen Leiden. Ich habe die Züchtigung Gottes. Wen der Herr liebt, den züchtigt Er (Hebr 12,6). Meine Krankheit ist eine besondere Gunst Gottes, die mich ruft, in das Geheimnis Seiner Liebe einzutreten und mit Seiner Gnade zu versu­chen, darauf zu antworten. Doch ich bin nicht würdig. Ihr werdet mir sagen: "All die Dinge, die Gott dir offenbart hat, machen sie dich nicht würdig?" Eben sie sind es, die mich verurteilen. Denn diese Dinge gehören der Gnade Gottes. Nichts gehört mir. Gott hat mir viele Charis­men geschenkt, aber ich habe nicht entsprechend geantwortet. Ich habe mich als unwürdig erwiesen. Das Bemühen darum aber habe ich kei­nen Moment aufgegeben. Vielleicht wird Gott mir Seine Hilfe ge­währen, damit ich mich Seiner Liebe übergebe.


Aus diesem Grund bete ich Gott nicht darum, dass Er mich gesund mache, sondern darum, dass Er mich gut mache. Ich bin sicher, dass Gott weiss, dass ich Schmerzen habe. Doch ich bete für meine Seele, damit Gott mir meine Fehltritte vergibt. Ich nehme keine Medikamente, ich liess mich nicht operieren, auch nicht untersuchen, und ich werde nicht einwilligen in eine Operation. Ich überlasse es Gott, die Dinge so zu regeln, wie Er will. Das Einzige, was ich tue, ist dies – ich bemühe mich, gut zu werden. Um dies betet auch ihr für mich. Die Gnade Gottes hält mich. Ich bemühe mich, mich Christus zu übergeben, mich Christus zu nähern, einszuwerden mit Christus. Das möchte ich, doch es mir noch nicht gelungen – ich sage das nicht aus Demut. Doch ich lasse meinen Mut nicht sinken. Ich fahre fort, mich zu bemühen. Ich bete, damit Gott mir meine Sünden vergibt. Ich habe viele gehört, die sagen: "Ich kann nicht beten…" Solches ist mir nicht widerfahren. Nur einmal, am Tag meines Ungehorsams auf dem Heiligen Berg, da geschah mir das.
Es kümmert mich nicht, wie lange ich noch leben werde und ob ich leben werde. Dies habe ich der Liebe Gottes überlassen. Es geschieht oft, dass die Menschen nicht an den Tod denken wollen. Sie tun das, weil sie leben wollen. Dies ist einerseits ein Beweis für die Unsterblich­keit der Seele. Andererseits aber, ob wir nun leben, ob wir nun sterben, wir gehören dem Herrn (Röm 14,8). Der Tod ist eine Brücke, die uns zu Christus führt. Sobald wir unsere Augen schliessen, öffnen wir sie in der Ewigkeit. Wir werden vor Christus erscheinen. Im anderen Leben werden wir die Gnade Gottes viel intensiver erfahren.

Ich empfand grosse Freude beim Gedanken,
dass ich bald dem Herrn begegnen würde

Einmal war ich dem Tod nahe (2). Ich hatte schwere Magenblutungen
erlitten wegen dem Cortison, das man mir im Spital gegeben hatte, als ich am Auge operiert wurde, welches ich letztlich verlor. Damals wohn­te ich in einem kleinen Hüttchen. Das Kloster war noch nicht erbaut. Ich war so erschöpft, dass ich nicht einmal begriff, ob es Tag war oder Nacht. Ich war dem Tod nahe, doch ich überlebte. Ich verlor enorm an Gewicht. Der Appetit verging mir. Drei Monate lang nahm ich pro Tag nur drei Löffel Milch zu mir. Eine Ziege rettete mich!
Ich lebte mit dem Gedanken meines baldigen Hingangs. Ich emp­fand grosse Freude beim Gedanken, dass ich bald dem Herrn begegnen würde. Ich spürte die Gegenwart Gottes innigst in mir. Und Gott wollte mich damals mit einer grossen Segnung stärken und trösten. Zu wie­derholten Malen, wenn ich fühlte, dass meine Seele drauf und dran war, hinzuscheiden, sah ich am Himmel einen Stern, der funkelte und rings­um wunderbar süsse Strahlen aussandte. Er strahlte hell und überaus süss. Er war wunderschön! Sein Licht hatte solche Süsse. Seine Farbe war blau, ein helles Himmelblau, wie ein Diamant, wie ein Edelstein. Sooft ich ihn sah, erfüllte mich Trost und Freude, denn ich spürte, dass in jenem Stern die ganze Kirche war, der Dreieinige Gott, die Allheilige Gottesmutter, die Engel, die Heiligen. Ich hatte das Gefühl, dass dort alle die Meinigen waren, die Seelen all derer, die ich liebte, meiner Altväter. Ich glaubte, dass auch ich, wenn ich aus diesem Leben schei­de, zu jenem Stern gehen würde, nicht wegen meiner Tugenden, son­dern wegen der Liebe Gottes. Ich wollte glauben, dass Gott, Der mich liebt, mir jenen Stern zeigte, um mir zu sagen: "Ich warte auf dich!"
Ich wollte nicht an die Hölle denken, an die Zollstationen. Ich dachte nicht an meine Sünden, obwohl ich viele hatte. Ich schob sie beiseite. Ich dachte nur an die Liebe Gottes und freute mich. Und ich bat: „Um Deiner Liebe willen, o mein Gott, lass auch mich dort sein. Doch wenn ich wegen meiner Sünden in die Hölle gehen muss, dann möge mich Deine Liebe hintun, wo sie will. Es genügt mir, wenn ich mit Dir zusammen bin.“ So viele Jahre lebte ich in der Wildnis mit der Liebe Christi. Ich sagte zu mir selbst: "Wenn du in den Himmel hinauf gehst und Gott zu dir sagt: Freund, wie kamst du hier herein, ohne ein hochzeitliches Gewand zu haben? (Mt 22,12), was willst du hier? Dann werde ich Ihm antworten: Was Du willst, mein Herr, was Deine Liebe will. Sie möge mich hintun, wo sie will. Ich übergebe mich Deiner Liebe. Wolltest Du mich selbst in die Hölle schicken, so schicke mich. Mir genügt es, wenn ich Deine Liebe nicht verliere!
Ich war mir meiner Sündhaftigkeit bewusst, und deshalb sagte ich innerlich ununterbrochen das Gebet des heiligen Symeon des Neuen Theologen:

"Ich weiss, o Retter, keiner hat wie ich
sich gegen Dich versündigt,
keiner tat, was ich getan.
Doch auch das nun weiss ich:
Grösser als alle meine Sünden,
als jede Menge Fehler,
ist die Langmut meines Gottes,
Seine unfassbare Liebe zu den Menschen."
(3)

Was dieses Gebet sagt, sind nicht unsere Worte. Wir sind nicht imstand, solche Worte zu denken und zu sagen. Sie wurden von Heili­gen geschrieben. Doch was die Heiligen geschrieben haben, das soll sich unsere Seele zu eigen machen, es empfinden und es leben. Mir gefallen auch jene anderen Verse desselben Gebets:

"Nichts entgeht Dir, o mein Gott,
mein Schöpfer und Erretter,
keine einzige Träne,
auch nicht das geringste Tröpfchen.
Als ich noch ungestaltet war,
da sahen mich schon Deine Augen,
und in Deinem Buche steh’n geschrieben,
meine Taten, die noch nicht begangen.
Siehe meine Armut,
sieh auch meine Mühsal!
und erlasse, o Gott aller,
mir die Sünden alle…"


Dieses Gebet wiederholte ich unablässig, mit Sehnsucht, um jenen
Gedanken zu entgehen. Sooft ich es wiederholte, erschien oben im Unendlichen der Stern, meine Tröstung. Er kam an allen jenen Tagen, da ich grosse Schmerzen litt. Und wenn er kam, sprang meine Seele vor Freude, und ich sagte bei mir: "Mein Stern ist gekommen!" Ich spür­te, wie er mich zog, damit ich zu ihm gehe, weg von der Erde. Ich emp­fand grosse Freude, wenn ich ihn sah. Ich wollte nicht an meine Sünden denken, wie ich euch sagte, denn jene hätten mich von jenem Mysterium entfernt. Nur einmal, nur einziges Mal hatte ich das Gefühl, der Stern sei leer, er funkelte nicht, er war nicht voll. Da begriff ich. Das kam vom Widersacher. Ich ignorierte ihn und wandte mich anders­wohin, ich sprach mit meiner Schwester über irgendwelche Arbeiten. Nach einer kurzen Weile sah ich ihn wieder hell strahlen, und die Freude kehrte noch intensiver zurück in mich.
Diese ganze Zeit über hatte ich entsetzliche Schmerzen am ganzen Leib. Die anderen sahen, dass ich im Sterben lag. Ich aber hatte mich der Liebe Gottes übergeben. Ich bat Ihn nicht, mich zu erlösen von den Schmerzen. Wonach ich mich sehnte, war, dass Er sich meiner erbar­me. Ich verliess mich auf Ihn und wartete darauf, dass Seine Gnade wirke. Den Tod fürchtete ich nicht. Ich würde ja zu Christus gehen. Wie ich euch sagte, wiederholte ich ununterbrochen das Gebet des heiligen Symeon des Neuen Theologen, doch nicht mit Eigennutz, nicht damit Gott mich gesund mache. Ich empfand jedes einzelne Wort des Gebets. Das Geheimnis in der Krankheit ist, zu kämpfen, damit du die Gnade Gottes erlangst

Krankheiten bringen uns grossen Nutzen, wenn wir sie ohne Murren
ertragen und Gott verherrlichen dafür und Sein Erbarmen suchen. Wenn wir erkranken, geht es nicht einfach darum, dass wir keine Medika­mente nehmen oder zum heiligen Nektarios beten. Wir müssen auch jenes andere Geheimnis wissen: wir müssen kämpfen, damit wir die Gnade Gottes erlangen. Das ist das Geheimnis. Alles weitere wird uns die Gnade lehren, das nämlich: wie wir uns ganz Christus überlassen. Wir ignorieren die Krankheit, wir denken nicht an sie, sondern wir den­ken an Christus, sachte, unmerklich, ohne Eigennutz, und Gott wird Sein Wunder vollbringen, so wie es heilsam ist für unsere Seele. Wie wir in der Göttlichen Liturgie sagen: Lasst uns… unser ganzes Leben Christus unserem Gott übergeben (4).
Doch wir müssen sie wollen, diese Nichtbeachtung der Krankheit. Wenn wir es nicht wollen, ist es schwer. Wir können nicht einfach sagen: "Ich ignoriere sie." Denn während wir meinen, wir ignorierten sie und mässen ihr keine Bedeutung bei, tun wir in Wirklichkeit das Gegenteil und haben sie ständig im Sinn, sodass wir in uns keine Ruhe finden können. Ich will es euch beweisen. Wir sagen: "Ich glaube, dass Gott mich heilen wird. Ich nehme keine Medikamente. Ich werde es so machen: Ich bleibe die ganze Nacht wach und bitte Gott in dieser Sache. Er wird mich erhören." Wir beten die ganze Nacht, wir bitten, flehen, ersuchen, rufen, nötigen Gott und alle Heiligen, uns gesund zu machen. Wir drängen sie Tag und Nacht. Wir rennen hierhin, dorthin. Zeigen wir mit alledem nicht, dass wir die Krankheit nicht ignorieren? Je mehr wir beharren und die Heiligen und Gott nötigen, uns zu heilen, desto mehr leben wir unsere Krankheit. Je mehr wir uns bemühen, sie loszuwerden, umso mehr erfahren wir sie. Aus diesem Grund geschieht nichts. Wir aber haben den Eindruck, dass unweigerlich ein Wunder geschehen wird. Doch in Wirklichkeit glauben wir es gar nicht, und so werden wir nicht gesund.
Wir beten, wir nehmen keine Medikamente, doch wir finden keine Ruhe, und das Wunder geschieht nicht. Du wirst sagen: "Aber ich nahm kein Medikament, wie ist es möglich, dass ich nicht glaube?" Und den­noch, zutiefst in uns hegen wir Zweifel und haben Angst und denken: "Ob es wohl geschehen wird?" Hier gilt das Schriftwort: Wenn ihr Glau­ben habt und nicht zweifelt, so werdet ihr nicht nur das tun, was mit dem Feigenbaum geschehen ist, sondern wenn ihr zu diesem Berg sagt: Heb dich hinweg und stürze dich ins Meer! So wird es geschehen (Mt 21, 21). Wenn der Glaube echt ist, dann wirkt er, ob du nun Medika­mente nimmst oder nicht. Auch durch die Ärzte und die Medikamente wirkt Gott. Die Weisheit Sirachs sagt: Ehre den Arzt mit den Ehren, die ihm geschuldet sind, denn der Herr hat ihn erschaffen… Gott hat aus der Erde Arzneien erschaffen, und der besonnene Mann wird sie nicht ver­schmähen. .. Auch dem Arzt gib seinen Platz, denn auch ihn hat der Herr erschaffen. Er sei nicht fern von dir, denn auch er ist nötig (Sir 38,1; 4; 12).
Das ganze Geheimnis ist der Glaube, zweifelsfreier, sanfter, einfa­cher und aufrichtiger Glaube. In Einfachheit und Aufrichtigkeit des Herzens (Weisheit Salomos 1,1). Es ist nicht eine Angelegenheit von "Willensmacht". Die "Willensmacht" mag ein Fakir anwenden. Was uns angeht, lasst uns den festen Glauben haben, dass Gott uns über alles liebt und will, dass wir Ihm angehören. Deshalb erlaubt Er, dass Krank­heiten uns heimsuchen, bis wir uns vertrauensvoll Ihm übergeben.
Lieben wir Christus, und alles wird sich ändern in unserem Leben. Lieben wir Ihn nicht in Erwartung einer Gegenleistung, zum Beispiel der Gesundheit, sondern lieben wir Ihn mit Sehnsucht, aus Dankbar­keit, ohne an irgendetwas anderes zu denken als an die göttliche Liebe. Noch auch sollen wir mit einer bestimmten Absicht beten und zu Gott sagen: "Mach jene Person gesund, damit sie zu Dir kommt." Es ist nicht recht, Gott Ratschläge zu geben, wie Er den Leuten helfen soll. Wie können wir zu Gott sagen: "Mach mich gesund?" Was können wir Demjenigen bekanntmachen, Der alles weiss?
Wir werden zwar beten, doch es kann sein, dass Gott uns nicht erhören will.

Jemand fragte mich kürzlich:
– Wann werde ich genesen?

– Ah, sagte ich zu ihm, wenn du sagst: Wann werde ich genesen? wirst du nie genesen. Es ist nicht recht, Gott in solchen Dingen zu bit­ten. Du bittest Gott angstvoll, dass er die Krankheit von dir nehmen möge, doch da umarmt sie dich noch mehr. Wir sollen nicht um solches bitten, noch auch sollst du beten dafür.

Er erschrak und sagte:

–   Was? Ich soll nicht beten?
–   Gott bewahre! antwortete ich ihm. Du wirst beten und sogar sehr ausgiebig, doch dafür, dass Gott dir deine Sünden vergibt und dir die Kraft schenkt, Ihn zu lieben und dich Ihm zu übergeben. Denn je mehr du betest, dass die Krankheit verschwinde, umso mehr wird sie dir anhaften und dich umarmen und dich drücken, sie wird sich nicht tren­nen wollen von dir. Doch natürlich, wenn du als Mensch eine innere Schwierigkeit und Schwäche empfindest, dann bitte den Herrn in aller Demut, die Krankheit von dir zu nehmen.

Überlassen wir uns vertrauensvoll der Liebe Gottes

Wenn wir uns Christus übergeben, findet unser geistiger Organis­mus Frieden, mit dem Ergebnis, dass alle Organe und Drüsen so funk­
tionieren, wie sie sollen. Alle werden positiv beeinflusst. Wir fühlen uns wohl, hören auf zu leiden. Und hätten wir selbst Krebs, wenn wir alles Gott überlassen und unsere Seele zur Ruhe kommt, kann es sein, dass die göttliche Gnade durch diese Ruhe wirkt, sodass der Krebs und alles andere verschwindet.
Wenn ihr es wissen wollt – auch Magengeschwüre werden durch nervliche Belastung verursacht. Wenn das sympathische System unter Druck gesetzt wird, verkrampft es sich und nimmt Schaden, und so bil­det sich das Geschwür. Einmal, zweimal, dreimal Zwänge, Kummer, Beklommenheit, und schon ist ein Magengeschwür da, ein gutartiges oder ein bösartiges, je nachdem. Wenn in der Seele Verwirrung herrscht, beeinflusst auch dies den Organismus, und die Gesundheit leidet.
Das Vollkommene ist, dass wir überhaupt nicht beten für unsere Gesundheit. Beten wir nicht, damit es uns gut geht, sondern damit wir gut werden. Ich selbst bete auf diese Weise für mich. Hört ihr, was ich sage? Nicht gut im Sinn von tugendhaft, sondern in dem Sinn, dass wir göttlichen Eifer erwerben, dass wir uns vertrauensvoll der Liebe Gottes überlassen und vielmehr für unsere Seele beten – unsere Seele verstan­den als der Kirche einverleibt, deren Haupt Christus ist – zusammen mit allen unseren Mitmenschen und mit allen Brüdern und Schwestern in Christus.
Ich öffne meine Arme und bete für alle. Vor dem Heiligen Kelch, bevor ich die Göttliche Kommunion empfange, öffne ich meine Seele, damit sie den Herrn aufnehme, und neige mein Haupt und bete für euch, für diesen, für jenen, für die ganze Kirche. Tut auch ihr dasselbe. Begreift ihr? Betet nicht für eure Gesundheit. Sagt nicht: "Herr, mach mich gesund." Nein! Sondern: "Herr Jesus Christus, erbarme Dich meiner", ohne Eigensucht, mit Liebe, ohne irgendetwas zu erwarten. "Herr, was immer Deine Liebe will…" In solcher Weise nur arbeitet von nun an, indem ihr Christus und eure Brüder und Schwestern liebt. Liebt Christus. Werdet Heilige. Werft euch in nichts anderes als in die Freundschaft mit Christus, in Seine Liebe, in den göttlichen Eros.
Geschieht es etwa nicht auch mir, der ich jenen Eifer empfinde, jene Anbetung, dass ich mich der Krankheit nicht unterwerfe, noch auch dem Krebs, selbst wenn ich spüre, dass mein Leib ganz zerrüttet ist? Ich sollte nicht sprechen, doch meine Liebe zu euch und zu aller Welt erlaubt mir nicht, zu schweigen. Während ich spreche, bleiben meine Lungen ohne Sauerstoff, und das ist sehr übel, weil das Herz in Mitleidenschaft gezogen wird. Ich habe etwas erlitten, das schlimmer ist als ein Infarkt… Doch ich lebe. Ist das etwa nicht ein Eingriff Gottes? Doch, und ich gehorche dem Willen Gottes in der Krankheit. Ich ertra­ge alles ohne Murren…, nur gegen mich murre ich, denn keiner ist rein von Makeln (vgl. Hiob 14,4). Ich bin schlimm dran, auch mein Geist ist krank.

Ich sage zu einem Eremiten, mit dem ich in Verbindung stehe:

–   Bete für mich. Ich liebe dich! Liebe auch du mich und hab Mit­leid mit mir und bete für mich, damit Gott sich meiner erbarmt.

–   Du bete, sagt er zu mir.
–   Ich fange jetzt an, erwidere ich, all dessen zu ermangeln, was ich soviele Jahre lang getan habe. Wie sagt es ein Troparion:
"Der Sinn ist verwundet, der Leib geschwächt, es krankt der Geist, das Ende steht vor der Tür, was wirst du tun, o unglückliche Seele, wenn der Richter kommt zur Prüfung deines Tuns?"
(5)
Dieser Vers gilt für mich, darin sehe ich mich. Ich sinne nach, wenn ich dies und jenes nicht getan hätte, würde ich jetzt nicht Schmerzen leiden, dann wäre ich näher bei Christus. Ich sage das über mich selbst, der ich unbesonnen bin.
Wenn ihr Gesundheit und ein langes Leben wollt, so hört, was der weise Salomo zu sagen hat: Der Anfang der Weisheit ist die Gottes­furcht, und der Rat der Heiligen ist Einsicht. Das Gesetz zu kennen andrerseits ist das Merkmal eines edlen Geistes. Auf diese Art wirst du lange leben, und Jahre des Lebens werden dir dazugegeben werden (Sprichwörter 9, 10-11, nach LXX). Hier liegt das Geheimnis – dass wir jene Weisheit, jenes Wissen erlangen, und dann wird alles gut funk­tionieren, alles wird in Ordnung kommen, und wir werden in Freude und Gesundheit leben.
_______________
(1) Der ehrwürdige Altvater litt an folgenden Krankheiten: Myocard-Infarkt des vorderen Diaphrag­mas mit lateraler Ischaemie, chronisches Nierenleiden, Geschwür im Zwölffingerdarm mit wie­derholter Perforation, operierter Katarakt mit Verlust der Linse und gänzlicher Erblindung, Gürtelrose im Gesicht, Staphylokokken-Dermatitis auf der Hand, Leistenbruch, oft eingeklemmt, chronische Bronchitis und Hypophysen-Krebs. Siehe Artikel von Dr. Georgios Papazachou (+ 2001) in der Zeitschrift Σύναξη Nr. 41, Jan-März 1992. (2) Dies geschah im Jahr 1983.
(3) Vorbereitung auf die Göttliche Kommunion, 7. Gebet.
(4) Grosse und Klein Litanie u.a.

(5) Triodion, Donnerstag der 5. Fastenwoche, Grosser Busskanon des hl. Andreas von Kreta, 9. Ode, 1. Vers.
(„Altvater Porphyrios von Kavsokalyvia -LEBEN UND LEHRE“ Hl. Kloster Chrysopigi, Chania, Kreta 2006)

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