Im
Jahre 295 n. Chr. wurde der heilige Chrysogonos1,
ein feuriger Prediger der Wahrheit Gottes, auf Geheiß des
verächtlichen Königs Diokletian enthauptet und erhielt den
Märtyrerkranz. Er war der gute Lehrermeister der heiligen Anastasia
Pharmakolytria2
und bekleidete zuletzt das Amt des Eparchen von Thessaloniki. Nahe
des Ortes seiner Hinrichtung, in der Nähe von Thessaloniki, lebten
zu jener Zeit auch drei selige Schwestern mit Namen Agapē,
Irēnē und Chionia. Ihr Lebenswandel unterschied sich von dem
anderer junger Frauen, sie waren wahre Schösslinge der Kirche von
Thessaloniki, die schon von Apostel Paulus in seinen Briefen
beschrieben und gelobt wurde. Sie glaubten an Jesus Christus als den
allmächtigen Gott und liebten Ihn aus ganzem Herzen. Deswegen
widmeten sie ihr Dasein dem Gebet und den christlichen Werken und
fanden sich oft mit anderen Christen zusammen. Das Lesen und
studieren der heiligen Schriften war für sie Freude und Genuss, wie
für andere junge Menschen die ausschweifenden Feste.
Doch
im Februar des Jahres 305, als Diokletian nun auch den Besitz und das
Lesen der christlichen Literatur gänzlich verbot, versteckten die
drei seligen Schwestern ihre Bücher in ihrem Haus. Um ihren Glauben
weiterhin ausleben zu können beschlossen sie daraufhin, sich zu
einen nahegelegenen Berg zu begeben. Es wird vermutet, dass es sich
wahrscheinlich um den Berg Chortiatis3
bei Thessaloniki handelt. An diesem Ort lebten sie in Eintracht,
asketisch und in Frieden. Die heilige Anastasia Pharmakolytria
besuchte sie und bestärkte sie mit ihrem geistlichen Rat und ihrem
Segen.
So
verging ein ganzes Jahr in ihrem kleinen Askētērion4,
in dem sie unentdeckt blieben und dem Herrn dienten. Der Offizier
Kassandros spürte sie auf und führte sie zu seinem Herrn, den
Regenten Makedoniens Doulkitios, der als Richter über sie
entscheiden sollte. An diesem Tag standen auch vier weitere
glückselige, junge Märtyrer vor demselben Gericht, Agathon, Kasia,
Philippa und Eutychia. Kassandros brachte die Anklage vor, dass diese
Menschen sich weigerten, von den Götzengaben zu essen.
Der
Heldenmut und die Standhaftigkeit der Märtyrer war bemerkenswert.
Sie trotzten dem Tod für die Liebe Christi, während der Heilige
Geist sie erläuterte, so dass ihre Erwiderungen und ihr Mut den
Richter und das Publikum in Erstaunen versetzten. Doulkitios richtete
das Wort an sie und fragte sie erbost:
„Was für ein Irrsinn hat über euch Besitz ergriffen, dass ihr den
Geboten unserer Kaiser nicht gehorcht, die den Göttern höchst
gefällig sind? Weshalb wehrt ihr euch, von den Göttergaben zu
essen?“
Als
Erster antwortete Agathon lakonisch: „Ich
bin ein Christ.“ Agapē
fuhr furchtlos fort:
„Ich glaube an den lebendigen Gott und werde mein Gewissen
keinesfalls der Verdammnis preisgeben“.
Dann erhoben auch Irēnē und Chionia ihre Stimme:
„Wir werden uns deinen Befehlen niemals beugen. Für die Liebe
Christi werden wir unseren Glauben bewahren. Wir glauben nur an den
einen, lebendigen Gott.“
Der
Eparch fühlte sich gedemütigt, weil er den Widerstand der jungen
Christen nicht zu brechen vermochte. Sofort sprach er:
„Ich gebiete, dass Agapē und Chionia, ihres Frevels gegenüber den
göttlichen Verordnungen wegen und auch wegen ihres Glaubens an die
unwürdige und verhasste christliche Religion, des Feuertodes sterben
sollen. Die übrigen werft vorerst in den Kerker“.
Agapē und Chionia, die zwei älteren Schwestern, wurden lebendig ins
Feuer geworfen und verdienten sich als Erste den ruhmreichen
Siegeskranz des Martyriums.
Am nächsten Tage wurde das Haus
der heiligen Schwestern durchsucht, das sie vor einem Jahr verlassen
hatten. Dort entdeckte man zahlreiche christliche Schriften, man
könnte fast sagen, so etwas wie eine ganze christliche Bibliothek.
Irēnē wurde erneut vor den gnadenlosen Richter geführt.
-„Wer
hat dich dazu angestiftet, diese verbotenen Schriften in deinem Hause
aufzubewahren?“, fragte
er.
-„Gott
der Allherrscher, Der uns gebot, Ihn bis zu unserem Tode zu lieben“,
erwiderte sie beflügelt.
-„Wer
wusste um die Tatsache, dass du diese Schriften besaßt?“
-„Kein
anderer außer dem allsehenden Gott“.
-„Wovon
habt ihr im letzten Jahr gelebt, als ihr allein auf dem Berg lebtet?
Wer hat euch geholfen?“
-„Gott
gab uns die notwendige Nahrung, so, wie Er sie allen Menschen
schenkt“.
Diese und noch viele andere
Fragen stellte er der Glückseligen, denn er rechnete fest damit,
dass eine so junge Frau wie Irēnē aus Furcht vor Drangsal und Tod
ihm die übrigen Christen aushändigen würde. Wie sehr er sich doch
irrte! Nur ein erläuterter Geist, der Gott wahrhaftig liebt, wie
diese Jungfrau, kann dem Tod trotzen und den Gottlosen auf diese
Weise entgegentreten. Doulkitios gab den Wächtern zornig den Befehl,
sofort alle aufgespürten christlichen Schriften zu verbrennen und
Irēnē in ein Dirnenhaus zu sperren, um sie auf diese Weise zu
schänden und zu demütigen. Doch auch zu dieser furchtbaren Stunde
bestärkte sie Gott der Allherrscher mit seiner göttlicher Gnade und
bewahrte sie mit Seiner unsichtbaren Abwesenheit vor diesem großen
Übel. Die göttliche Gnade, welche die heilige Jungfrau ausstrahlte,
lähmte das Verlangen der Freier, so dass keiner von ihnen es wagte,
sie anzufassen. Als der Richter jedoch davon erfuhr, verlor er die
Fassung und befahl, sie ebenfalls dem Tod auszuliefern. Irēnē
sprach friedlich und selig Gott ihre Dankbarkeit aus und übergab
ihre reine Seele ihrem himmlischen Bräutigam. Einige Quellen
sprechen von Feuertod, andere von Tod durch einen Pfeil.
Die heiligen Gebeine der drei
heiligen Schwestern wurden von Christen aus Thessaloniki nach ihrem
Martyrium heimlich aufgelesen und westlich der Stadt nahe der
Stadtmauer beigesetzt. Später wurde an dieser Stelle der
Überlieferung nach eine Kirche zu ihren Ehren errichtet. Die heilige
Orthodoxe Kirche feiert ihr Gedenken am 16/ 29 April, wie auch der
heiligen Agathon, Philippa, Eutychia, Kasia, der Bekenner, denen der
Richter aufgrund ihres überaus jungen Alters zwar nicht das
Todesurteil auferlegte. Sie verblieben im Kerker, wo sie für die
Liebe Christi viel Leid erduldeten. Es ist unbekannt, ob diese
Heiligen nach ihrer Volljährlichkeit hingerichtet oder später
freigelassen wurden. In jedem Fall werden sie als Bekenner des
Glaubens geehrt. Mögen ihre Fürbitten uns begleiten!
1Der
heilige Chrysogonos, gr. Χρυσόγονος,
wird am 22 Dezember/ 4 Januar geehrt
2Die
heilige Anastasia Pharmakolytria, gr. Αναστασία
Φαρμακολύτρια, wird ebenfalls
am 22 Dezember/ 4 Januar geehrt
3gr.
Χορτιάτης
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