Montag, 13. Januar 2014

Zur Unsterblichkeit Verurteilte- hl. Justin von Celije

Der heilige Golgotha- Auferstehungskirche /Jerusalem

Die Menschen verurteilten Gott zum Tode; durch Seine Auferstehung verurteilte Er sie zur Unsterblichkeit. Die Schläge vergalt Er ihnen mit Umarmung, die Beleidigungen mit Segnungen, den Tod mit Unsterblichkeit. Niemals bezeugten die Menschen solch einen Haß für Gott wie damals, als sie Ihn kreuzigten; und niemals erwies Gott eine größere Liebe für die Menschen wie damals, als Er auferstand. Die Menschen wollten sogar Gott sterblich machen, aber Gott machte die Menschen durch seine Auferstehung unsterblich. Es auferstand der gekreuzigte Gott und machte dem Tod den Garaus. Es gibt keinen Tod mehr. Die Unsterblichkeit umfing den Menschen und alle seine Welten. 

Die menschliche Natur wurde durch die Auferstehung des Gottmenschen ein für allemal auf dem Weg der Unsterblichkeit hingerissen und wurde ein Schrecken für den Tod selber. Denn bis zur Auferstehung Christi war der Tod fürchterlich für den Menschen, aber nach der Auferstehung Christi wurde der Mensch fürchterlich für den Tod. Wenn der Mensch im Glauben an den auferstandenen Gottmenschen lebt, dann steht er über dem Tod, er ist unerreichbar für ihn, er ist der Schemel seiner Füße: Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg? Und wenn der Mensch Christi stirbt, dann hinterläßt er nur seinen Körper als ein Kleid, in das er sich erneut am Tag des Jüngsten Gerichtes kleiden wird. 
Bis zur Auferstehung des Gottmenschen war der Tod die zweite Natur des Menschen; das Leben war die erste, der Tod, die zweite. Der Mensch ist an den Tod als an irgend etwas ganz Natürliches gewohnt. Aber durch Seine Auferstehung gestaltete der Herr alles um: Die Unsterblichkeit wurde die zweite Natur des Menschen, sie wurde zum natürlichen Zustand des Menschen, der Tod jedoch das Unnatürliche. So wie es bis zur Auferstehung Christi für die Menschen ganz natürlich war, sterblich zu sein, so wurde es nach der Auferstehung Christi für die Menschen natürlich, unsterblich zu sein. 
Durch die Sünde wurde der Mensch sterblich und vergänglich; durch die Auferstehung des Gottmenschen ist er unsterblich und ewig geworden. Darin liegt die Kraft, darin liegt die Macht, darin liegt die Allmacht der Auferstehung Christi. Ohne sie gäbe es kein Christentum. Unter allen Wundern ist dies das größte Wunder. Alle übrigen Wunder ergeben sich aus ihm und lassen sich auf es zurückführen. Aus ihm erwachsen der Glaube, die Liebe, die Hoffnung, das Gebet, die Gottesliebe. Schaut, die Jünger, diese Ausreißer, die von Jesus wegliefen, als jener starb, kehrten zu Ihm zurück, als Er auferstand. Schaut, der Hauptmann bekannte Christus als Sohn Gottes, als er die Auferstehung aus dem Grabe sah. Schaut, die ersten Gläubigen wurden Christen, weil der Herr Jesus auferstand, weil Er den Tod besiegte. Das ist es, was kein anderer Glaube hat; das ist es, was den Herrn Christus über alle Götter und Menschen erhebt; das ist es, was unbestreitbar zeigt und beweist, daß Jesus Christus der einzige wahre Gott und Herr in allen Welten ist. 

Um der Auferstehung Christi willen, um Seines Sieges über den Tod willen wurden die Menschen zu Christen, werden sie heute Christen und werden fortan zu Christen. Die ganze Geschichte des Christentums ist nichts anderes, als die Geschichte eines einzigen Wunders, nämlich des Wunders der Auferstehung Christi, welches sich ununterbrochen in allen christlichen Herzen von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr, von Jahrhundert zu Jahrhundert bis zum Jüngsten Gericht fortsetzt.
Der Mensch wird nicht dann geboren, wenn die Mutter ihn ans Licht der Welt bringt, sondern dann, wenn er an den auferstandenen Christus glaubt, denn dann wird er fürs ewige Leben geboren, während seine Mutter das Kind für den Tod, für das Grab gebiert. Die Auferstehung Christi ist die Mutter unserer aller, aller Christen, die Mutter der Unsterblichen. Durch den Glauben an die Auferstehung wird der Mensch von neuem geboren, wird er zur Ewigkeit geboren. Das ist unmöglich, wirft der Skeptiker ein. Aber so höre doch, was der auferstandene Gottmensch spricht: Alles ist für den Glaubenden möglich! Es glaubt jedoch derjenige, der aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, aus seinem ganzen Gemüt nach dem Evangelium des auferstandenen Herrn Jesu lebt. 
Der Glaube ist unser Sieg, durch welchen wir den Tod besiegen – der Glaube an den auferstandenen Herrn Jesus. Tod wo ist dein Stachel? Und der Stachel des Todes ist die Sünde. Der Herr “stumpfte den Stachel des Todes ab”. Der Tod ist eine Schlange, und die Sünde ist ihr Giftzahn. Durch die Sünde läßt der Tod Gift in die Seele und den Körper des Menschen fließen. Je mehr Sünden der Mensch hat, um so mehr Stacheln sind in ihm, durch welche der Tod sein Gift in ihn spritzt.
Wenn die Wespe den Menschen sticht, dann versucht er mit allen Kräften den Stachel herauszuziehen. Aber wenn ihn die Sünde sticht, dieser Stachel des Todes, was ist dann zu tun? Man sollte in Glauben und Gebet den auferstandenen Herrn Jesu herbeirufen, damit Er aus der Seele den Stachel des Todes ausreiße, und Er wird gütig dies vollbringen, denn er fließt über vor Erbarmen und Liebe. Wenn viele Wespen über den Menschen herfallen und ihre Stacheln in seinen Körper bohren, dann wird dieser vergiftet und stirbt; eben das passiert auch mit der menschlichen Seele, wenn eine Menge von Sünden sie mit ihren Stacheln durchdringt – sie wird vergiftet und stirbt des Todes ohne Auferstehung.
Indem der Mensch die Sünde in sich durch Christus niederwirft, erringt er den Sieg über den Tod. Hast du einen Tag deines Lebens verbracht, ohne eine Sünde in dir zu besiegen, so wisse, du bist sterblich geworden. Besiegst du eine, zwei, drei Sünden in dir, siehe: Du bist jünger an jener Jugend geworden, die nicht altert, du bist jünger an Unsterblichkeit und Ewigkeit geworden. Vergiß nie: An den auferstandenen Herrn Christus glauben, bedeutet, einen ununterbrochenen Kampf mit den Sünden, dem Bösen, dem Tod zu führen.


Wenn der Mensch mit den Sünden und Leidenschaften kämpft, dann beweist dies, daß er wahrhaftig an den auferstandenen Herrn glaubt; wenn er gegen sie ankämpft, kämpft er um das ewige Leben. Wenn er nicht kämpft, ist sein Glaube vergebens. Wenn der Glaube des Menschen nicht ein Kampf um die Unsterblichkeit und Ewigkeit ist, dann sage mir, worin besteht er? Wenn wir durch den Glauben an Christus keine Auferstehung und kein ewiges Leben erlangen, was nützt er uns dann? Wenn Christus nicht auferstand, bedeutet dies, daß die Sünde nicht besiegt, der Tod nicht besiegt ist. Aber wenn weder die Sünde noch der Tod besiegt sind, warum dann an Christus glauben? Der, welcher im Glauben an den auferstandenen Herrn mit einer jeden seiner Sünden kämpft, stärkt unaufhörlich das Gefühl in sich, das der Herr wahrhaftig auferstand, wahrhaftig den Stachel der Sünde abstumpfte, wahrhaftig den Tod auf allen Schlachtfeldern besiegte.
Die Sünde schmälert unaufhörlich die Seele im Menschen, jagt sie in den Tod, verkehrt sie aus einer unsterblichen in eine sterbliche, aus einer unvergänglichen in eine vergängliche. Je mehr Sünden, desto sterblicher der Mensch. Wenn der Mensch sich nicht als unsterblich empfindet, dann wisse – er ist in Sünden, in engherzigen Gedanken, in schlaffen Gefühlen gefangen. Das Christentum ist ein Aufruf, mit dem Tode bis zum letzten Atemzug, bis zum endgültigen Sieg über ihn zu kämpfen. Jede Sünde ist eine Abtrünnigkeit, jede Leidenschaft eine Flucht, jedes Laster eine Niederlage.

Man braucht sich nicht zu wundern, daß auch der Christ des Leibes stirbt. Das ist deshalb, weil das Sterben des Körpers zugleich ein Säen ist. Es wird der unsterbliche Körper gesät, spricht der Apostel Paulus, er wächst heran und wird zum unsterblichen Leib erwachen. Der Körper zerfällt wie ein ausgesäter Same, damit der Heilige Geist ihn belebe und vervollkommne. Wenn der Herr Christus nicht im Leibe auferstanden wäre, welche Bedeutung hätte dieser Leib an Ihm dann? Er hättte nicht den ganzen Menschen errettet. Wenn der Leib nicht auferstanden wäre, wozu hätte Er sich dann verkörpert, warum sollte Er einen Körper auf sich genommen haben, wenn er ihm nichts von Seiner Göttlichkeit zugeteilt hätte?
Wenn Christus nicht auferstanden wäre, warum dann an Ihn glauben? Ehrlich gesagt, ich würde niemals an Christus glauben, wenn Er nicht auferstanden wäre und dadurch nicht den Tod besiegt hätte. Er besiegte unseren größten Feind und schenkte uns dadurch Unsterblichkeit. Ohne dies wäre unsere Welt eine lärmende Zurschaustellung eines abscheulichen Nonsens. Einzig durch Seine glorreiche Auferstehung befreite uns der wunderbare Herr von dieser Sinnlosigkeit und dieser Verzweiflung, denn weder im Himmel noch unter dem Himmel gibt es eine größere Ungereimtheit als diese Welt ohne Auferstehung, und es gibt keine größere Verzweiflung als dieses Leben ohne Unsterblichkeit. Und in keiner Welt gibt es unglücklichere Wesen als die Menschen, die nicht an die Auferstehung der Toten glauben. Besser wäre es für solche Leute, niemals geboren worden zu sein.
In unserer Menschenwelt ist der Tod die größte Qual und das Entsetzlichste was es gibt. Die Befreiung von diesem Leid und Grauen ist die Rettung. Solche Erlösung schenkte dem Menschengeschlecht alleine der Besieger des Todes – der auferstandene Gottmensch. Er vertraute uns das ganze Geheimnis der Erlösung durch Seine Auferstehung an. Errettet werden heißt – seinem Leib und seiner Seele die Unsterblichkeit und das ewige Leben gesichert zu wissen. Wie kann man das erreichen? Durch nichts anderes als durch das gottmenschliche Leben, das neue Leben, das Leben in dem auferstandenen Herrn und um des auferstandenen Herrn willen.

Für uns Christen ist unser Leben auf Erden eine Schule, in der wir lernen, wie wir uns der Auferstehung und des ewigen Lebens vergewissern können. Denn welchen Nutzen brächte uns dieses Leben, wenn wir nicht das ewige Leben durch es erwerben könnten. Aber um mit dem Herrn Christus aufzuerstehen, muß der Mensch zuerst mit Ihm leiden und Sein Leben als das eigene durchleben. Wenn er dies tut, dann kann er zu Ostern zusammen mit Gregor dem Theologen ausrufen: “Gestern wurde ich mit Ihm gekreuzigt, heute lebe ich mit Ihm; gestern wurde ich mit Ihm begraben, heute auferstehe ich mit Ihm”.
Die vier Evangelien Christi lassen sich auf wenige Worte reduzieren, und diese sind: Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! In jedem Wort nach dem Evangelium und in den vier Evangelien ist der ganze Sinn aller Welten Gottes, der sichtbaren und der unsichtbaren enthalten. Und wenn alle menschlichen Gefühle und alle Gedanken in den Donner des Osterngrußes zusammenfließen: Christus ist auferstanden! – dann ergreift der Jubel der Unsterblichkeit alle Wesen und frohlockend erschallt die Antwort: Er ist wahrhaftig auferstanden!

Aus dem Buch “Filozofske Urvine” (“Philosophische Abgründe”),
 München 1957, S. 124-127

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