Samstag, 18. Januar 2014

Der Gottmensch Jesus Christus


Wenn also die Gottesgelehrten, die hiervon handeln, behaupten, daß er aß, trank, geboren ward, so wisse, daß zwar der Leib als Leib geboren und mit den entsprechenden Speisen genährt wurde, daß aber Gott der Logos selbst, der mit dem Leibe zusammen war, dadurch, daß er alles anordnete und durch die Werke, die er im Leibe vollbrachte, sich nicht als Mensch, sondern als GottLogos offenbarte. Wohl sagt man diese Zuständlichkeit von ihm aus, weil eben auch der Leib, der aß, geboren ward und litt, nicht einem anderen, sondern dem Herrn gehörte, und weil man nach seiner Menschwerdung dieses von ihm wie von einem Menschen mit Fug und Recht sagte, damit er in Wirklichkeit und nicht in der Einbildung mit einem Leibe erscheine. Doch wie man hieraus auf seine leibliche Gegenwart schloß, so gab er sich durch die Werke, die er durch seinen Leib vollbrachte, als Gottes Sohn zu erkennen. Deshalb rief er auch den ungläubigen Juden die Worte zu: "Wenn ich nicht die Werke meines Vaters tue, so glaubt mir nicht! Tue ich sie aber, so glaubt, wenn ihr mir auch nicht glauben wollt, meinen Werken, damit ihr erkennet und wisset, daß der Vater in mir ist und ich in dem Vater". 
Denn wie er, an sich unsichtbar, aus den Werken der Schöpfung erkannt wird, so sollte, nachdem er Mensch geworden und in einem Leibe verborgen ist, aus den Werken erkannt werden, daß es nicht ein Mensch, sondern Gottes Kraft und Logos ist, der dies vollbringt. Denn wenn er Teufeln gebietet und sie austreibt, so ist das kein menschliches, sondern ein göttliches Werk. Und wenn man ihn Krankheiten heilen sieht, an denen das Menschengeschlecht leidet, wer möchte ihn da noch für einen Menschen und nicht für Gott halten? Denn er heilte Aussätzige, machte Lahme gehen, öffnete Tauben das Gehör, machte Blinde sehen und verscheuchte einfach alle Krankheiten und Gebrechen von den Menschen, woraus ein jeder seine Gottheit erkennen konnte. Wer würde denn angesichts der Tatsache, daß er die Mängel der Geburt ersetzt und die Augen eines Blindgeborenen öffnet, nicht auf den Gedanken kommen, daß die Geburt der Menschen seiner Macht untersteht und daß er ihr Begründer und Schöpfer ist? Wer nämlich etwas verleiht, was der Mensch von Geburt auf nicht besaß, der muß doch offenbar auch über die Geburt der Menschen Herr sein. 

Deshalb bildete er sich auch, wie er im Anfang zu uns herabkam, seinen Leib aus einer Jungfrau, um allen einen nicht unwesentlichen Beweis seiner Gottheit zu geben, insofern der, welcher diesen geschaffen, auch der Schöpfer der übrigen (Leiber) ist. Wer müßte denn angesichts der Tatsache, daß ein Leib ohne Beteiligung eines Mannes aus einer Jungfrau allein hervorgeht, sich nicht sagen, daß der, welcher in diesem Leibe erscheint, auch Schöpfer und Herr der übrigen Leiber ist?
Oder wenn einer auch die Substanz des Wassers verändert und in Wein verwandelt sieht, sollte der nicht einsehen, daß der, welcher das zuwege brachte, der Herr und Schöpfer der Substanz aller Wasser ist? Deshalb betrat er auch wie ein Herr das Meer und wandelte darauf wie auf festem Lande und gab damit den Augenzeugen einen Beweis seiner Herrschaft über alles.
Ja, nicht einmal die Schöpfung durfte schweigen, sondern wunderbar ereignete sich gerade bei seinem Tode oder vielmehr in der Siegestrophäe über den Tod, nämlich im Kreuze, daß die ganze Schöpfung den, der im Leibe sichtbar war und litt, nicht einfach als Menschen, sondern als Gottes Sohn und Heiland aller bekannte. Als nämlich die Sonne sich wegwandte, die Erde bebte, die Felsen sich spalteten, da erschraken alle. Diese Vorgänge bezeugten aber Christum am Kreuze als Gott und die ganze Schöpfung als ihm Untertan und als die fürchtende Zeugin für die Gegenwart des Herrn. So also hat Gott der Logos durch seine Werke den Menschen sich geoffenbart. Es dürfte sich aber empfehlen, auch über das Ende seines Wirkens und Wandels im Leibe zu berichten und anzugeben, welcher Art sein leiblicher Tod gewesen, zumal es sich hierbei um den Hauptpunkt unseres Glaubens handelt und alle Welt davon spricht. So mögest du dann einsehen, daß auch hieraus wenigstens ebensogut Christus als Gott und Gottes Sohn erkannt wird.

Heiliger Athanasius der Große
Auszug aus dem Werk "Über die Menschwerdung des Logos" (BKV)

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