Samstag, 5. April 2014

Die heilige Theodora von Thessaloniki



Die Heimat der heiligen Theodora, deren Name übersetzt „Gottesgeschenk“ bedeutet, war die Insel Ägina. Ihr Vater war ein Kleriker von großer Tugend. Sein Name war Antonios. Ihre Mutter trug den Namen Chrysanthi. Auch sie war eine gläubige orthodoxe Christin und voll guten Willens. Sie lebte nur noch wenige Jahre nach der Geburt ihres letzten von drei Kindern, ihrer geliebten Tochter Theodora. Dann entschlief sie friedlich, und Antonios wurde Mönch, denn das war schon längst sein heimlicher Wunsch gewesen.
Theodora blieb Halbwaise und allein. Deswegen wurde sie von ihrer Taufpatin großgezogen, die ebenfalls sehr gottesgläubig war und sie nach den Geboten des Herrn mit großer Sorgfalt erzog. Sie sprach zu ihr oft mit Worten, die der Seele von Nutzen sind und führte sie in die Heiligen Schriften und das Beten ein. Die Schönheit, Weisheit und Tugend der jungen Tochter war bemerkenswert. Bereits im Alter von sieben Jahren besaß sie Selbstdisziplin, Gehorsam und Bescheidenheit, aber auch Wissen um die göttlichen Dinge, dass eigentlich nur den besonnenen Erwachsenen eigen war. Viele Familien hielten bei ihrer Familie um ihre Hand an, wie es damals üblich war. Die Mädchen wurden meist in jungen Jahren versprochen und die Eltern des zukünftigen Brautpaares unterschrieben ein Abkommen, welches die Ehe und die Höhe und Art der Mitgift regelte. So geschah es auch mit Theodora. Ihr Vater, der um ihre Zukunft besorgt war, versprach sie dem edelsten und verheißungsvollsten Burschen der Insel.

Flucht nach Thessaloniki

Zu dieser Zeit suchten die Insel oftmals türkische Seeräuber heim, die viele Bewohner während ihrer Streifzüge gefangen nahmen oder ermordeten. Unter ihren Opfern war auch einer der Brüder der heiligen, der als Diakon diente. Sie hatte noch eine ältere Schwester, die bereits in sehr frühen Jahren zur Nonne wurde, und deren Name Agapi war. Aus Angst vor den Seeräubern, die ihnen bereits großen Schaden zugefügt hatten, entschied der Verlobte von Theodora, dass sie Ägina verlassen mussten. Sie zogen nach Thessaloniki. Antonios zog sich indes an einen einsamen Ort zurück, wo er asketisch lebte und gottgefällig sein Ende entgegennahm.

Eheschließung und Kindersegen

In Thessaloniki hausten sie an einem friedvollen und sicheren Ort, der ihnen sehr gefiel, wie Geschwister. Als Theodora das heiratsfähige Alter erreichte, schlossen sie den heiligen Bund der Ehe miteinander. Bald darauf erhielten sie den Kindersegen, indem Theodora erst eine Tochter, später noch zwei weitere Kinder auf die Welt brachte. Doch die zwei letzten verstarben als sie noch sehr klein waren. Dieser Tod ihrer Kinder tauchte den Ehegatten in tiefe Trauer. Doch Theodora tröstete ihn und riet ihm, nicht übermäßig betrübt zu sein, sondern stattdessen ein Seelen nützliches Werk zu vollbringen. Sie sprach zu ihm: „Ich bitte dich hiermit darum, mein geliebter Gemahl, dass du mir einen Gefallen tust. Du weißt, dass die Gläubigen seit Menschengedenken Gott dem Herrn Opfer darbringen, um Seinen Beistand zu erhalten. Lass uns unsere Tochter Gott widmen, so dass sie für uns beten kann, und Gott uns dieses guten Vorsatzes wegen noch weitere Kinder und das Himmlische Königreich schenkt“. Ihr Ehemann war einverstanden mit diesem guten Gedanken und sagte zu ihr: „Das ist ein guter Gedanke, lass es uns so tun, wie Gott dich erleuchtet hat“.
Sie brachten ihre Tochter, die damals sechs Jahre alt war, zu einem Kloster, welches dem heiligen Lukas gewidmet war. Die Äbtissin des Klosters hieß Ekaterini. Sie war die Schwester des Bekenners und heiligen Erzbischofs Antonios von Thessaloniki1 und stammte ebenfalls wie sie aus Ägina. Die Äbtissin nahm sich dem Mädchen mit Liebe an und bete eifrig für sie. Später wurde sie zur Nonne geschoren und erhielt den Namen Theopisti, der übersetzt „Gottesglauben oder Gottestreue“ bedeutet. Die Eltern priesen den Herrn und dankten Ihm dafür, dass ihre Tochter die Ehre zuteil geworden war, sich unter den seligen Nonnen zählen zu dürfen.
Verlassen der Welt

Doch sie bekamen keine weiteren Kinder, denn der Ehemann entschlief bald. Theodora blieb aus göttlicher Vorsehung in jungen Jahren Witwe und frei von allen irdischen Bindungen, um nunmehr selbst dem Weg der vollkommenen Hingabe zu beschreiten, wie sie es sich seit ihrer Jugend begehrt hatte.
Nachdem sie das Totengedenken nach drei und neun Tagen in der Kirche vollzogen hatte, wie es die Paradosis zur Hilfe für die verstorbenen Seelen vorgibt, verließ sie alles Weltliche, den Reichtum und die Vergnügungen. Sie war damals fünfundzwanzig Jahre alt. Alle ihre Habseligkeiten und das vermögen verteilte sie an die Notleidenden und behielt nur hundert Goldmünzen, um diese später für einen anderen Zweck zu verwenden. Für die Leibe Gottes verachtete sie nunmehr alles Irdische. Sie ging in ein Kloster, in dem eine ihrer Anverwandten namens Anna als Äbtissin diente. Doch die ehrwürdige Anna hegte zweifel wegen ihres jungen, noch heiratsfähigen Alters. Da fiel ihr Theodora zu Füßen und flehte: „Habe erbarmen mit mir, meine Herrin, nehme auch mich auf, mich Unwürdige und Unsittliche“. Die weise Äbtissin, die in der Vergangenheit viel Leid erfahren hatte und von den Ikonoklasten übelst verfolgt worden war, gab ihr zur Antwort: „Ich nehme dich als meine Anverwandte im Kloster auf, doch du wirst nicht sofort zur Nonne geschert werden, damit dich nicht der niederträchtige Teufel in Versuchung führt, wenn die Trauer um dein Verwitwen geschwächt wird und du erkennst, dass du noch sehr jung bist“. Dann sprach Theodora, die sie wie dürstendes Reh in ihre Augen sah, zu ihr: „Ich bitte dich im Namen Christi, meines geliebten Bräutigams, dass du dich meiner annimmst und mich heute noch zur Nonne scherst, denn sonst wirst du furchtbare Erklärungen ablegen müssen am Tage des Jüngsten Gerichts“.
Anna erkannte das große Begehren und die innige Liebe der jungen Frau für Jesus Christus und konnte ihr deswegen kein Hindernis mehr sein. Nachdem sie sie über die Pflichten und Aufgaben des Lebenswandels der Nonnen aufgeklärt hatte, ermunterte sie sie zu hohen geistlichen Wettkämpfen mit den Worten: „Siehe, mein Kind, und überlege dir gut, Wem du dich anschließt, so dass du dich später nicht wieder dem Vergänglichen der Welt zuwendest, und nicht die fleischlichen Gelüste oder andere trügerischen Dinge deinem Gott vorziehst, weil du andernfalls deine Seele einen schweren Sünde übergeben würdest. Wen du jedoch die Reinheit des S'chima hütest, wirst du in deiner Seele Freude erfahren, weil dich großer Lohn im Paradies erwartet“. Dies und noch vieles mehr sprach sie fürsorglich zu ihr und legte daraufhin die Schere auf das heilige Evangelium, das der Priester aufnahm und ihr das Haar abschnitt. Sie behielt jedoch den Namen Theodora.

Die Belehrungen der Äbtissin Anna, Leben in Askese

Die Äbtissin bestärkte sie anfangs täglich im Glauben und mahnte sie zu äußerster Wachsamkeit, weil Theodora sehr schön war und sie Angst davor hatte, dass der Teufel sie in Versuchungen führte und mit Hinterlist in seine Fallen tappen lassen würde. Doch Theodora entwickelte sich prächtig, folgte dem strengen Fastenprogramm ohne Mühe. Manchmal blieb sie eine ganze Woche ohne Nahrung, selbst ohne Wasser. Die Äbtissin liebte sie sehr wegen ihrer vorbildlichen Demut und den Eifer, den sie in der Erfüllung ihrer Aufgaben aufzeigte. Mit großer Genauigkeit legte sie vor ihrem geistlichen Vater die heilige Beichte ab, und ließ nicht den kleinsten falschen Gedanken ungebeichtet.
Wenn der Dämon sie mit unreinen Gedanken bekriegte, zerstreute sie diese mit dem Gebet und der Beichte. Vor ihren geistlichen Augen hatte sie immer die Strafe der ewigen Hölle. Sie demütigte sich inerlich und äußerlich, nannte sich selbst vor der ganzen Schwesternschaft unnütze Dienerin, verrichtete ohne Klage auch die niedrigsten Arbeiten des Klosters. Sie bereitete den Brotteig vor, beförderte Wasser, Holz und Nahrungsmittel auf ihren zarten Schultern, nicht nur innerhalb der Klostermauern, aber auch auf dem Markt, wenn es notwendig war. Die abfälligen Bemerkungen und Blicke der Menschen störten sie nicht, sondern halfen ihr vielmehr, sich noch mehr zu demütigen und die Leiter der Tugend noch schneller hinaufzusteigen. Wenn sie auf dem Markt auf jemanden traf, den sie von früher und der sie an ihre Herkunft und ihren edlen Stand erinnerte, dann tat sie so, als wenn sie taub und stumm war. Auf diese Weise ächtete sie den menschlichen Ruhm und tötete das Verlangen des Fleisches.
Außerdem gehörte die Pflege des Kirchenraumes zu ihren Aufgaben. Um diese kümmerte sie sich zu jeder freien Stunde, Tag wie Nacht. Und alle Gebote des Herrn bewahrte sie mit großer Sorgfalt, wie der fruchtbare Baum, der dem gerechten David gemäß neben die Wasserquellen gepflanzt worden war.

Die Schwäche für ihre Tochter

Der neidvolle Teufel sah den Fortschritt ihrer Seele und stellte ihr jeden Tag zahlreiche Fallen, um ihre Bereitwilligkeit zu schmälern. Weil er sie jedoch auf diese Art nicht beeinflussen konnte, ermunterte er sie ständig mit Gedanken dazu, sich um ihre Tochter Theopisti zu kümmern. Denn auch Theopisti war nach der Entschlafung der Äbtissin Ekaterini zum Kloster gekommen, in dem ihre Mutter lebte. Theodora nahm sie zu sich in ihre Zelle und sorgte sich auch als Mutter um sie. Und obwohl Theodora niemals komfortabel leben wollte, sondern sich jeder Mühe hingab, fing sie an, wegen ihrer Tochter betrübt zu sein. Dies war ein Werk des Menschenfeindes. Zu der Äbtissin sagte sie eines Tages: „Ich kann es nicht ertragen, meine Herrin, wenn ich sehe, dass meine Tochter sich mit alten, zerschlissenen Gewändern bedeckt und nur sehr wenig Nahrung zu sich nimmt. Schicke sie bitte in ein anderes Kloster, damit ich sie nicht weiterhin sehen muss und bei ihrem Anblick solch Schmerzen empfinde, denn ich bin ihre Mutter und ich liebe sie als mein Kind, wie es nur natürlich ist“.
Die selige Anna erkannte aus ihrer Erfahrung heraus, dass es sich um eine Falle des Bösen handelte und sprach zu ihr: „Unser Gebieter gab uns das Gebot, uns nicht um die Kleidung und die Nahrung zu sorgen, nach denen die Heiden verlangen, sondern für Ihn arbeiten und Ihn lieben mit ganzer Seele und ganzem Herzen. Wir sollen das Gewand der Tugend tragen, für das wir uns nicht zu schämen brauchen, Seine göttlichen Gebote einhalten und uns nicht unnötig um unsere Körper kümmern. Aus diesem Grunde haben wir das S'chima der Nonnen angelegt. Wenn du dir gewünscht hattest, dass deine Tochter wohl isst und noch besser trinkt, dass sie weiche Kleidung trägt, dann hättest du sie besser jemandem zur Frau gegeben. Du bist dem trug des Dämons erlegen, meine Schwester. Erhöhe deinen Geist von dem Irdischen und erkenne, dass deine Rüstung eine Rüstung der Trauer ist. Dafür tragen wir Schwarzes und Zerschlissenes, für unseren Christus dem Herrn, dem es gebührt, um Seiner Willen Trauer und Zerknirschung zu erfahren, wie wir es versprochen haben, vor dem heiligen Altar, in Anwesenheit der heiligen Engel. Wenn wir dem nicht gerecht werden, werden wir als Übertreter verurteilt werden und in das ewige Feuer eingehen. Wenn wir aber die Mühen erdulden, diese kurze Zeit unseres irdischen Lebens, werden wir das ewige Königreich Gottes erben und in unsagbarer Glücksseligkeit unseren Gebieter Christus und die Heiligen im Paradies begegnen. Gehe nun, und habe Frieden, behindere nicht deine Tochter Theopisti und lasse sie das Gute für ihr Seelenheil tun, wenn du sie wahrhaftig liebst.“
Weil Theodora der Versuchung sehr erlegen war, befolgte sie die weisen Worte ihrer geistlichen Mutter nicht sofort, sondern sorgte sich weiterhin um das leibliche Wohl ihrer Tochter, anstatt sie in ihrem geistlichen Kampf zu bestärken und als Schwester im Herrn anzusehen. Dann beschloss Anna, härter durchzugreifen, um ihre Seelen zu retten. Sie gab ihnen die Regel auf, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, von dieser Stunde an kein Wort mehr miteinander zu wechseln. Als Mutter und Tochter diese unerwartete und schwerwiegende Bestrafung vernahmen, erschraken sie. Doch sie verbeugten sich vor der Äbtissin und taten wie sie es verfügt hatte, weil sie beide die Gabe des Gehorsams besaßen. Von dieser Stunde an – welch eine Heldenleistung – sprachen sie tatsächlich nicht mehr miteinander, nicht ein einziges Wort, fünfzehn ganze Jahre lang! Und das vollbrachten sie, obwohl sie weiterhin in derselben Zelle lebten, denselben Tisch und oft auch den selben Arbeitsplatz, z.B. in der Küche, teilen mussten.
Nach diesen fünfzehn Jahren, de ihrer Seele großen Nutzen beschert hatten, erkrankte die selige Theodora schwer. Da baten die Schwestern die Äbtissin Anna darum, dass sie diese Regel aufheben sollte, weil sie ihren Tod befürchteten. Anna belehrte Mutter und Tochter ein letztes Mal und riet ihnen, keinerlei verwandtschaftliche Liebe mehr zueinander zu haben, sondern allein diese leidenschaftslose Liebe zueinander zu empfinden, die sie auch mit den übrigen Schwester verband. Dann vergab sie ihnen und ließ sie fortan wieder miteinander reden. Doch dies alles hatte sie nicht aus übermäßiger Strenge getan, sondern nur aus Sorge um ihr Seelenheil.
Theodora besiegte in all diesen Jahren im Koinovion die Gefallsucht und den dämonischen Hochmut und auch alle übrigen Leidenschaften, mithilfe des Heiligen Geistes, Welcher sie leitete und beschützte. Sie war, den Worten des heiligen Paulus gemäß, für die Welt gestorben, weil sie allein für Christus lebte.

Die Wettkämpfe der Heiligen
Einmal war der Winter bitterlich kalt, so kalt war es, dass auch das Wasser gefror. Die Äbtissin gab ihren Segen dazu, dass die Schwestern jede in ihrer eigenen Zelle das Essen zu sich nahm, weil der Speisesaal nicht zureichend beheizt wurde. Eines Tages ergoss sich ein voller Krug auf die Stelle, auf der Theodora ihre Strohmatte und das Tierfell legte, die sie für ihren Schlaf benutzte. Damit die Feuchtigkeit ihrem Körper keinen Schaden zufügen konnte, verlegte Theodora ihren Schlafplatz, wie es nur natürlich war. Aber die Äbtissin hatte die Anordnung gegeben, dass keine der Schwestern etwas ohne ihren Segen tun sollte, wie es in den Klöstern üblich ist. Und weil sie von dem Vorfall in der Zelle der Heiligen erfuhr und um ihre große Tugend wusste, wollte Anna durch sie alle Schwestern belehren und ihr zu einem Siegeskranz verhelfen. Sie rief nach Theodora und sprach zu ihr: „Weil du, um deinen Körper zu schonen, deine Seele Schaden zugefügt hast, gebe ich dir die Anweisung, dass du heute die ganze Nacht draußen auf dem Hof verbringst, damit sich der Herr deiner erbarmt.“
Die untadelige Braut Christi zögerte überhaupt nicht, sondern verbeugte sich vor ihrer Äbtissin und begab sich auf den Hof. Dort war es nicht nur bitterkalt, es regnete auch noch in Strömen, und weil das Wasser bereits hoch stand und nicht abfließen konnte, hatte sie keinen Platz zum liegen oder zum sitzen. Sie stand aufrecht im Regen und in der Kälte und erhob ihre Seele im Gebet zu Gott hinauf. Geduldig und heldenmütig ertrug sie diese Qual, auch später in der Nacht, als zusätzlich auch Hagel fiel. Gegen Mitternacht hörte der Regen und der Hagel auf, doch es wehte ein eiskalter Wind und ihre Kleidung war von Wasser durchtränkt. Auch das ertrug sie sanftmütig.
Als sich die Schwestern zum Morgengebet in der Kirche versammelten, belehrte sie die Äbtissin Anna und lobte Theodora, die sie mit den heiligen vierzig Märtyrinnen verglich. Dann rief sie auch Theodora in die Kirche. Sie war von Schnee bedeckt, und strahlte einen wundersamen Glanz aus. Sie verbeugte sich demütig vor ihrer geistlichen Mutter, ohne ein Wort der Klage und bat um Vergebung. Als sie die Schwestern fragten, wie es ihr in der Nacht ergangen war, sagte sie: „Ich habe mit reinem Glauben meine Bestrafung akzeptiert. Deswegen spürte weder den Regen, noch war ich betrübt. Vielmehr freute ich mich und fühlte mich wie unter einem wohltuenden Bad.“ In dieser Nacht hatte indes die leibliche Schwester der Äbtissin, die ebenfalls im Kloster als Nonne lebte und große Tugenden besaß, etwas sonderbares beobachtet. Sie hatte einen Kranz gesehen, dessen Schönheit und Glanz sie nicht zu beschreiben vermochte, der vom Himmel hinabkam. Dazu hörte sie eine Stimme, die sprach: „Dieser Kranz gehört Theodora“. Doch Anna behielt dieses Wunder für sich, um die heilige Theodora vor dem Hochmut zu beschützen.

Ihre Weigerung Äbtissin zu sein

Als der glückselige Ioannis, der damals Archimandrit war, von diesem Vorfall erfuhr befand er uns für richtiger, sie in ein anderes Kloster zu bringen und sie dort als Äbtissin einzusetzen. Doch die Demütigte wollte ihre Einwilligung zu solch einem ehrwürdigen Dienst nicht geben. Als dennoch Männer des Archimandriten ins Kloster kamen, um sie abzuholen, lief sie weinend zur seligen Anna. Zu den Männern sprach sie: „Lasst mich in Frieden, der Liebe Christi wegen. Denn es ist mir unmöglich, die Versprechungen, die ich einst so zahlreich meinem Gebieter Christus entgegengebracht habe, nun zu verachten, das Kloster, indem ich zur Nonne geschert worden bin, zu verlassen, und mich dem Schutz anderer Seelen anzunehmen. Ich bin immer noch beschmutzt von dem Morast der Welt, nicht einmal meine eigene Seele bin ich imstande zu retten. Gehet nun fort und sagt dem Archimandriten, dass ich niemals meine Meinung ändern werde, auch wenn er mich tausend Qualen aussetzt. Ich werde hier verbleiben und den Schwestern dienen, bis zu meinem letzten Atemzug“. Als dem Archimandriten all dies berichtet wurde, lobpries er den Herrn, dass er seiner Magd soviel Demut geschenkt hatte.

                                                
Theopisti wird zur Äbtissin ernannt

Als Theodora das 56e Lebensjahr erreicht hatte, wählten der Erzbischof Theodoros und die Archimandriten Ilarion und Dorotheos, im Einvernehmen mit der seligen Anna, die nunmehr als Altersschwäche weder gut hören noch gut sehen konnte, die Tochter der Heiligen, Theopisti, zur neuen Äbtissin des Klosters. Obwohl Theopisti ihre Tochter war, wurde sie nun zu ihrer geistlichen Mutter.
Theodora bemühte sich jetzt noch mehr darum, der Äbtissin vollkommenen Gehorsam entgegenzubringen, denn sie war gottliebend. Eines Tages fiel die selige Anna sehr unglücklich und verletze sich schwer. Sie brach sich den Oberschenkel und musste ganze vier Jahre im Bett verbringen. Leider wurde auch ihr Verstand zunehmend getrübt. Theodora diente ihr in dieser Zeit aufopferungsvoll und auch als sie wieder gehen konnte, kümmerte sie sich noch weitere drei Jahre um ihre Kost, das Waschen ihrer Kleidung und allen anderen Nöten, die ein älterer Mensch aufweist, wenn er sich nicht mehr selbst versorgen kann. Oft geschah es, dass die arme Anna Theodora beschimpfte und schlug, weil sie nicht wusste, was sie tat.
Anna entschlief, als sie volle 120 Jahre alt war, während Theodora zu jener Zeit bereits 68 Jahre alt war. Die selige Theodora lebte trotz ihres fortgeschrittenen Alters immer noch ein engelsgleiches Leben und übte sich besonders im Gehorsam und der gottseligen Tugend der Demut.
Das selige Ende der Heiligen

Es war im Monat August, als die heilige Theodora erkrankte und bereits fünf Tage im Bett verbracht hatte. Sie wusste, dass der nächste Tag ihr letzter sein würde. Sie ängstigte sich überhaupt nicht vor der Trennung ihrer Seele von ihrem Körper, wie es fast alle tun würden in solch einer Stunde. Denn ihre Liebe für ihren himmlischen Bräutigam war aufrichtig und herzlich. Sie war guten Mutes, weil sie Ihm endlich begegnen würde. Als die Sonne aufging, bat sie darum, die Heiligen Gaben zu empfangen. Dann kreuzte sie die Hände auf ihrer Brust, legte sich auf den Rücken, schloss ihre Augen und ihren Mund. Dann übergab die Selige ihre Seele, nachdem sie gottgefällig den guten Kampf der Askese bestritten hatte, und den Weg des Gehorsams mit demütigem Herzen vollendet hatte.
Es versammelten sich Nonnen und Mönche aus allen Klöstern der Umgebung. Während der Bestattung offenbarte sich den Anwesenden ein besonderes Wunder. Obwohl das Gesicht der Heiligen vorher voller Falten war, ihrem fortgeschrittenen Alter entsprechend, und seine natürliche Schönheit verloren hatte, war es nun plötzlich ganz ohne Falten, schön und jugendlich. Außerdem ging von ihm ein Leuchten aus, wie von einem Engel, und ein Lächeln war auf die Lippen gezeichnet, während ein himmlischer Wohlgeruch aus dem Körper verströmte, der die Luft erfüllte. Die selige Theodora wurde auf dem Klosterfriedhof nebst den anderen entschlafenen Schwestern beigelegt.

Die ersten Wunderzeichen

Die Anwesenden liefen, dem üblichen Brauch folgend, am offenen Sarg der heiligen Theodora vorbei und gaben ihr auf ihre seligen Hände den letzten Kuss des Abschieds. Unter ihnen war auch ein Diakon von der Kirche des heiligen Dimitrios namens Dimitrios, der Theodora seit vielen Jahren kannte. Dieser litt an einer quälenden und bösen Krankheit, die seit langem seinen ganzen Körper befallen hatte. Er konnte nicht essen, weil sein Magen furchtbar schmerzte, und gerade hatte er neun Monate im Bett verbringen müssen. Als er hörte, dass die glückselige Theodora entschlafen war, begab er sich mit sehr großer Mühe zum Kloster, um bei ihrer Bestattung zugegen zu sein und für ihre Seele zu beten. Als er mit Glauben ihre Hand küsste, wurde er mit einem Mal gesund. Er konnte jetzt mühelos laufen und kehrte glückstrahlend nach Hause zurück.
Ein anderer junger Mann, namens Ioannis, litt an starkem Fieber und Schüttelfrost, die regelmäßig jeden vierten Tag schlimmer wurden. Zwei Jahre plagte ihn dieses Leiden, so dass er vor Schwäche nur noch aus Haut und Knochen war. Auch er wurde durch die Gnade der Heiligen vollkommen geheilt.
Fünfzig Jahre Nonne und die Öllampe der Heiligen

Als man die Heilige beisetzte, war es zwölf Uhr Mittags, am 29 August und seit der Erschaffung der Erde 6400 Jahre, das heißt, dass es das Jahr 894 nach Christi Geburt war, in den tagen Alexanders und Leons, den Orthodoxen Königen. Als die selige Theodora verwitwete und zur Nonne geschert wurde war sie 25 Jahre alt, verbrachte 55 Jahre im Kloster und hatte das 80e Lebensjahr erreicht, als sie in die Ewigkeit überging.
Ihre Tochter Theopisti, die ihre Mutter über alles liebte, bat sieben Priester darum, gemäß der Tradition vierzig Tage nach ihrer Entschlafung täglich einen Gottesdienst für die ewige Ruhe der Seele zu zelebrieren. Außerdem platzierte sie eine Öllampe über ihrem Grab, an der der allmächtige Gott ein Zeichen offenbarte, das den menschlichen Verstand überstieg. Es war nämlich so, dass die Öllampe am neunten Tag nach ihrer Beisetzung aus nur noch wenig Öl hatte, weil die Nonnen das Gefäß reinigen wollten und das Öl deswegen nicht nachgegossen hatten, damit es vollkommen ausginge. Am nächsten Tage sahen sie jedoch, dass noch mehr Licht als am vorherigen Tage von der Öllampe ausging, obwohl kein Öl mehr im Gefäß war. Sie ließen die Lampe brennen und beobachteten, wie lange dieses Wunder sich fortsetzen würde. Am nächsten Tage füllte sich das Gefäß mit Öl, so dass es auch an den Seiten hinunterlief, und aussah, als wenn es brodelte. Dann berichteten sie endlich auch der Äbtissin Theopisti von diesem Wunder, die sofort in die Kirche eilte und Gott für Seine Geschenke dankte und lobpries.
Das Kloster befand sich in Thessaloniki. Bald wurde der Ruf der seligen Theodora und ihrer Wunderzeichen überall bekannt. Unzählige Menschen kamen nunmehr an ihr Grab, verehrten sie und baten sie um ihre Fürbitten. Sie salbten und bekreuzigten sich mit dem heiligen Öl, das aus der Öllampe lief, zur Heilung der seelischen und körperlichen Leiden der Gläubigen. Diese Liebe dem Nächsten gegenüber bewies die selige Theodora auch mit ihrer Liebe ihren Schwestern gegenüber. Als eine von ihnen erkrankte, bat sie um den Segen der Äbtissin, dass sie den Gebetskanon der Kranken übernehmen konnte. Sie liebte es die Hungernden zu nähren, die Nackten zu bekleiden und alle Fremden gemäß der Vollkommenheit der Tugend zu empfangen. Ihres barmherzigen Herzens wegen schenkte ihr der Herr die Gabe der Wundertätigkeit.
Weitere Wunder der heiligen Theodora

Ein Mann namens Theodoros war Vogeljäger. Während er eine Tages um die Mittagszeit die Fallen aufstellte, erschien ihm urplötzlich ein Mann, der die Gestalt eines Arabers hatte. Er sah sehr groß und furchterregend aus. Theodoros versuchte zu fliehen, doch der Araber, der in Wirklichkeit ein Dämon war, holte ihn ein und warf ihn mit Wucht zu Boden. Dann schlug er auf ihn ein und ließ ihn dort liegen. Doch der junge Mann war ab dieser Stunde besessen und so entsetzlich war sein Zustand, dass er sich nur mit großer Mühe aufraffen und nach Hause schleppen konnte. Dort erzählte er seiner Mutter von dem Vorfall. Diese vergoss bittere Tränen und brach sofort mit ihrem Sohn auf, um das Grab der heiligen Theodora zu besuchen. Doch dort verlor er den Verstand, sprang und schrie in der Kirche und tat noch viel mehr Unsinniges. Seine Mutter blieb einige Tage im Kloster und betete zu der Seligen, dass sie sich ihrem Sohn erbarmen mochte. Eines Nachts erschien die Heilige dem jungen Mann und sagte zu ihm: „Stehe auf, Theodoros, dir fehlt gar nichts mehr“. Tatsächlich war er von dem bösen Dämon befreit.
Ein anderer junger Mann, mit Namen Georgios, war seit langem von einem bösen Dämon besessen. Er besuchte das Grab der Seligen, ebenfalls mit seiner Mutter zusammen, um sie um ihre Fürbitten zu bitten. Außerdem fasteten sie und aßen weder Fleisch, noch Öl. Die Mutter bekreuzigte ihren Sohn mit dem heiligen Öl und wandte sich immer an die heilige Theodora, insbesondere wenn der Dämon den Mann zu Boden warf und und mit furchtbar schüttelte. Eines Nachts ging sie zu Bett und sah im Traum die Selige, die als Nonne gekleidet die Kirche durchschritt und in ihren Händen ein Gefäß voll Öl hielt. Ihr zur Seite standen viele junge Männer, die mit schneeweißen Gewändern gekleidet waren. Bei ihnen war auch ein Priester, der die Menschen in der Kirche beweihräucherte, die sich dort befanden, um Heilung zu erfahren. Die heilige Theodora folgte dem Priester und besprenkelte die Kranken mit Öl. Als sie Georgios erreichten, berührte die heilige mit ihrem Finger dreimal seinen Mund und aus diesem kam ein Sekret heraus. Dann sprach sie zu ihm: „Stehe auf, du bist geheilt“. An diesem Tage verließ der Dämon Georgios und er war in der Tat geheilt.
Auch dies ist eines der Wunder der seligen Theodora: Es war einmal ein Maler, der die Heiligenoch nie erblickt hatte, dessen Name Ioannis war. Auch das Kloster hatte er noch nie besucht. Dieser sah im Traum, dass er sich an ihren Grab einfand, außerdem sah er die Öllampe, aus der das Öl auf wundersame Weise floss. Am Morgen darauf traf er auf einen Bekannten, der auf dem Weg zum Kloster war, um dort die Ikone eines Heiligen, des Erstmärtyrers Stephan, zu malen. Doch als sie das Kloster erreichten, erkannte der erstaunte Maler den Ort wieder, weil er ihn im Traum gesehen hatte. Am nächsten und übernächsten Tage sah er im Traum die Heilige selbst. Er war sich gewiss, dass es der Wille Gottes war, dass er ihre Ikone malte. Ehrfürchtig und mit ihren Fürbitten stellte er die Ikone fertig und übergab sie den Schwestern. Nach kurzer Zeit begann auch aus dieser Ikone wohlriechendes Salböl zu fließen! Unzählige Wunder geschahen durch das heilige Öl und Salböl der Heiligen, die an dieser Stelle unmöglich aufgeführt werden können! Gelähmte konnten wieder gehen, Blinde fanden ihre Sehkraft wieder, Häretiker ließen von den Irrlehren ab und fanden zur Orthodoxie Leprakranke wurden geheilt. Dies alles und noch viel mehr vermochte und vermag die Gnade der Reliquien der heiligen Theodora zu vollbringen, zum Ehre des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, des einen Gottes.

Die Heilige wird jedes Jahr am 5. april, sowie am 29 August gefeiert. Mögen uns ihre Fürbitten auf unserem Lebensweg begleiten.


1wird ebenfalls am 05/18 April jeden Jahres gefeiert

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