Montag, 7. April 2014

ÜBER DIE KIRCHE - Von Professor P. Johannes Romanides(†)



Die Kirche ist der Leib Christi, die aus allen Gläubigen in Christus besteht, diejenigen, die an der ersten Auferstehung teilnehmen und die Verlobung des Heiligen Geistes haben oder auch diejenigen, die die Vergöttlichung (Theosis) vorausgekostet haben. 
Die ungeschaffene Kirche hat bereits vor der Schöpfung existiert, als Königreich und Herrlichkeit, die in Gott verborgen ist und in der Gott mit Seinem Logos und Seinem Geist wohnt. Durch seinen Willen wurden die Äonen erschaffen und in ihnen die himmlischen Kräfte und die körperlosen Geister oder Engel, dann die Zeit und die Welt in ihr, in der auch der Mensch erschaffen wurde, in dem sich die geistige Energie der Engel mit dem menschlichen Verstand (logos) und dem menschlichen Körper vereinen.

Die Kirche ist sichtbar und unsichtbar; mit anderen Worten, sie ist zusammengesetzt aus denen, die auf der Erde streiten und aus denen im Himmel, d.h. denjenigen, die in der Herrlichkeit Gottes triumphiert haben.

Unter den Protestanten herrscht die Meinung, daß die Kirche nur unsichtbar ist, und die Sakramente der Taufe und der Eucharistie nur symbolischen Charakter haben, und daß nur Gott die wahren Mitglieder der Kirche kennt. Im Gegensatz dazu betont die orthodoxe Kirche auch die sichtbare Dimension der Kirche. Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil.

Die Kirche als der Leib Christi ist der Aufenthaltsort der ungeschaffenen Herrlichkeit Gottes. Wir können Christus nicht von der Kirche trennen, noch die Kirche von Christus. Im Papismus und im Protestantismus gibt es eine klare Unterscheidung zwischen dem Leib Christi und der Kirche, das bedeutet, daß man am Leib Christi teilhaben kann, ohne ein Mitglied der päpstlichen Kirche zu sein. Das ist für die Orthodoxie unmöglich.
Gemäß den Calvinisten,  lebt Christus seit seiner Himmelfahrt im Himmel, und daher ist die Verwandlung von Brot und Wein in den realen Leib Christi unmöglich. Etwa das gleiche gilt für die päpstliche Kirche, denn auf das Gebet des Priesters hin, steigt Christus, der als abwesend gilt, nun vom Himmel herab und wird gegenwärtig. Das schließt ein, daß Christus abwesend von der Kirche ist. Die Mitglieder der Kirche sind diejenigen, die, wie wir oben bemerkt haben, den Heiligen Geist empfangen haben und die „Vergöttlichten".

Wenn man in der alten Kirche vom Leib Christi sprach und von Christus als dem Haupt der Kirche, dann meinte man natürlich nicht, daß der Leib Christi über die ganze Welt ausgestreckt war, daß sich z.B. sein Kopf in Rom befand, eine Hand im Osten und eine im Westen, sondern daß der ganze Christus in jeder einzelnen Kirche mit all ihren Mitglieder, d.h. den Heiligen und Gläubigen der ganzen Welt, ist. Wenn wir ein kleines Stück des Heiligen Brotes empfangen, dann empfangen wir in uns den ganzen Christus. Wenn sich die Christen aus diesem Grund versammeln, dann versammelt sich die ganze Kirche und nicht nur ein Teil von ihr.  Aus diesem Grund wurde in der Tradition der Väter die Kirche eines Klosters „Katholikon" (universal, allumfassend) genannt. 
Das Ziel aller Gläubigen ist die Vergöttlichung (Theosis). Dies ist das ultimative Ziel aller. Dazu muß ein Christ von Herrlichkeit zu Herrlichkeit schreiten, mit anderen Worten, der Sklave muß zuerst ein bezahlter Arbeiter werden und dann Gottes Sohn und ein treues Glied Christi. Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil. Christus bietet die Gnade der Erlösung allen Menschen an. Wenn jemand außerhalb der sichtbaren Kirche ist gerettet wird, dann bedeutet das, daß Christus selbst ihn gerettet hat.
Wenn er heterodox ist, dann wird er gerettet, weil Christus selbst ihn rettet, und nicht aufgrund des „Ablegers", dem er angehört. Seine Erlösung wird also nicht von der „Kirche" herbeigeführt, der er angehört, denn die Kirche, die rettet, ist Eine, und das ist Christus.

Wo es das Orthodoxe Dogma nicht gibt, ist die Kirche nicht in der Lage, über die Gültigkeit der Sakramente zu entscheiden. Gemäß der Lehre der Väter trennt sich das Orthodoxe Dogma niemals von der Spiritualität. Wo es eine Irrlehre gibt, gibt es eine falsche Spiritualität und umgekehrt. Viele teilen das Dogma von der Frömmigkeit. Das ist falsch. Wenn Christus sagt „seid vollkommen, wie der Vater...", dann heißt das, daß man die Bedeutung von Vollkommenheit kennen muß. Das Kriterium der Gültigkeit der Sakramente ist für uns Orthodoxe das Orthodoxe Dogma, während es für die Heterodoxen die Apostolische Sukzession ist. Für die Orthodoxe Tradition reicht es nicht aus, wenn die Ordination bis zu den Aposteln zurückreicht, sondern es bedarf des Orthodoxen Dogmas. Frömmigkeit und Dogma haben dieselbe Identität und sie sind nicht getrennt. Wo die Lehre richtig ist, ist auch die Praxis richtig. Orthodox bedeutet:
a) Das richtige Dogma
b) Die richtige Praxis

Die streitende Kirche auf Erden ist die Orthodoxe Kirche.  Das Orthodoxe Dogma und die Lehre der Heiligen Schrift ist ein und dasselbe, weil das Dogma aus der Heiligen Schrift existiert und aus ihr hervorgeht.

 (Aus den Tonbandaufzeichnungen der Dogmatik-Studenten, während der Vorlesungen von Professor Johannes Romanides, Thessaloniki, 1972, Quelle: Heiliges Kloster Pantokratoros).

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