Montag, 18. November 2013

Der Weg in die Welt der Sünde und die Stadien der Sünde von Mönch Benedikt (Athos)

Der Weg in die Welt der Sünde.
Die Sünde kann von außen gesehen, als ein gewöhnliches Ereignis, wie z.B. ein Verkehrsunfall oder ähnliches, erscheinen. Bis zum Eintritt dieses Ereignisses sind eine Reihe untereinander verketteter Ereignisse vorausgegangen. Für das Geschehen eines Mordes, zum Beispiel, sind im menschlichen Verstand tausende von Gedanken und Planungen vorausgegangen. Der menschliche Geist ist bis zur Durchführung des Mordes ein richtiges Hauptquartier des terroristischen Logismos geworden. So ähnlich ist es auch beim Zustandekommen jeglicher anderer Sünde. Im Labor, das man menschlicher Geist nennt, sind ausführliche Studien und Planungen vorangegangen, ohne dass es jemand bemerkt hat!
Und der Anfang war ein einfacher, gewöhnlicher Logismos (*Gedanke oder Gedankenbild)...
Begeben wir uns nur weiter auf den Weg ins Land der Sünde nach der Attacke eines einfachen Logismos.
Dass ein Gedanke oder ein Bild in unserem Geist einfach auftritt, dafür sind wir nicht verantwortlich. Es ist dann auch nicht schwer, sie abzuwehren. Von dem Moment allerdings, wo wir die Tür diesem Gedanke öffnen und anfangen mit ihm zu diskutieren und darüber nachzudenken, nimmt in uns der Logismos Platz und wird zum herrschenden Logismos.
Der Logismos ist, im Grunde genommen, der Anlauf in die Sünde.
Beobachten wir diesen Verlauf für eine Weile, der für uns ähnlich vonstatten geht wie die Entwicklung und der Verlauf einer Krankheit im menschlichen Körper. Im menschlichen Organismus gehen verschiedene Wechselwirkungen bis zum Ausbruch der Krankheit und der Einweisung in ein Krankenhaus voran; so ähnlich ist es, bis es zur Vollendung der Sünde kommt. Ein großer Kampf, eine Unmenge von Wechsel-wirkungen sind vorausgegangen, in jenem Labor, das menschlicher Geist genannt wird. Und ähnlich wie bei der Geburt eines Kindes haben eine ganze Reihe von Ereignissen, von der Empfängnis über die monatelange Schwangerschaft [bis zur Geburt] stattgefunden, so geht auch der Sünde ein komplizierter Mechanismus voraus: die Empfängnis der Logismoi, die Schwangerschaft mit der Sünde und ihre Geburt.
Der heilige Nikodemos vom Heiligen Berg Athos ist der Ansicht, dass der Logismos der Anfang, das Zentrum, die Wurzel ist, wo der Stamm, die Zweige, also der ganze Baum der Sünde seinen Ursprung hat.
Das Übel beginnt mit dem ersten Logismos und weitet sich dann aus. Wenn man einen Stein in einen Brunnen wirft, bewirkt die Welle am Anfang einen kleinen Kreis, dieser kleine Kreis schafft einen größeren, dieser einen noch größeren bis die Welle sich an der Brunnenwand bricht.
So ist es auch bei der Sünde. Vor ihrer Vollendung gehen aufeinanderfolgend diverse Mechanismen und Vorgänge voraus.

 Die Stadien der Sünde.
So können wir drei Stadien auf dem Weg ins Land der Sünde unterscheiden:
a) die Anfechtung, b) die Einwilligung und c) die Gefangenschaft.
Wie kommt dieser Mechanismus in Gang? Er läuft wie folgt ab: Irgend ein boshafter Logismos (Eitelkeit, Geldgier, Verurteilung u.s.w.) dringt in den menschlichen Verstand ein.
Die Versuchung arbeitet mit der Phantasie. Präsentiert wird ein Szenario wie es verlockender nicht möglich ist. So wird die Anfechtung [das Angebot] attraktiver und stärker.
Bis zu diesem Zeitpunkt trägt der Mensch keine Verantwortung. Das ist das erste Stadium, die Anfechtung, ein Überfall des Feindes oder, einfacher ausgedrückt, das Klopfen an der Tür. Diese Situation ist naturbedingt. Es ist unmöglich, dass ein Mensch existiert, der von den Logismoi nicht angefochten wird. Der heilige Efraim der Syrer sagt, dass wie im Garten natürlicherweise neben dem Kraut auch das Unkraut wächst oder wie die Inseln rundherum von Wellen geschlagen werden, so kommt auch der Mensch unausweichlich in Kontakt mit der Anfechtung der Logismoi.
Ab jetzt beginnt das Stadium der Bereitschaft zur Sünde. Anfang des Kampfes ist die Anfechtung. Wenn der Mensch sich von ihr fernhält und mit ihr ohne Neugier umgeht, dannkann er sich retten und wird ohne weiteres von den jämmerlichen Konsequenzen verschont.
Wenn er sich aber, in eine Diskussion mit dem boshaften Logismos einlässt, öffnet er ihm schon die Tür, auch wenn dieser gerade zuvor einfach nur angeklopft hat, schließt Freundschaftmit ihm und ist dann reif für die Einwilligung zur Sünde. Die Zustimmung ist das zweite Stadium zur Durchführung der Sünde.
Der Mensch begeht jetzt, mit seinem Selbst als Hauptdarsteller, im innersten und geheimsten seiner Seele die Sünde: er tadelt, lästert Gott, treibt Unzucht, geht fremd, begeht Morde und unzählige Verbrechen und tut in Gedanken alles, was der menschliche Verstand sich vorstellen kann, [oder auch nicht, bzw. sich gar nicht vorstellen will].
Danach bleibt nichts anders übrig als das dritte Stadium der Sünde, nämlich ihre aktive Verwirklichung durch den Menschen selbst, dessen Verstand zuvor ein Gefangener des Logismos geworden war. Der Mensch kann den Logismos nicht mehr bestimmen, sondern wird von ihm bestimmt. So erreicht der Logismos, anfangs mit einem einfachen Klopfen an der Tür, d.h. mit der Anfechtung durch das Öffnen derselben, die Zustimmung und schließlich siegreich fortschreitend sein Ziel, den Vollzug der Sünde.
Das ist der Weg in die Sünde, der mit einem einfachen Logismos seinen Anfang nimmt.

(Ausschnitt aus "LOGISMOI-Über Gedankenbilder und deren Bewältigung" von Mönch Benedikt vom Heiligen Berg Athos)

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