Donnerstag, 28. November 2013

Der westliche Humanismus, die Essenz der Orthodoxie und die Vergöttlichung - Altvater Justin von Ćelije


Der westliche Humanismus
Ιm europäischen Westen ist das Christentum nach und nach zum Humanismus geworden.
Über lange Zeiten hinweg und mit Beharrlichkeit hat man den Gottmenschen dort verengt und ihn schließlich zum Menschen reduziert -zum unfehlbaren Menschen von Rom und zum nicht weniger unfehlbaren Menschen von Berlin. So erschien auf der einen Seite der christlich-humanistische Maximalismus (der Papismus), welcher Christus alles entreißt, und auf der anderen Seite der christlich-humanistische Minimalismus (der Protestantismus), der von Christus nur das Mindeste will, oftmals auch gar nichts. In beiden Fällen aber wurde an die Stelle des Gottmenschen als höchster Wert und letztes Kriterium der Mensch gestellt. So vollzog man die schmerzliche "Berichtigung" des Gottmenschen, Seines Werks und Seiner Lehre!
In der römischen Kirche hat man den Gottmenschen in den Himmel zurückgeschickt und an Seiner Statt den Stellvertreter eingesetzt: Vicarius Christi. Welch tragischer Irrtum! einen Ersatzmann und Stellvertreter einzusetzen für den allgegenwärtigen Herrn und Gott! Es ist jedoch eine Tatsache, dass dieser Irrtum sich im westlichen Christentum inkarniert hat. Damit wurde der inkarnierte Gottmensch gewissermaßen desinkarniert.
In der Praxis äußertesich diese Ersetzung des Gottmenschen durch den Menschen in der offenkundigen Ersetzung der Grundsätze der gottmenschlichen christlichen Methode durch die menschliche Methode. Daraus folgte die Vorherrschaft des Aristotelismus in der Scholastik, die Kasuistik, die Inquisition, die päpstliche Diplomatie in den internationalen Beziehungen, der päpstliche Staat, der Sündenerlaßdurch Ablaßbriefe und neuerdings per Radio, das Jesuitentum in seinen verschiedenen Formen usw.
All dies führt zum Schluss, dass das humanistische Christentum in Wirklichkeit der entschiedenste Protest ist gegen den Gottmenschen und Seine Werte, Seine Kriterien.
Indem der Humanismus das Christentum im Westen reduzierte, hat er es unbestreitbar verein-facht. Damit aber hat er es auch zerstört.
Die Stimmen einiger Menschen aus dem Protestantismus, die verlangen "Zurück zu Jesus!"sind wie schwache Rufe in der mondlosen Nacht des humanistischen Christentums des Westens, das die gottmenschlichen Werte und Maßstäbe aufgegeben hat und nun erstickt in den Sackgassen der Verzweiflung, während aus den Tiefen der Jahrtausende die harten Worte des Propheten Jeremias heraufklingen: "Verflucht der Mensch, der seine Hoffnung auf den Menschen setzt"(Jer 17,5).

Die Essenz der Orthodoxie

Welches ist die Essenz der Orthodoxie? Der Gottmensch Christus. Deshalb hat alles, was orthodox ist, gottmenschlichen Charakter - das Wissen, die Erfahrung, das Wollen, das Denken, die Ethik, die Dogmatik, die Philosophie, das Leben. Die Gottmenschlichkeit ist die einzige Kategorie, in welcher sich alle Kundgebungen der Orthodoxie bewegen und ereignen. Überall hat Gott den ersten Platz und der Mensch den zweiten. Gott führt und der
Mensch folgt. Gott wirkt, der Mensch wirkt mit. Und Gott wirkt nicht wie irgendein transzendenter, abstrakter Gott des Deismus, sondern als der Gott der unmittelbarsten geschichtlichen Wirklichkeit, als der Gott der Offenbarung, als der Gott, Der Mensch geworden ist und innerhalb den Kategorien unseres eigenen menschlichen Lebens gelebt und sich überall als absolut heilig, absolut gut, absolut wissend, absolut gerecht, absolut wahr kundgegeben hat.

Die Vergöttlichung des Christen in der Orthodoxen Kirche

Die göttliche Kraft des Gottmenschen wirkt immerdar in Seinem gottmenschlichen Leib, der Kirche, und macht die Menschen eins mit Gott durch das heilige Leben in der Gnade. Denn die Kirche ist nichts anderes als jener wunderbare gottmenschliche Organismus selbst, in welchem durch Zusammenwirken der göttlichen Gnade und des freien menschlichen Handelns der ganze Mensch und alles Menschliche, die Sünde ausgenommen,
unsterblich und gottmenschlich gemacht wird.
Im gottmenschlichen Organismus der Kirche ist jeder Gläubige eine lebende Zelle, organi-scher Bestandteil desselben, belebt durch die lebenspendende gottmenschliche Kraft Christi.
Denn Mitglied der Kirche sein bedeutet, dem Gottmenschen Christus einverleibt zu werden, eines Leibes zu werden mit Ihm (s. Eph 3,6), organisches Glied Seines gottmenschlichen Leibs (Eph 5,30, 1 Kor 12, 12-13), mit einem Wort -gottmenschlich zu werden in der ganzen Realität der menschlichen Person.
Wenn der Mensch dies erreicht, hat er die gottmenschliche Einheit des Lebens erlangt und die lebendige und unsterbliche Gewißheit, dass er hinübergegangen ist vom Tod ins Leben (Joh 5,24, 3,36, 11,25-26). Dann erfährt er fortwährend mit seinem ganzen Wesen, dass die Kirche
als gottmenschlicher Organismus der Gottmensch Selbst ist, ausgedehnt über alle Zeiten.Christus in Seiner gottmenschlichen Person ist unwiederholbar, doch als gottmenschliche Kraft und gottmenschliches Leben wiederholt Er sich fortwährend in jedem Christen, der organisches Glied Seines gottmenschlichen Leibes, der Kirche, ist.

Indem der Apostel die Kirche bezeichnet als Leib Christi (Eph 1,23, Kol 1,24), verbindet er ihr Sein mit dem Mysterium der Inkarnation des göttlichen Logos und zeigt, dass das lebendige und unverrückbare Fundament der geschichtlichen Wirklichkeit der Kirche eben darin liegt, dass das Wort Fleisch wurde(Joh 1,14). Außerdemzeigt er damit, dass die Kirche, als Leib Christi, unmittelbar und fortwährend abhängt vom fleischgewordenen göttlichen Logos Selbst, in allem, was sie zu dem macht, was sie ist. Von Ihm empfängt sie die unermeßliche Fülle der gottmenschlichen Charismen und Kräfte, denn Er erfüllt all das ihrige mit Sich Selbst(s. Eph 1,23, Kol 2,9).

Quelle: Prodromos-Verlag

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