Das Leben des Starez Paisie
Gegen Ende seines Lebens, als er den Tod schon herannahen fühlte, begann der Starez damit, ein Werk zu schreiben mit dem Titel: Geschichte der heiligen Gemeinschaft meiner geliebten Väter, Brüder und geistiger Söhne, die im Namen Christi zu mir, dem Unwürdigen, zu Rettung
ihrer Seelen gekommen sind. Dieses Werk, welches seiner Überschrift nach eine Geschichte der vom Starez gegründeten Gemeinschaften sein sollte, ist nie beendet worden. Es wurde Autobiographie genannt, weil Paisie darin sein Leben von der Geburt an bis zu seinem Aufenthalt im Skit Carnu in der Walachei schildert.3
Die erste Biographie des Starez Paisie wurde von seinem rumänischen Schüler, dem Mönch Vital, verfaßt, der seinem Meister nach Dragomirna, Secu und Neamtz gefolgt war. Sie wurde auf die vier letzten Seiten eines Menaion für den Februar ( dessen Autor diese Seiten leer gelassen hatte) geschrieben und anno 1780 in Rimnic veröffentlicht. Es handelt sich um eine kurze Biographie, die das Leben von Paisie und seiner Gemeinschaften mit viel Klarheit und Objektivität nachvollzieht. Es sieht aber so aus, als ob diese Biographie in Neamtz nicht bekannt war. Abt Mardarius sollte erklären, daß es ungefähr 20 Jahre nach Paisie’ Tod noch keinem seiner Schüler gelungen war, seine Vita zu schreiben.
Von dieser Feststellung betrübt, bat die Gemeinschaft den Hieroschemamönch Metrophan, „Paisie’ ältesten Schüler und erfahrenen Kopisten von Büchern“, die Vita ihres Meisters zu schreiben. Metophan schrieb auf Slawisch und sein Werk wurde in zahlreichen Exemplaren vervielfältigt. Nach Metophan war es der berühmte Mönch Isaac „der Lehrer“ , Schüler und Mitarbeiter von Paisie, der aufgrund der Arbeit von Metophan eine neue Ausgabe der Biographie des Starez auf Rumänisch verfaßte. Etwas später schrieb auch der gelehrte Mönch Gregor (der zukünftige Metropolit der Walachei) eine Biographie seines Meisters, der er den Titel Kurze Geschichte des Lebens unseres allerfrömmsten Vaters Paisie gab. Sie wurde im Jahre 1817 in Neamtz gedruckt in dem Buch Sammlung von Sprüchen zum Gehorsam. Anders als die älteren, im hagiographischen Stil verfaßten Biographien, ist das Werk von Gregor eine „moderne und schlichte Biographie“. Sie „beleuchtet das paisianische Phänomen als ein Ergebnis kollektiver Anstrengungen, bei denen Paisie’ rumänische Schüler eine wichtige Rolle spielten.“ Ohne die Tugenden von Paisie, die diesen zu einem Heiligen machen zu vernachlässigen, rückt Gregor dessen Qualitäten als Organisator und Betreiber einer regelrechten philologischen Schule in den Mittelpunkt. Diese war „ein solcher Gewinn, und nicht nur für die Gemeinschaft der Väter, sondern für unser ganzes Volk, welches noch keinen größeren Gewinn gekannt hatte.“
Dennoch erwies sich keine dieser Biographien als ausreichend für alle Mönche der Gemeinschaft, seien es Russen oder Rumänen. Denn, so behauptet Mardarius, „es gab einige Unterschiede zwischen den Historikern.“ Deswegen beauftragte Abt Sylvester, ein Rumäne aus Transsylvanien, auf dessen Geheiß alle vorausgegangenen Biographien geschrieben worden waren, den Mönch Platon, eine neue zu schreiben, die sowohl den Rumänen, als auch den Slawen im Kloster gerecht werden sollte. Dieser orientierte sich an den klassischen Hagiographien und verfaßte auf diese Weise eine reichhaltige und erhebende Biographie. Sie wurde vom Mönch Kyriakus ins Rumänische übersetzt und im Jahre 1836 gedruckt.
Student und Novize in der Ukraine
Paisie Welitschkowski wurde am 21. Dezember 1722 in die Familie des Protopresbyters von Poltawa (Ukraine), Johannes Welitschkowski, hineingeboren. Er war das elfte von zwölf Kindern. Sein Vater, der Vorsteher der Kathedrale von Poltawa, starb als der kleine Peter (sein Taufname) vier Jahre alt war. So wie es zu jener Zeit üblich war, begann das Kind seine Studien mit der Lektüre der Psalmen und des Stundenbuches in der Schule (zwei Jahre lang) und danach Zuhause, unter der Anleitung seines Bruders Johannes, der Priester in der Kathedrale war. Der Starez, der von seinem Wesen her schweigsam, sanft, schüchtern und reserviert war, gibt in seiner Autobiographie seinen unbändigen Lese- und Betdurst zu, der ihn von frühester Jugend an dazu trieb, neben anderen Büchern auch die ganze Bibel, die Leben der Heiligen, die Homelien des Johannes Chrysostomos und die Diskurse Ephraim des Syrers zu lesen und in der Stille, abseits von allen anderen, zu beten. So entflammte in seiner Seele die Liebe zum Mönchsleben, die noch wachsen und seine ganze Zukunft bestimmen sollte. Zwischen 1735 und 1739 studierte Paisie an der Akademie von Kiew. Gegründet im Jahre 1633 durch den rumänischstämmigen Metropoliten Peter Moghila, wurde das Kolleg von Kiew von Peter dem Großen zur Akademie erhoben. Zu Paisie’ Zeiten war sie eine Schule, die „den besten ausländischen Schulen in nichts nachstand. Sie war sowohl eine nationale, als auch streng orthodoxe Schule, eine wahre Universität, Stolz und Trost des ukrainischen Volkes.“ Der junge Peter absolvierte den ersten Zyklus der Akademie, wobei er sich vorrangig dem Studium der Sprachen Latein, Griechisch, Polnisch und Slawisch widmete. Trotz seinen intellektuellen Qualitäten befriedigte ihn der Unterricht nur wenig, da er von der Scholastik beeinflußt war. Nach und nach gewann der Wunsch Mönch zu werden dank der Lektüre der Schriften und den Kirchenvätern und der regelmäßigen Besuche der Einsiedeleien in der Umgebung von Kiew die Überhand über seinen Studiereifer. Es ist interessant festzustellen, daß dieses Kind im Alter von 14 Jahren schon das Wesentliche des christlichen Lebens, nämlich das Gesetz der Liebe, begriffen hatte. Von diesem Alter an machte er es sich zur Lebensregel, niemals über seinen Nächsten zu urteilen, selbst wenn dessen Sünde auf der Hand lag, niemanden zu hassen und denjenigen, die ihm Böses getan hatten, aus tiefstem Herzen zu vergeben. Mit den Mitschülern gleichen Alters, die seine Ansichten teilten, unterhielt er sich ausgiebig über das Mönchsleben. „Sie versprachen sich gegenseitig, niemals Mönche in einem reichen Kloster zu werden, in dem es unmöglich wäre, in der Armut Christi und im Leiden und der strikten Observanz der monastischen Regel zu leben.“ Im Jahre 1740, nachdem er den ersten Zyklus der Akademie beendet hatte, entschloß sich Peter ein für alle Mal, die Schule zu verlassen und Mönch zu werden.
Während seines jahrelangen Aufenthalts in Kiew hatte der junge Peter den Erzpriester Pachomius und den Metropoliten Antonios kennengelernt, die infolge des russisch - türkischen Krieges von 1735-1739 aus der Moldau geflohen waren. Als letzterer eine Liturgie in rumänischer Sprache feierte, erwuchs in Peters Herz „eine große Liebe für die moldauische Sprache und das von Gott geliebte moldauische Volk. Noch mehr, von diesem Augenblick an entflammte in mir der Wunsch, Mönch auf fremder Erde zu werden.“
Auf Anraten von Pachomius geht Peter ins Kloster Lubetsch, am Ufer des Dnjepr, Heimat des heiligen Antonios von Petschersk. Das Leben in diesem Kloster befriedigt ihn aber nicht. Dasselbe gilt für das Kloster Sankt Nikolas Medwedowki am Ufer des Tjasmin, wo er aber immerhin am Fest der Wandlung des Herrn im Jahre 1714 die Mönchskutte anzieht und den Namen Platon erhält. Übrigens sollte das Kloster bald geschlossen werden. Auch in der Lawra von Petschersk, zu der er zurückkehrt, findet der junge Mönch keinen geistigen Vater, der ihn auf seinem Weg zu einem armen und einsamen Leben hätte führen können. Ein Zusammentreffen mit den Mönch Ignatius, Besitzer zahlreicher asketischer Texte und guter Kenner der Kirchenväter, der auch in den rumänischen Klöstern gelebt hatte und dorthin zurückkehren wollte, war für Peter entscheidend. Er begriff, daß der rumänische Monachismus in höherer Blüte stand als der in seinem eigenen Land und er den Weg so vieler Mönche gehen mußte, die ihr Land in Richtung Rumänien verlassen hatten. Die Gelegenheit ergab sich zu Beginn der Fastenzeit anno 1743, als er dem alten Erzpriester Michael begegnete, dem Oberhaupt des Skites des heiligen Nikolaus in Traisteni. Dieser nahm ihn mit in seinen Skit.
Der Aufenthalt in der Walachei und auf dem Berg Athos
Zu jener Zeit gab es in der Gegend von Buzău etwa 40 Skiten, die auf den Gipfeln der Berge rundherum verstreut lagen. In mehreren dieser Skiten lebten auch russische, serbische und bulgarische Mönche, die vor dem Elend in ihren Ländern geflohen waren. Zuerst machte Platon im Skit von Dalhauti Halt und ging dann nach Traisteni. beide Skiten standen unter der geistigen Führung des Starez Basilius von Poiana Mărului. Die Gemeinschaft von Traisteni bestand aus etwa 20 Mönchen, zu denen noch ebenso viele Einsiedler kamen, die um das Skit herum in getrennten Zellen lebten. Hier begegnete Platon zum ersten Mal den nach den Regeln vom Berg Athos „mit großer Frömmigkeit und Eifer“ zelebrierten religiösen Ritualen. Hier
fand er die Einsamkeit, die Ruhe und die Beichtväter, nach denen er sich so lange gesehnt hatte. Es gab hier Mönche wie Raphael, „Kopist der Bücher der Heiligen Väter“, Dorotheus der Einsiedler, „dessen Wort und glanzvolle Gestalt Platon zutiefst beeindruckten“, Timotheus, „gewandt in den spirituellen Gesprächen und in der Deutung der patristischen Bücher.“14 Abt Michael war ebenfalls ein ehrwürdiger geistiger Vater, „ganz wie Starez Basilius“. Sonntags und an den Feiertagen pflegte er nach dem Mittagessen die Brüder im Garten um sich zu scharen und mit ihnen zu sprechen. Daraus zog Platon großen Nutzen.15 Starez Basilius von Poiana Mărului, „geistiger Vater aller“, besuchte den Skit Traisteni oft und sprach mit den Mönchen. Als er sich nach dem jungen Platon erkundigt, schlägt er ihm das Priestertum vor, damit er in seinem Skit zelebrieren kann. Dieser aber lehnt es ab, da ihm Dorotheus erklärt hatte, er habe noch nicht das kanonische Alter für die Priesterwürde erreicht.
Platon, der sich nach einem Leben in noch größerer Abgeschiedenheit sehnte, ging nach zwei Jahren in Traisteni in den Skit Carnul, zum Einsiedler Onuphrius.
Die Regel in diesem Skit glich derjenigen mancher Skiten auf dem Berg Athos. Nur am Sonntag und an den Feiertagen versammelten sich alle Mönche in der Kirche für die Offizien. Nach der heiligen Liturgie aßen sie gemeinsam und unterhielten sich bis zur Vesper über religiöse Themen. Abends gingen sie dann zurück in die Einsamkeit ihrer Zellen. Oft gingen Platon und seine Genossen zum Starez Onuphrius und hörten ihm zu, wenn er über das Leben in der Einsamkeit sprach. Er erklärte ihnen die geistigen und körperlichen Leidenschaften, den furchtbaren und stetigen Kampf des Geistes gegen die Dämonen. Im ganzen blieb Platon fast vier Jahre lang in der Walachei. In dieser Zeit lernte er die rumänische Sprache und erlangte eine solche Weisheit, daß ihn alle de „jungen Alten“ nannten.
Sein Biograph erzählt, daß Platon „in dieser Zeit den spirituellen Honig aus den Mündern der Väter sammelte.“ Diesen „im inneren seines Herzens sorgsam aufbewahrten Honig sollte er später mit denen teilen, die sich um ihn versammelten, um den Weg der Tugend zu erlernen.“ Dank dieser Väter „begriff er, daß der Mönch seinen Willen nur mit Hilfe echten Gehorsams, der der Demut entspringt, abtöten kann.“ Er lernte von ihnen auch, was der seelische Frieden (die Hesychia) und das Gebet des Geistes im Herzen sind. Dieses Gebet hat er nicht nur verstanden; er zog auch die Nutzen daraus, indem er es praktizierte ... „
Mit diesem Wissen ging Platon im Sommer 1746 auf den Berg Athos. Was aber bewog ihn dazu, das Land zu verlassen, in dem er alles gefunden hatte, was er suchte? Er selbst sagt, das er vor der Priesterweihe floh, die im die moldauischen Väter aufzwingen wollten. Dennoch ist anzunehmen, daß es noch mehr Gründe für seine Abreise nach Athos gab. Während seines Aufenthaltes in der Walachei hatte er allen Spirituellen Reichtum erworben, dessen er in seinem Alter fähig war. „Er hatte einen solchen Grad der spirituellen Reife erreicht, daß er nun vom Grad des Schülers zu dem des selbständigen Menschen wechseln mußte, was aber nur mittels einer neuen spirituellen Unternehmung möglich war.“ Hinzu kam noch, daß der Berg Athos sein Traum seit frühester Jugend gewesen war. In der Walachei, in der der Einfluß des Berges Athos durch den ständigen Austausch von Mönchen so stark war, nahm dieser Traum immer schärfere Konturen an. Und nun war der Zeitpunkt seiner Erfüllung gekommen. Er war 24 Jahre alt, als er sich in Begleitung eines Erzpriesters namens Tryphon und mit dem Segen der Väter vom Skit Carnul auf den Weg machte. Am 4. Juli 1460 erreichten sie die Lawra von Sankt Athanasios nach einer langen und mühevollen Reise. Einige Tage später richtete Platon seine Schritte auf das Kloster des Pantokrators, nachdem er erfahren hatte, daß die slawischen Mönche in dessen Umgebung lebten. Dort wurde er einer kleinen Einsiedelei namens Kiparis, in der Nähe eines Klosters, zugeteilt.
Schon bald begann er damit, die Mönche zu besuchen, auf der Suche nach einem Beichtvater seines Herzens. Unglücklicherweise fand er keinen, da der Berg Athos damals eine tiefe spirituelle Krise durchlief. Er mußte sich dem Schicksal beugen und alleine bleiben. „Alleine vor dem einen Gott“ begann er die großen Schlachten des eremitischen Lebens mit heiligem Eifer. „Er trug“, so berichtet sein Biograph gemäß dem Zeugnis Platons, „das Gewicht der Armut und Selbstverleugnung, des Hungers und Durstes, der Reue und Entbehrungen. Wie viel Beten und Flehen stiegen von Grunde seines Herzens auf! Wie viele Kämpfe mußte er ausfechten gegen die Empfindungen der Auflehnung, der Unreinheit oder des Stolzes, die die Seele derer belauern, die sich Gott ganz hingeben wollen! Wie viele Schlachten gegen die Nachlässigkeit und die Mutlosigkeit, die großen Gefahren derer, die in Stille und Einsamkeit leben! ... „
So lebte Platon fast vier Jahre lang in Stille und Zurückgezogenheit. Im Jahre 1750 besuchte Starez Basilius von Poiana Mărului den Berg Athos. Dort traf er seinen Schüler aus der Walachei und befragte ihn zu seinem Eremitendasein. Der ehrenwerte Starez erklärte ihm die Gefahren, die ein solcher Lebensweg (des absoluten Eremitismus) mit sich brachte, anhand der Lehren der Kirchenväter und riet ihm, zusammen mit ein paar Brüdern zu leben. Vor seiner Rückkehr in die Walachei weihte Basilius seinen Schüler zum Mönch und gab ihm den Namen Paisie. Dem Starez gehorchend, nahm Paisie einen jungen rumänischen Mönch, Bessarion, bei sich auf, der ihn „unter Tränen“ darum gebeten hatte. Während der folgenden vier Jahre, nahm er auf Bitten Bessarions im Ganzen acht Brüder auf, alle rumänischer Herkunft. Als die ersten Slawen in der paisianischen Gemeinschaft Einlaß fanden wurden die bis dahin in rumänischer Sprache gesungenen Offizien abwechselnd Rumänisch und Slawisch gesungen, „auf daß die Brüder auf diese Weise in Liebe verbunden seien und nicht gegeneinander murren.“
Paisie’ Gemeinschaft überschritt die Schwelle zu einem neuen Zeitalter, als er 1758 die Priesterweihe von Bischof Gregor Rosca erhielt. Von da an stieg die Zahl der Brüder zusehends. Der Platzmangel zwang sie dazu, in den Skit St. Elias umzuziehen. Der Ruhm und die Ehrerbietung, derer sich Paisie erfreute, waren so groß, daß Mönche vom gesamten Heiligen Berg zu ihm kamen, um die Schönheit und die Beispielhafte Ordnung der Liturgien sowie das Leben der paisianischen Gemeinschaften in Demut und Nächstenliebe zu bewundern. Sein Biograph Gregor der Lehrer hält fest, daß der Berg Athos seit undenklichen Zeiten keine solche Gemeinschaft gekannt hatte. Sogar der ehemalige Patriarch Seraphim, der im Pantokratorkloster lebte, wählte Starez Paisie zum Beichtvater.
Innerhalb dieser Gemeinschaft müssen an der Seite von Paisie noch mindestens zwei Persönlichkeiten erwähnt werden, die „mehr als nur Schüler des Starez waren.“: der Mönch Makarius „der Lehrer“ und der Erzpriester Georg, zukünftiger Abt und Starez der Klöster Cernica und Căldărusani, beide aus Transsylvanien. Archimandrit Ciprian Zaharia bemerkt, daß auf dem Berg Athos „die geistige Solidarität zwischen diesen drei Protagonisten des „Paisianismus“ der ersten Generation geschmiedet wurde: Paisie, Makarius und Georg ... „ Die drei hatten unterschiedliche Charaktere, von denen jeder einzelne seinen spezifischen, unabhängig voneinander erworbenen Beitrag zur Entstehung der Gemeinschaft lieferte. Makarius war der Experte der Gemeinschaft für Altgriechisch, welches er an der Bukarester Akademie studiert hatte. Von ihm, so berichtet der Biograph Gregor, lernte Paisie die Sprache der Väter.23 Was Georg betraf, so war er ein Schüler des griechischen Metropoliten Rosca gewesen, in der Walachei, in Konstantinopel und zuletzt auf dem Berg Athos, im Kloster Vatopedi, wohin sich dieser gegen ende seines Lebens zurückgezogen hatte.
Die stetig ansteigende Anzahl der Brüder und die materiellen Schwierigkeiten des Lebens auf dem Berg Athos veranlaßten den Starez und seine Mönche, in ein Kloster in der Moldau umzuziehen.
Paisie und seine Gemeinschaften von Dragomirna, Secu und Neamtz
Im Jahre 1736, nach 17 Jahren des Lebens auf dem Berg Athos, machten sich Paisie und seine Mönche, vierundsechzig an der Zahl, auf den Weg in Richtung Moldau. Sie erreichten den Norden des Landes (die Bukowina) und ließen sich im Kloster des „Herabsteigens des Heiligen Geistes“ in Dragomirna nieder. Dieses Kloster war ihnen von Metropolit Gabriel von Jassy zur Verfügung gestellt worden. Schnell organisierte der Starez das Klosterleben nach dem traditionellen Kanon des orthodoxen Mönchtums. Eine dem Gemeinschaftsleben angemessene Regel nach den Grundsätzen der Typika von Basilius dem Großen, Theodorus dem Studiten und Nil Sorski wurde dem Metropoliten zwecks Approbation zugesandt. Gemäß dieser Regel bildete die nach dem athonitischen Typikon gefeierte Liturgie den Mittelpunkt des geistigen Lebens im Kloster. Außerhalb der Kirche wurden die Mönche zu einem „Leben in der Gottesfurcht und der Tradition der Heiligen Väter“ angehalten, und dazu „ jeder Askese das vom Geiste im Herzen verrichtete, aus der Liebe zu Gott und der Tugend geborene Gebet vorzuziehen.“ Zusammen mit dem Gebet sollten sie sich an das Singen der Psalmen gewöhnen und an die Lektüre des Alten und Neuen Testaments, sowie der Kirchenväter gewöhnen. Ebenso wie die Regeln des traditionellen orthodoxen Mönchtums, war auch die Regel der paisianischen Gemeinschaft im wesentlichen auf zwei Grundsätzen aufgebaut: auf der persönlichen Armut und dem unbedingten Gehorsam gegenüber dem Starez. Kein Mönch durfte etwas Persönliches besitzen, alles gehörte der Gemeinschaft und der Starez kümmerte sich um jeden, gemäß dessen Bedürfnissen. Die Possesivpronomina „mein“ und „dein“ gab es nicht, notiert der Biograph. Ebenso geschah im Kloster nichts ohne den Segen des Starez.
Die Zahl der Mönche wuchs zusehends (am Ende des Aufenthaltes in Dragomirna waren es um die 350). Paisie war gezwungen, mehrere Priester zu weihen, die er als Beichtväter und Überwacher der Mönche einsetzte. „Das war“, so sagt Archimandrit Ciprian Zaharia, „der Beginn einer Mission, die über die Beziehungen eines einzelnen Mannes mit seinen Schülern hinausging und schon bald auf die laizistische Welt ausbreiten sollte. Die Geschichte des „Paisianismus“ als christlicher Strömung im 18. Jahrhundert, mit einem großen Einfluß auf die verschiedensten sozialen Schichten, beginnt in Dragomirna.“
In Dragomirna hatte Paisie mit einer Gepflogenheit begonnen, die einen großen und segensreichen Einfluß haben sollte. Während des ganzen Winters und der Heiligen Woche vereinigte er die Mönche im Refektorium und las aus den Schriften der Kirchenväter. Diesen Lesungen folgten Gespräche über deren Lehren sowie geistliche Ermahnungen. An einem Tag erfolgte diese Lektüre auf Russisch, am nächsten Tag auf Rumänisch. Der Aufenthalt der paisianischen Gemeinschaft in diesem Kloster endete, als die Bukowina dem Königreich Österreich enverleibt wurde. Am 14. Oktober 1775 ließen sich Paisie und seine Mönche in Secu nieder, auf Einladung des Abtes dieses Klosters in der Region Neamtz. Dort lebte die Gemeinschaft nach derselben Observanz wie in Dragomirna. Dennoch blieb das Problem des Platzmangels. Um diesen zu beheben, apellierte der Starez an den Fürsten Konstantin Moruzi um Hilfe zum Bau zusätzlicher Zellen. Der Fürst aber teilte der Gemeinschaft Paisie’ auf Anraten des Metropoliten Neamtz, das größte Kloster des Landes, zu, ein paar Kilometer von Secu entfernt gelegen. Angesichts der Zurückhaltung des Starez gegenüber diesem erneuten Umzug schrieb ihm der Fürst: „Wir bieten Euch dieses heilige Kloster nicht nur zur Festigung Eurer Gemeinschaft an, sondern auch damit es anderen Klöstern als Beispiel diene. Seid deshalb gehorsam und geht ruhigen Gewissens nach Neamtz.“ Daraufhin zog am 14. August 1779 der Großteil der Gemeinschaft von Secu nach Neamtz um. Nun mußte sich Paisie um zwei Klöster kümmern. In Neamtz wuchs die Gemeinschaft ziemlich schnell und Zählte schließlich 700 Mönche. Bald wurden neue Zellen und ein Hospital errichtet. Es wurden auch Maßnahmen getroffen, um die Pilger und die Armen unterzubringen und zu verpflegen. Das Kloster Neamtz war die letzte und wichtigste Etappe im Leben des Starez Paisie und seiner Gemeinschaft. Sie tat sich durch eine immense literarische Tätigkeit hervor. Es gab zwei Gruppen von Übersetzern, Kopisten und Editoren, die unter der Leitung von Paisie unermüdlich an der Revision und Übersetzung der philokalischen Schriften ins Slawische und Rumänische arbeiteten. So wurde die „Lawra von Neamtz zum Mittelpunkt und zur Fackel des orthodoxen Mönchtums und zur Schule des Hesychasmus und der spirituellen Kultur für den gesamten orthodoxen Orient.“
Die liturgische Musik war ebenfalls ein Bestandteil der Tätigkeit des Starez Paisie. In diesem Sinne richtete er in Neamtz eine Schule für harmonischen Gesang (mehrstimmigen Chorgesang) ein und war unter den Ersten, die die Neumen ins lineare System umschrieben. Er führte auch zum ersten Mal das von allen Gläubigen gesungene Glaubensbekenntnis ein.
Im Jahre 1790 wurde Paisie die Archimandritenwürde von Ambrosius, dem Bischof von Poltawa und Vertreter des Metropoliten der Moldau, verliehen. Der Name des Starez und seines Klosters waren in der gesamten Orthodoxie bekannt. Mönche, Gläubige oder kirchliche Würdenträger kamen von überall her, um ihn zu sehen oder korrespondierten zumindest mit ihm. Der Grieche Konstantin Caragea beschreibt Paisie nach einem Zusammentreffen mit ihm folgendermaßen: „Zum ersten Mal in meinem Leben ist mir die personifizierte, unverfälschte Heiligkeit begegnet. Ich war von seinem strahlenden, blassen, blutleeren Gesicht, von seinem langen und buschigen Bart, der wie Silber glänzte, von der Sauberkeit seiner Kleidung und seiner Zelle beeindruckt. Seine Sprechweise war sanft und ehrlich ... Er machte den Eindruck eines Menschen, der sich vollkommen vom Fleischlichen gelöst hatte.“ Gegen Ende seines Lebens wurde ihm auch die Gnade der Tränen gewährt. Seine Biographen schreiben auch, daß er einige Prophezeiungen gemacht haben soll.
Paisie starb am 15. November 1794, im Alter von 72 Jahren und wurde in der Kirche des Klosters beigesetzt, wo sein Grab noch heute verehrt wird. Er hinterließ zwei Gemeinschaften, in Neamtz und Secu, bestehend aus ungefähr tausend Mönchen, Rumänen, Russen, Serben, Bulgaren und Griechen.
DAS ASKETISCH - PHILOLOGISCHE SCHAFFEN DES STAREZ PAISIE UND SEINE PHILOLOGISCHE SCHULE
Im 18. Jahrhundert, vor der Publikation der Philokalia, durchlief der athonitische Monachismus eine Epoche der spirituellen Krise, eben deswegen, weil die traditionelle Lehre der „Kunst“den Geist zu läutern und zu erleuchten, damit er sich für Gott öffne, in Vergessenheit, jener „größten unter den Sünden“, geraten war. Genau dieses war aber das Ziel allen christlichen Lebens, besonders des monastischen. Zweifellos war es immer noch allgemein üblich, die Mönchsgelübde, die buchstabengetreue Befolgung der Gebote, die Feier der Liturgie und das Gebet in der Zelle zu pflegen und zu befolgen. Reichte das aber aus für einen Mönch, der seine Seele reinigen und die Erfahrung der Gegenwart Gottes in seinem Herzen machen wollte? Kann so der furchtbare, unsichtbare Kampf, der in der Seele eines Asketen und eines Christen, der das Gebot Gottes erfüllen will, unaufhörlich tobt, zu einem guten Ende geführt werden? Ganz sicher nicht! Starez Paisie war aber ein Mönch, der seit frühester Kindheit mit dem Leben in Vollkommenheit beschäftigt war, wie er es in seiner Autobiographie beschreibt. Im spirituellen Kampf, den er als Eremit auf dem Berg Athos focht, empfand er mehr denn je den Wunsch nach Führung. Die geistigen Väter waren aber damals selten auf dem Heiligen Berg und die asketischen Schriften waren derart in Vergessenheit geraten, daß die meisten noch gar nie von ihnen gehört hatten. Dieses Bedürfnis wurde noch stärker, als er selbst die Brüder in seiner Gemeinschaft führen mußte. Bessarion, dem ersten Mönch, den er in seiner Einsiedelei aufnahm, erklärte er: „...Es ist schwierig, jemanden auf Wegen zu führen, die man selbst nicht kennt. Nur der, der selbst lange Zeit gegen die Leidenschaften gekämpft hat und die Gelüste des Fleisches, die Wut, die Eitelkeit und die Habsucht mit Hilfe Christi besiegt hat und der seinem Herrn in allem in Liebe gefolgt ist, nur ein solcher Mensch kann einem Schüler alle Gebote und Tugenden Christi auf ehrliche Weise nahebringen ... Wo aber finden wir einen solchen Führer? Sie sind nicht zahlreich, besonders nicht in unserer Zeit. So bleibt uns nur ein einziger Ausweg: Tag und Nacht die Heiligen Schriften und die Schriften der Väter zu studieren, Mitbrüder und ältere Väter, die wie wir denken, um Rat zu fragen, lernen, die Gebote Gottes in die Tat umzusetzen und so zu leben, wie die Asketen von früher.“
Diese Überzeugung, die als ein Gesetz des Spirituellen Lebens aufgefaßt wurde, machte das Studium der patristischen und asketischen Texte, zusammen mit dem Bemühen um deren Übersetzung ins Slawische und Rumänische, nach und nach zu einer der wichtigsten Aktivitäten der auf dem Berg Athos im Entstehen begriffenen paisianischen Gemeinschaft.
Zu Beginn erwies sich das Unterfangen als sehr schwierig. Erstens fehlten die griechischen Originaltexte dieser Schriften und zweitens kannte Paisie diese Sprache nicht. Er begann daher mit der mühevollen Arbeit der Korrektur der mit Fehlern durchsetzten, älteren slawischen Übersetzungen, indem er mehrere Manuskripte miteinander verglich. Seine Bemühungen zeigten aber keinerlei Erfolg. In einem Brief an Archimandrit Theodosios, Abt der Einsiedelei Sofroniew in Rußland, beschreibt der Starez seine ersten Versuche so: „So habe ich denn begonnen, eigenhändig die Bücher der heiligen Hesychius von Jerusalem, Philoteos des Sinaiten und Theodor von Edessa von vier Kopien abzuschreiben, in der Hoffnung, die Manuskripte zu harmonisieren und deren Grammatik zu entziffern. Meine ganze Arbeit war aber vergebens.“
Er sah ein, daß der Mißerfolg ein Ergebnis seiner Methode war, und daß er unbedingt Altgriechisch lernen mußte, um Erfolg zu haben. Er hatte in seiner Gemeinschaft zwei rumänische Mönche, Makarius und Hilarion, „die Lehrer“, die, nachdem sie diese Sprache an der Akademie des heiligen Sabbas in Bukarest gelernt hatten und sie gut beherrschten, schon an Übersetzungen aus dem Griechischen ins Rumänische arbeiteten. So kam es, daß sich Paisie unter die Anleitung von Makarius begab, um Griechisch zu lernen. Diese Studien sollte er in Dragomirna noch vertiefen.
Um die benötigten griechischen Manuskripte zu besorgen, begannen der Starez und zwei seiner Schüler - aller Wahrscheinlichkeit nach diese zwei rumänischen Mönche - in den athonitischen Klöstern nach ihnen zu suchen. Zu ihrem großen Erstaunen fanden sie keine, außer im Skit St. Basilius, in dem Mönche aus Cäsaräa von Kappadokien lebten. Es handelte sich dabei um Bücher der Heiligen Peter Damaszenus, Antonios des Großen, Gregor von Sinai, Philoteos von Sinai, Hesychius, Diadochus von Photiki, Thalassius, Simeon des neuen Theologen, Nikephorus des Mönches und ähnlicher Schriften. Als sie den Berg Athos verließen, nahmen sie diese Bücher wie wahre Schätze mit sich.
Die genauen Ergebnisse der Korrektur dieser slawischen und rumänischen Übersetzungen, die von der paisianischen Gemeinschaft auf dem Berg Athos unternommen wurde, ist nicht genau bekannt. Später schrieb Paisie demselben Abt Theodosios, daß er als er mit den Korrekturen in Dragomirna begonnen hatte, die rumänischen Übersetzungen der Mönche Makarius und Hilarion als Vorlage benutzt habe, die teils auf dem Heiligen Berg Athos, teils in Dragomirna erstellt worden waren.
Das Interesse der paisianischen Gemeinschaft auf dem Berg Athos für die patristische Literatur muß den damaligen athonitischen Mönchen seltsam vorgekommen sein. Dennoch konnte es nur einen positiven Einfluß auf die Zukunft dieser Literatur auf dem Heiligen Berg selbst haben. Die Arbeit der paisianischen Mönche war wie ein Morgengrauen, welches die Entstehung der Philokalia von 1782 ankündigte. Die Erinnerung an Paisie und seine Mönche blieb nach ihrer Abreise übrigens äußerst lebendig. Dafür spricht die hohe Anzahl griechischer Mönche in seiner Gemeinschaft von Dragomirna und später in der von Neamtz. Sogar Makarius von Korinth, neben Nicodim dem Hagoriten Autor der griechischen Philokalia, trachtete danach, sich Paisie in der Moldau anzuschließen.
Dragomirna stellt einen neuen Abschnitt in der von Paisie und seinen Mönchen unternommenen philologischen Arbeit dar. Nur hier, unter den neuen, von diesem Kloster gebotenen Lebensbedingungen, konnte der Starez eine wahre Mönchsschule einrichten, die sich mit der Korrektur, Übersetzung und Vervielfältigung patristischer und asketischer Texte befaßte. Dabei kamen sie nicht nur einem Bedürfnis der Gemeinschaft entgegen, sondern der gesamten Nation, notiert sein Biograph Gregor zu Recht.
Ebenso wie auf dem Berg Athos sind es auch in Dragomirna die rumänischen Schüler des Starez, die unter den besten Übersetzern zu finden sind. Trotz der auf dem Berg Athos erworbenen Griechischkenntnissen und seiner ersten Übersetzungsversuchen, mangelte es Paisie immer noch an solider Erfahrung, um direkt aus dem Griechischen zu übersetzen. Seinen Schülern fiel das leicht. Deshalb orientierte er sich an deren Übersetzungen. Er selbst sagte dazu folgendes: „Wegen des Mangels an Wörterbüchern und eigener Erfahrung, habe ich für meine Arbeit die von unseren geliebten Brüdern Makarius und Hilarion dem Lehrer, beide gelehrte und auf dem Gebiet des Übersetzens erfahrene Männer, gemachten Übersetzungen der altgriechischen Bücher ins Rumänische zum Vorbild gewählt...auf diese Weise habe ich die Bücher folgender Väter übersetzt: Hesychius, Diadochus...indem ich mich wie ein Blinder entlang der Mauer an den oben erwähnten rumänischen Übersetzungen entlangetastet habe.“ Schon bald sollte er genug Erfahrung gesammelt haben, um Originaltexte direkt ins Slawische zu übersetzen.
Was die paisianische Schule in Dragomirna angeht, muß noch eine wichtige Tatsache betont werden: die Fertigstellung einer rumänischen Philokalia. Es handelt sich dabei um einen dicke Sammlung (626 Seiten) von Texten, die der Mönch Raphael im Jahre 1767 kopiert und gesammelt hatte. Unter den Texten findet man Schriften der Heiligen Simeon der Neue Theologe (z.B. die berühmte Methode des Betens, die ihm zugeschrieben wird), Ewagrius, Abt Dorotheus, Gregor von Sinai, Nil Sorski (sein Gesamtwerk), Nikephorus der Klausner, Nilius von Sinai, Basilius von Poiana Mărului, etc. Einige waren zweifellos alte rumänische Übersetzungen, andere auf dem Berg Athos gemachte Übersetzungen und andere wiederum Übersetzungen neuesten Datums. Das Leitmotiv dieser Sammlung ist das Jesusgebet, wie der Kopist unumwunden erklärt. In Dragomirna wurde also die erste, in einer vom Volk gesprochenen Sprache geschriebene Philokalia geboren.
In Secu, jenem Kloster mit alter kultureller Tradition, scheint die Aktivität der paisianischen Schule wegen des Platzmangels weniger intensiv fortgesetzt worden zu sein. Glücklicherweise dauerte der Aufenthalt in diesem Kloster nicht sehr lange. Nach vier Jahren ließ sich der Großteil der Mönche, mit Paisie an der Spitze, in Neamtz, einige Kilometer von Secu entfernt, nieder. Neamtz, ein vom König gegründetes Kloster und Zentrum des moldauischen Mönchtums, war schon immer ein Zentrum eklesiastischer Kultur und eine Brutstätte für Hirten der Kirche. Zu der Zeit, als Paisie Abt wurde, lebten im Kloster selbst nur wenige Mönche. Der Großteil hielt sich in den Skiten und Einsiedeleien in der Umgebung auf. So konnte sich die paisianische Gemeinschaft dort niederlassen und von den gebotenen Bedingungen profitieren. Dies galt insbesondere für der Bibliothek, die seit der Zeit des berühmten Mönches Gabriel und dessen Schule (Anfang des 16. Jahrhunderts) unaufhörlich mit griechischen, slawischen und rumänischen patristischen Schriften bereichert wurde. Zweifellos kam dieses der Schule Paisie’ sehr zugute. Um seine Übersetzermannschaft zu verstärken schickte Paisie zwei seiner Schüler, Gerontius (Rumäne) und Dorotheus (Russe), an die Griechische Akademie von Bukarest, damit sie dort diese Sprache studierten. Er selbst widmete sich ebenfalls immer mehr dem Übersetzen. Den Vormittag verbrachte er mit den Mönchen und gab ihnen die nötigen Ratschläge. Den Rest des Tages und einen guten Teil der Nacht widmete er sich dem Übersetzen. Die Paisianer gingen dabei wie folgt vor: zuerst stellten sie fest, welches der Manuskripte den Originaltext des Werkes auf Griechisch enthielt, da es Unterschiede zwischen den Abschriften desselben griechischen Textes geben konnte. Danach wurde eine überwiegend wörtliche Übersetzung gemacht, um die Subjektivität des Autors auszuschließen. Als Werkzeug standen den Übersetzern Wörterbücher, Grammatiken und paleographische Handbücher zur Verfügung.
Paisie übersetzte beinahe ausschließlich ins Slawische. Außer dem Buch von Nil Sorskij übersetzte er nur wenig ins Rumänische und zwar deswegen, so berichtet sein Biograph, weil es in der Gemeinschaft wenige Übersetzer für das Slawische gab, während die Übersetzer ins Rumänische zahlreicher waren. Manchmal sind die übersetzten, korrigierten oder kopierten Manuskripte signiert. Daher sind einige Mönche der paisianischen Schule wie Hilarion, Makarius, Honorius, Gerontius, Athanasios, Nathaniel der Bekenner, Paulus der Mönch, Michael der Schreiber, bekannt. Nach Professor Jatimirski sind unter den tausend Manuskripten, die zu Beginn des Jahrhunderts im Besitz der Bibliothek zu Neamtz waren und die während seiner gesamten Geschichte in verschiedenen Sprachen (Rumänisch, Griechisch, Lateinisch, Deutsch, Italienisch, Hebräisch, Arabisch, Türkisch, Syrisch, Bulgarisch, Polnisch, Französisch und Slawisch) geschrieben wurden, zweihundertsechsundsiebzig von den Mitgliedern der paisianischen Schule noch zu Lebzeiten des Starez verfaßt worden. Derselbe Professor zählt vierundvierzig vom Paisie übersetzte oder korrigierte patristische Werke auf.
Dieses immense Schaffen des Starez Paisie wurde im Jahre 1793 durch das Erscheinen der slawischen Philokalia, der Dobrotoljubie, in Petersburg gekrönt. Weitere Übersetzungen des Starez wurden in einer 1849 erschienenen Sammlung unter dem Titel Weizenähren, gesammelt zur Nahrung der Seele zusammengefaßt. Danach wurden sie in die späteren Ausgaben der russischen Philokalia aufgenommen:„Das Erscheinen der slawischen Philokalia“, bemerkt Professor G. Florowski, „ist ein Ereignis nicht nur in der Geschichte des russischen Mönchtums, sondern auch in der Geschichte der russischen Spiritualität. Die Philokalia war Ausgangspunkt und Ansporn, Rückkehr zu den Quellen, Beginn eines neuen Weges und Eröffnung neuer Horizonte.“
Von den in Neamtz ins Rumänische übersetzten Texten wurden einige in anderen Zentren des Landes (Jassy, Bukarest, Râmnic, Buzău) gedruckt,oder im Kloster selbst, nachdem es nach 1807 mit einer Druckerei ausgerüstet worden war. So erschienen die Homilien des heiligen Makarius, übersetzt vom Erzmönch Makarius, 1775 in Bukarest, die Schriften des heiligen Ephraim in drei dicken Bänden erschienen in Neamtz anno 1818, 1819 und 1923; die Heilige Leiter des heiligen Johannes Klimakus erschien ebenfalls in Neamtz im Jahre 1814, ebenso wie die Asketischen Diskurse des heiligen Isaak von Syrien (1819). Dennoch wurde der Großteil der Manuskripte nicht gedruckt. Diejenigen, die in den ersten Teil der griechischen Philokalia mit einigen Zusätzen Einlaß fanden, (wie das Gesamtwerk von Markus dem Mönch und Schriften von Maximus dem Bekenner) wurden Anfang des 19. Jahrhunderts in eine umfangreiche Sammlung von 1004 Seiten (Manuskript Nr. 1455 der Bibliothek der Akademie Rumäniens) mit dem Titel Philokalia zusammengefaßt. Was die anderen texte der griechischen Philokaliabetrifft, so zirkulierten sie als kopierte Manuskripte in mehreren Klöstern.
DIE SCHRIFTEN DES STAREZ PAISIE
Neben seiner großen Aktivität als Übersetzer patristischer Bücher schrieb Starez Basilius auch einige eigene kleine Werke. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang besonders die Briefe zum monastischen Leben im allgemeinen, oder als Antwort auf Fragen seitens der Mönche oder auch Laien. Diese Schriften sind von seiner außerordentlichen Persönlichkeit geprägt; aus ihnen sprechen die Vorzüge und Tugenden eines echten „Starez“, geistlichen Vaters, eines Charismatikers, der stets um das Heil seiner zahlreichen Schüler in der Moldau, in Rußland oder sogar in Griechenland besorgt ist. Das persönliche Werk von Paisie reiht sich in den großen Strom der spirituellen Tradition des Mönchtums ein. Es fügt eigentlich keine neuen Elemente hinzu, sondern erweckt eher die Lehren der älteren und neueren Väter wie Nil Sorski oder Starez Basilius von Poiana Mărului wieder zum Leben. Dies gilt vor allem bezüglich der Wege des monastischen Lebens und des Jesusgebets.
Die Beliebtheit, derer sich dieses Werk erfreut haben muß, kann anhand der Anzahl der slawischen und rumänischen Abschriften, die wir kennen, vor allem nach der Veröffentlichung seiner wichtigsten Schriften in seiner Vita (erschienen im Kloster Optino im Jahre 1847 und anderenorts), ermessen werden. Im folgenden soll anhand von Beispielen kurz analysiert werden, was er zu zwei traditionellen Themen, den Wegen des monastischen Lebens und dem Jesusgebet, schrieb.
Die Wege des monastischen Lebens
Zu diesem Punkt schildert Paisie die drei Wege, nach denen man gemäß der traditionellen Lehre ein monastisches Leben führen kann: in absoluter Einsamkeit, in Gesellschaft zweier oder dreier Mönche oder in der Gemeinschaft. Dem Leben in der Einsamkeit ist die vollkommene Zurückgezogenheit eigen, „mit der Absicht, in allem, was mit dem Seelenheil zusammenhängt allein auf Gott zu vertrauen.“ Die einzige Hoffnung, die einzige Stütze und Hilfe des Anachoreten ist einzig und allein Gott. Das ist der Weg aller, die sich von allen Bindungen der Leidenschaften gelöst haben und auf dem Pfade der Vollkommenheit wandeln. Er ist den „Tapferen und Vollkommenen“vorbehalten, denen „die gerufen sind, einsam zu wachen und gegen die Dämonen jenes Schwert zu ziehen, welches das Wort Gottes ist“... „Wer immer sich auf diesem Weg zu weit nach vorne wagt und zu früh in die Wüste aufbricht, erntet die Spreu statt den Weizen. Anstelle der Rettung wird er des Verderbens teilhaftig.“ Das gemeinschaftliche Leben zusammen mit einem oder zwei Mönchen unter der Leitung eines Starez ist der „Königsweg“des Mönchtums. Er eignet sich vornehmlich für die Novizen, „weil er nicht sonderlich schwierig ist und wenig Geduld erfordert.“
Was das zenobytische Leben angeht, ist es ein „Paradies auf Erden“, ein „vom Heiligen Geist gesteuertes Schiff, welches diejenigen, die sich ihm anvertrauen, sicher in den Hafen des Himmelreiches bringt...“48 Die für ein solches Leben notwendigen Tugenden sind vor allem Gehorsam und Unterwerfung, Armut und vollkommene Bedürfnislosigkeit. „In den großen Gemeinschaften muß man seinen Willen nicht nur dem des geistigen Vaters unterordnen, sondern sich auch der Gemeinschaft als Ganzem unterwerfen und alles auf sich nehmen, Widersprüche, Rücksichtslosigkeiten, Beleidigungen und Versuchungen aller Art. Wichtig ist es, niemals zu vergessen, daß man nur Asche und Staub ist und daß man sich in den Dienst aller stellt, wie ein Sklave, im Geiste der Selbstverleugnung und der Ehrfurcht vor Gott.“
Paisie beendet seinen Brief mit einigen Hinweisen auf sein Noviziat und sein Leben als Mönch und auf die Gemeinschaft von Dragomirna, von der aus er im Jahre 1766 schrieb.
Die „spirituelle Aktivität“
Die Lehren von Starez Basilius zur „spirituellen Aktivität“oder dem Jesusgebet finden sich vornehmlich in zwei Apologien, die er zu diesem Thema schrieb. Während mehrerer Abschnitte seines Lebens mußte er diese Art des Gebets gegen einige Gegner verteidigen, die zwar klein an der Zahl waren, aber dennoch einigen Mönchen ihrer Gemeinschaften keinen geringen Schaden zufügten. Schon seit seinem Aufenthalt im Skit St. Elias auf dem Heiligen Berg nahm er in dieser Hinsicht eine entschiedene Haltung gegen Athanasios, den moldauischen Abt des benachbarten Skites Kavsokalyvia, ein. Wegen der Arbeiten zur Erweiterung der Zellen hatte Paisie einen Teil der Offizien durch das Jesusgebet ersetzt. Athanasios, der Paisie’ „Reformen“nicht wohlgesonnen war, nahm dies zum Anlaß, ihm seine „Fehler“vorzuwerfen: falsche Deutung der Schriften des heiligen Gregor von Sinai, zu großes Vertrauen zu den griechischen Manuskripten, Substituierung der Offizien durch das Jesusgebet. Zum Schluß rät der Abt Paisie dies alles zu bereuen und sich nicht von den Regeln des Heiligen Berges zu entfernen!!! Paisie zögerte nicht mit der Antwort in Form eines aus vierzehn Kapiteln bestehenden Briefes, in dem er sich zu seiner Rechtfertigung auf die Zeugnisse der Heiligen Väter beruft.
In Dragomirna mußte er sich auch eines gewissen „Mönches und Philosophen“aus den Moschenskibergen erwehren, der dieses heilige Gebet verfluchte. Jener Mönch hatte einen derartigen Einfluß auf bestimmte „schwächere“Brüder erlangt, daß es diese sogar wagten, die Bücher der Heiligen zum Jesusgebet in den Fluß Tjasmin (Ukraine) zu werfen. So entstanden die sechs Kapitel zum Gebet des Herzens. Gegen Ende seines Lebens (1793) schrieb Paisie eine weitere Apologie zum Jesusgebet, gegen den Mönch Theopemptus aus der Einsiedelei Poiana Voronei. Der Starez erklärt den Mönchen jener Einsiedelei, daß die Blasphemien auf moldauischem Boden gegen das Jesusgebet vom „Philosophenmönch“aus der Ukraine kämen und beschwört sie, einen göttlichen Eifer und unerschütterliches Vertrauen in die Bücher, die die Heiligen Väter zu diesem Thema geschrieben haben, an den Tag zu legen. Die Apologie schildert die traditionelle Lehre über das Jesusgebet und führt das Zeugnis von 35 Vätern an.
In den Sechs Kapiteln zum Gebet des Herzens schildert der Starez die biblischen und patristischen Grundlagen des Jesusgebets auf systematische Art und Weise. Er beschreibt die Vorbereitung, die sie von denjenigen erfordert, die es unaufhörlich in ihrem Herzen bewahren möchten, sowie die Auswirkungen, die es auf sie hat. Er zeigt auf, daß die vollkommene Unkenntnis der Schriften und der asketischen Schriften dazu führt, gegen dieses Gebet zu sein. Jene Schriften „eignen sich besser als alle anderen, in den Klöstern gelesen zu werden“, da sie die ganze Bedeutung dessen enthalten, was das Leben nach dem Evangelium ausmacht. Sie „sind auch notwendig für das Seelenheil der Mönche und dafür, daß sie eine wahren, aufrechten und demütigen Verstand erwerben, welcher für das physische Leben wie die Luft zum Atmen ist.“ Anhand der Lehre der Väter stellt der Starez das Gebet des Herzens als eine „spirituelle Kunst“dar und unterstreicht die Notwendigkeit der Führung durch eine erfahrene Person. Diese göttliche Aktivität des Geistes heißt deswegen „spirituelle Kunst“, weil man, wie bei jeder Art von Kunst, einen kundigen Lehrer braucht, um Erfolg zu haben. Wenn auch die Regel des Gebetes der Kirche nach dem Typikon von jedermann ohne besondere Initiation befolgt werden kann und muß, so „ist es unmöglich, Gott das mystische Opfer des Gebetes des Geistes im Herzen ohne Belehrung darzubringen.“ Da das spirituelle Gebet „größer ist als alle anderen monastischen Verrichtungen“und „der Gipfel der Läuterung ist, die Quelle der Tugend und die unsichtbarste aller Arbeiten in den Tiefen des Herzens“, mißgönnt es uns der Feind unseres Heils mehr als jede andere Tätigkeit. Nur durch die totale Aufgabe des eigenen Willens und Denkens und die Unterwerfung unter einen erfahrenen geistigen Vater kann man dessen Fallen entgehen. Falls man keinen Lehrer des Gebetes findet, kann er durch ein aufmerksames und demütiges Studium der Schriften und der Väter ersetzt werden.
Derjenige, der sich der Tätigkeit des Geistes widmet, muß auch die Lehren der Väter bezüglich der verschiedenen Abstufungen des Jesusgebets kennen. Ihrer Meinung nach gibt es ein für Anfänger geeignetes „Jesusgebet“, welches dem aktiven Leben entspricht, und ein anderes für die Vollkommenen, welches dem kontemplativen Leben entspricht. Ersteres wird von der Beachtung der Heiligen Gebote begleitet: Fasten, Wachen, Prosternation, Tränen, Gedenken des Todes, etc. ... . Dies ist ein „aktives Gebet“, welches Anstrengung vom Betenden erfordert. Sobald die Seele des Menschen von den Leidenschaften mittels aller dieser in tiefster Demut vollzogenen asketischen Bemühungen geläutert ist, erlangt sie die Würde, die Gnade Gottes zu empfangen. Dann „ergreift die Gnade, die gemeinsame Mutter aller Wesen, die gereinigte Seele und führt sie, je nach Reinigungsgrad, stufenweise zu spirituellen Visionen und offenbart ihr unaussprechliche, göttliche Geheimnisse, zu denen der Verstand keinen Zugang hat.“ Dies ist das Stadium des „visionären Gebets“oder des „reinen Gebets“, wie es Isaak von Syrien beschreibt, „aus dem die Vision und eine mit Bewunderung gemischte Angst entsteht.“ Die, die das Stadium der Kontemplation aus eigener Kraft erreichen wollen, werden der Enttäuschung anheim fallen, denn das reine Gebet ist einzig und allein eine Gabe Gottes.
Ebenso wie bei der körperlichen Arbeit muß auch beim Gebet jeder immer und überall sein Maß beachten. Und dieses so lange, bis sich das Herz von jedem schlechten Gefühl und der Verstand von jedem bösen Gedanken befreit hat. Es ist dies das Maß des Menschen, der noch nicht durch die Gnade Gottes geboren wurde. In mehreren seiner Schriften erinnert Starez Paisie daran, daß die Aktivität des Verstandes als „spirituelle Kunst“nicht jedermann liegt; sie ist eine den Mönchen eigene Tätigkeit. Ihre besondere Aufgabe, die die der gemeinen Menschen übersteigt, ist genau „die Wachsamkeit des Verstandes und des Geistes gemäß des inneren Menschen.“ In seinem zweiten Brief an Starez Theodosios ist Paisie sehr kategorisch was diesen Punkt betrifft: „Die Schriften der Väter, besonders die, die absoluten Gehorsam, Wachsamkeit des Verstandes und Hesychia, Aufmerksamkeit und mentales Gebet (d. h. das des Verstandes im Herzen) lehren, eignen sich nur für den Mönchsstand und nicht für alle orthodoxen Christen.“ Diese Ansicht beruht auf der Tatsache, daß „das Prinzip und unerschütterliche Fundament“der Tätigkeit des Verstandes „der wahre Gehorsam“ist, dem die „wahre Demut“entstammt. Die Demut schützt wiederum vor allen Illusionen, die diejenigen in die Irre leiten, die sich zu Herren über sich selbst ernannt haben. Für weltliche Menschen, die ohne Gehorsam leben und sich nach ihrem eigenen Willen richten, ist eine Annäherung an dieses Gebet unmöglich. Sollten sie es dennoch versuchen, werden sie Opfer einer Täuschung werden.Wenn Starez Paisie so entschieden behauptet, daß es den weltlichen Menschen unmöglich sei, das Jesusgebet ohne Anleitung eines erfahrenen geistigen Vaters zu praktizieren, dann deswegen, weil er die Gefahr erkannt hatte, die die Veröffentlichung der asketischen Werke, wie sie soeben erfolgt war, für diese Leute bedeuten konnte. Sie liefen Gefahr es zu praktizieren, nur um seine wunderbaren Wirkungen zu genießen.
DER „PAISIANISMUS“ IN DEN RUMÄNISCHEN LÄNDERN
Sofort nach dem Tode von Starez Paisie förderten seine Schüler das Andenken an ihren Meister nicht nur durch das Gebet (ihm zu Ehren wurde sogar eine Messe geschrieben), sondern auch dadurch, daß sie den Namen „Paisianer“ annahmen oder ihre Gemeinschaft „paisianisch“nannten. Spätere moderne Werke sprachen im Falle von Starez Paisie und dessen Zeitalter von „Paisianismus“oder von der „paisianischen Bewegung“. Wofür stehen diese Begriffe genau, und welches sind die Charakteristika des „Paisianismus“, die ihn von den anderen geistigen Bewegungen unterscheiden? Die Antwort auf diese Frage ist gar nicht schwierig, nun da wir das Werk von Starez Paisie untersucht haben. Dieses Werk kann in einige Hauptpunkte zusammengefaßt werden: zenobytische Organisation des monastischen Lebens, Renaissance des hesychastischen Geistes und dessen Einführung in das Gemeinschaftsleben, Studium der Bibel und der patristischen Schriften, vereint mit dem Bemühen um das Übersetzen der philokalischen Literatur.
Paisie war kein Reformator im eigentlichen Sinn des Wortes. Er war ein Erneuerer des Monachismus auf dessen traditionellem Fundament, und er brillierte vor allem in der Synthese. Seine großen Gemeinschaften und seine Apologie für den Zenobytismus beweisen seine Überzeugung, daß sich der Einzelne außerhalb der Gemeinschaft, in der jeder seine eigene Spiritualität einbringt und im Gleichgewicht der Vernunft und Demut bleibt, nicht verwirklichen kann. Dies sind die wichtigsten Tugenden. Nur sie können die echte Kommunion und die Liebe unter den Menschen herstellen. Darüber hinaus „versöhnt“Paisie die „zwei Spiritualitäten“, die zenobytische und die hesychastische indem er den hesychastischen Geist in der Gemeinschaft wieder zum Leben erweckt. Die beiden Arten der Spiritualität werden übrigens nur dann voneinander getrennt, wenn man den Kernpunkt des Monachismus vergißt. Auch dafür legt die Geschichte Zeugnis ab. Der heilige Simeon der Neue Theologe und der heilige Gregor Sinaitsind vielleicht die bekanntesten und vielsagendsten Beispiele dafür.
Was nun die Notwendigkeit des Studiums der Bibel und der asketischen Schriften angeht, ist sie nicht während der ganzen Geschichte des Mönchtums stets betont worden? Paisie war ebenfalls überzeugt, daß es keine Askese ohne asketische Kultur geben kann. Dann verwundert es nicht, bemerkt Vater Ciprian Zaharia, daß selbst in den Titeln moderner Studien zu Paisie - angefangen mit der des griechischen Professors A. Tachios - Askese mit philologischem Werk assoziiert wird. der Paisianismus ist nichts anderes als die Strömung, die dieses außergewöhnliche Werk spiritueller Erneuerung, dessen Initiator und Seele Starez Paisie Welitschkowski war, fortsetzen wollte.
Seine Bewegung hatte in Rußland und Rumänien Erfolg, wobei ihr jedes Land eine eigene Note verlieh. Kurz nach Paisie’ Tod umfaßte die Bewegung in Rußland Dutzende von Klöster, durch die Wiedergeburt der „starchestwo“(der Institution des Starez), mit den bekannten Folgen für das russische Volk und dessen Intelligentia. In Rumänien rief sie, wie wir im folgenden noch sehen werden, eine zenobytische Erneuerung hervor und, dank solcher Kirchenführern wie Benjamin Costachi, Metropolit der Moldau oder Gregor dem Lehrer aus der Walachei, „triumphierte sie auch in der bischöflichen Organisation der Kirche ... und auch in der eklesiastischen Literatur der Rumänen“, wie N. Iorga behauptet.
Text aus: Metropolit Serafim - Hesychasmus, Rumänische Tradition und Kultur
http://www.mitropolia-ro.de/
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