Samstag, 28. Dezember 2013

Abbas Agathon und seine große Liebe

Viele Geschichten erzählen sich die Väter über Abbas (Vater) Agathon  und über die große Liebe, die er im Herzen trug für seine Mitmenschen. 
Einmal ging er hinunter in die Stadt, um seine Körbe zu verkaufen. Dort stolperte er über einen unglückseligen Menschen, der auf der Straße lag, fremd und krank; keiner der Passanten hatte bis zu diesem Zeitpunkt daran gedacht, ihm zu helfen. 
Der Selige hob ihn von der Straße auf, pflegte ihn und mit dem Geld, das er vom Verkauf seiner Körbe bekam, mietete ihm ein Zimmer und brachte ihn dorthin. Man sagt sich, dass er überdies lange in seiner Nähe blieb und ihn pflegte, während er gleichzeitig arbeitete, um das Notwendigste zum Leben erstehen zu können. Als der Fremde vollkommen gesund wurde und in seine Heimat zurückkehren konnte, kehrte auch Abbas Agathon in seine geliebte Stille zurück. 

Ein anderes Mal wiederum, als er in die Stadt ging, um seine Handarbeit zu vergeben und sein wenig Brot zu erstehen, traf er nahe des Marktes auf einen alten, lahmen Mann. 
- Abbas, für die Liebe Gottes, rief er flehend, als er den Seligen erblickte, lass mich nicht auch hilflos stehen, den Unglücklichen, nimm mich mit dir mit. 
Abbas setzte ihn neben sich, dort, wo er seine Körbe ausbreitete, um sie zu verkaufen.

- Wie viel Geld hast du bekommen, Abbas?, fragte ihn der Alte jedes Mal, als er einen Korb verkaufte. 
- Soviel, sagte der Selige. 
- Das ist gutes Geld. Kaufst du mir vielleicht ein kleines Pitabrot, Abbas? Einfach nur, damit du Gutes siehst, ich habe seit gestern Abend nichts gegessen. 
- Mit Freude, sagte der Selige und erfüllte sofort seinen Wunsch.
Nach kurzer Zeit fragte er ihn nach Früchten, dann nach einem Nachtisch. So kam es, dass er jedes Mal, wenn ein Korb verkauft wurde, das Geld ausgab für seinen Schützling, bis all seine Körbe und all sein Geld fort waren, ohne dass zumindest zwei Münzen für ihn selbst übriggeblieben wären. Aber das Wichtigste dabei war, dass er dies alles mit großer Bereitwilligkeit tat, obwohl er wusste, dass er jetzt mindestens eine Woche ohne Brot auskommen musste. 

Als er auch seinen letzten Korb verkauft hatte, wollte er den Markt verlassen.
- Gehst du nun?, fragte ihn der Lahme.
- Ja, meine Arbeit ist getan.
- Komm, dann mach Liebe (der Ausdruck wird von Mönchen benutzt und heißt soviel wie: für die Liebe Gottes etwas Gutes für jem. tun) und bring mich doch bis zur Kreuzung, von da aus kannst du in die Wüste hinausgehen, bettelte der sonderbare Alte. 
Der überaus gütige Agathon lud ihn auf seinen Rücken und beförderte ihn dorthin mit großer Mühe, denn er war sehr erschöpft von der Arbeit dieses Tages.
Als sie auf der Kreuzung ankamen und Agathon seine lebendige Last abladen wollte, hörte er eine süße Stimme, die zu ihm sagte: 
-Gesegnet bist du, Agathon, von Gott, auf Erden und im Himmel. 
Der Selige erhob seine Augen, um zu sehen, wer zu ihm sprach. Der angebliche Alte war verschwunden, weil er ein Engel Gottes gewesen war, der geschickt worden war, um die Liebe des Seligen zu prüfen.

Aus dem Gerontikon, übersetzt aus dem Griechischen

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