Donnerstag, 26. Dezember 2013

Notwendigkeit der Demut- hl. Siluan der Athonit

Groß ist die Liebe, mit der Gott uns liebt. Ich habe es erfahren im Heiligen Geist, Den der Herr mir aus reinem Erbarmen geschenkt hat. Ich bin ein alter Mann und bereite mich vor auf den Hingang, und ich schreibe die Wahrheit aus Liebe zu den Menschen. 
Der Geist Christi, Den der Herr mir geschenkt hat, will das Heil aller. Er will, dass alle Gott erkennen. 
Der Herr hat dem Schächer das Paradies geschenkt. Desgleichen wird Er es jedem Sünder schenken, der umkehrt zu Ihm. Durch meine Sünden bin ich schlimmer als ein räudiger Hund, doch ich begann Gott zu bitten, sie mir zu vergeben, und Er hat mir nicht nur die Vergebung geschenkt, sondern auch den Heiligen Geist. Und im Heiligen Geist habe ich Gott erkannt.Der Heilige Geist ist Liebe. Diese Liebe ist ausgegossen in die Seelen aller Heiligen, die im Himmel wohnen, und derselbe Heilige Geist lebt auf Erden in den Seelen jener, die Gott lieben. 
O Liebe des Herrn! Es fehlt mir die Kraft, sie zu beschreiben, denn sie ist eine unendliche  und wunderbare Tiefe.
Meine Seele schmachtet auf Erden und sehnt sich nach dem Leben im Himmel. 
Der Herr kam herab auf die Erde, um  uns dorthin zu erheben, wo Er ist, wo auch seine Allreine Mutter ist, die Ihm diente auf Erden um unserer Rettung willen, wo Seine Jünger sind und alle, die Ihm gefolgt sind. Dorthin ruft uns der Herr, trotz unserer Sünden. 
Dort werden wir die heiligen Apostel sehen, die verherrlicht wurden, weil sie das Evangelium verkündet haben. Auch die heiligen Propheten, die heiligen Bischöfe und Lehrer der Kirche werden wir dort sehen, die gottgeweihten Mönche, die im Fasten kämpften, um die Demut zu erlangen. Dort sind die Narren um Christi willen, verherrlicht auch sie, denn sie haben die Welt besiegt. 
Dort werden all jene verherrlicht, die sich selbst besiegt haben, die beten für die ganze Welt und das Leiden der Welt tragen, denn sie sind erfüllt  von der Liebe Christi, und die Liebe erträgt es nicht, dass auch nur eine einzige Seele verlorengeht.
Dort ist es, wo meine Seele wohnen will. Doch nichts Unreines kommt dort hinein. Nur durch große Leiden gelangt einer dorthin, mit zerbrochenem Geist (Ps 50,19) und vielen Tränen. Nur die kleinen Kinder, die die Gnade der Heiligen Taufe bewahrt haben, kommen ohne Schmerzen hinein, und dort erkennen sie, durch den Heiligen Geist, den Herrn. 
Wunderbar sind die Werke des Herrn  -aus Erde hat Erden Menschen geformt, dem Staub Sich zu erkennen gegeben durch den Heiligen Geist, sodass der Mensch sagt: "Mein Herr und mein Gott!" (Joh 20,28). Und er sagt dies voller Glauben und Liebe.Gibt es etwas Größeres, das die Seele auf Erden suchen könnte?Es ist ein großes Wunder: plötzlich erkennt die Seele ihren Schöpfer und Seine Liebe.Wenn die Seele den Herrn sieht, wenn sie sieht, wie sanft und demütig Er ist, demütigt sie sich bis ins Letzte und begehrt mehr als alles andere die Demut Christi. Solang eine solche Seele auf Erden lebt, wird sie nicht aufhören, diese unergründliche Demut, die sie nicht vergessen kann, zu begehren und zu suchen. 
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Erbarmender Herr, gib Deine Gnade allen Völkern der Erde, damit sie Dich erkennen, denn ohne Deinen Heiligen Geist, vermag der Mensch Deine Liebe weder zu erkennen noch zu begreifen. Herr, sende Deinen Heiligen Geist herab auf uns, denn Dich und das Deinige kann man nur erkennen im Heiligen Geist, Den Du am Anfang Adam schenktest, danach den heiligen Propheten und danach den Christen. 
Herr, bring alle Völker zur Erkenntnis Deiner Liebe und der Sanftheit des Heiligen Geistes, damit die Menschen den Schmerz der Erde vergessen, damit sie sich lösen von allem Bösen und sich an Dich binden in Liebe, damit sie in Frieden leben können, indem sie Deinen  heiligen Willen tun zu Deiner Ehre. 
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Der Heilige Geist hat unserer Kirche die Mysterien Gottes offenbart, und sie ist stark kraft ihres heiligen Wissens und ihrer Geduld. 
Die Seele des Orthodoxen wird gelenkt durch die Gnade, die sie lehrt, sich fest an den Herrn und Seine Allreine Mutter zu binden, und unser Geist erfreut sich an der Anschauung Gottes, Den er kennt. 
Gott wird wirklich erkannt nur im Heiligen Geist, und der Mensch, der sich in seinem Hochmut anheischig macht, den Schöpfer durch seine eigene Intelligenz zu erkennen, ist blind und töricht. 
Durch unsere eigene Intelligenz vermögen wir nicht einmal zu begreifen, wie die Sonne erschaffen wurde. Bitten wir aber Gott darum, uns zu offenbaren, wie Er die Sonne gemacht hat, empfangen wir in unserer Seele klar diese Antwort: "Demütige dich, und du wirst nicht nur die Sonne erkennen, sondern auch ihren Schöpfer."
Doch wenn die Seele ihren Schöpfer erkennt, vergißt sie vor Freude die Sonne und jede andere Kreatur, und wendet sich ab von ihren Bemühungen um irdisches Wissen.
Der demütigen Seele offenbart der Herr Seine Geheimnisse (s. Jak 4,6 / 1 Petr 5,5 / Spr 3,34). 
Ihr ganzes Leben lang haben die Heiligen sich selbst gedemütigt und gegen den Hochmut gekämpft. 
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Der Herr liebt den Menschen, und Seine Gnade wird in der Kirche verbleiben bis zur Zeit des Letzten Gerichts, in derselben Weise, wie sie in ihr war in den vergangenen Jahrhunderten. 
Durch den Heiligen Geist wird der Herr erkannt, und im Heiligen Geist wird Gott geliebt. Ohne den Heiligen Geist aber ist der Mensch nichts als Staub und Sünde. Die Gnade des Heiligen Geistes macht den Menschen schon hienieden zum Ebenbild unseres Herrn Jesus Christus. Doch der Mensch, der sich nicht abwendet von der Sünde und nicht glaubt, wird zum Ebenbild des Widersachers.
Wie sanft und demütig ist der Herr! Wenn du Ihn sähest, wäre deine Freude so groß, dass du Ihm sagen möchtest: "Herr, ich zerfließe vor Deiner Gnade". Doch in jenem Augenblick wärst du außerstand, auch nur ein einziges Wort hervorzubringen, denn deine Seele wäre verwandelt durch das Überfließen des Heiligen Geistes. So erging es auch dem heiligen Seraphim von Sarow -als er den Herrn sah, vermochte er nichts zu sagen.
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Der Herr gebietet uns, Ihn zu lieben aus ganzem Herzen und ganzer Seele (Mt 22,37 / Deut 6,5). Doch wie können wir Den lieben, Den wir nie gesehen haben, und wie können wir jene Liebe erlernen? Der Herr wird erkannt an Seinem Wirken in der Seele. Wenn der Herr eine Seele besucht, weiß sie, dass der Geliebte Gast gekommen und wieder gegangen ist. Dann verlangt die Seele nach Ihm und sucht Ihn unter Tränen: "Wo bist Du, mein Licht, wo bist Du, meine Freude? Dein Besuch hat einen Duft hinterlassen in meiner Seele, doch Du Selbst, Du bist nicht in ihr. Meine Seele sehnt sich nach Dir, und mein Herz ist niedergeschlagen und leidet. Nichts mehr vermag mich zu erfreuen, denn ich habe  mich versündigt gegen den Herrn, und Er hat Sich verborgen vor mir."
Wären wir einfach wie kleine Kinder, würde der Herr uns das Paradies zeigen, und wir würden Ihn sehen in der Herrlichkeit der Cherubim, der Seraphim, aller himmlischen Mächte und der Heiligen. Doch wir sind nicht demütig, und deshalb quälen wir uns selbst und unsere Mitmenschen. 
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Die wahren Altväter sind demütig, so wie Christus. Durch ihre Lebensweise geben sie uns ein lebendiges Beispiel. Sie haben den Frieden gefunden, und  wie der Baum des Lebens im Paradies ernähren sie viele Menschen mit ihren Früchten, den Früchten jenes Friedens. 
Der Baum des Lebens in der Mitte des Paradieses ist Christus. Jetzt ist Er allen zugänglich. 
Die ganze Welt kann von Ihm ernährt und mit dem Heiligen Geist erfüllt werden.

Auszug aus: Nur im Heiligen Geist wird Gott erkannt- hl Siluan Athonit, Übersetzung Prodromos Verlag

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