Dienstag, 3. Dezember 2013

Der selige Narr Prokop aus Lübeck und Ustjug - Ambrosius Backhaus (23.08.1923 – 03.04.2005)

Die Hansekapitäne und Hansekaufleute waren in allen Ländern um die Ostsee und die Nordsee zu Hause.


Novgorod war schon früh ein Ziel der Koggen aus Schweden und Lübeck; 1190 wird der erste Vertrag mit dem Fürsten Jaroslav abgeschlossen, um 1200 die Kirche St. Peter gebaut und bald ein Kontorhaus errichtet.
Wenige Jahre danach brach ein junger Lübecker Kaufmann mit drei Koggen nach Novgorod auf. Heute sehen wir noch eine dieser Koggen im Lübecker Hafen. Farbig wehte die Flagge am Heck und der Wind wölbte die großen, weißen Segel.


Wohl schon als Junge war er mit den Schiffen seines Vaters nach Osten gefahren, nun aber führte er selbst die Schiffe über das Meer, und der Abschied war herzlich und die ganze Familie war in Lübeck im Patrizierhaus mit dem Giebel der Hansestädte versammelt. Noch ahnte niemand, daß es ein Abschied fürs Leben war. Die Hansekaufleute kannten keine Trennung der einen Kirche des Herrn Jesus Christus, und so besuchte der junge Kaufherr gerne die orthodoxe Kirche am großen Platz in Novgorod. Hier traf er den heiligen Varlaam (gestorben 1192). Das Leben des heiligen Varlaam und manche Gespräche erfüllten sein Herz mit der Liebe zu Christus und dem in ihm wachsenden Verlangen Christus nachzufolgen. Jahre später hörte der junge Mann, als das Evangelium gesungen wurde, die Worte des Herrn, als ob sie ganz nur für ihn gesprochen wurden:Verkaufe alles, was du hast, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach! (Lukas 18,22)

Alles verkaufte er und verteilte alles, was ihm blieb, an die Armen. Vom Platz in der Mitte der Stadt, auf dem er sich von allem Besitz getrennt hatte, kehrte er in die Kirche zurück und bat, als Mönch aufgenommen zu werden.
Das strenge Leben und die Entbehrungen im Kloster schienen ihm leicht, war er doch von ganzem Herzen glücklich, allein dem HERRN nachzufolgen.
Nach einer demütigen Zeit im Kloster im langen Gewande des Mönches bat er den Abt, daß er auch die Geborgenheit des Klosters verlassen dürfe, um ganz allein, als Narr in Christo, durch das weite russische Land zu ziehen.
Er trug drei schwere Eisenstäbe, wie sie damals die Schornsteinfeger zum Reinigen der Kamine benutzten, denn er wollte etwas auf seinen Schultern fühlen und immer daran denken:
Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. (Markus 8,34)
So wanderte er betend und fastend nach Osten. Das Gebet: „Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme DICH über mich Sünder.“ tönte unablässig in seinem Herzen. So kam er nach Ustjug.
Er suchte keine Herberge und betete zwischen den Bäumen an einem kleinen Bach, dem Flüßchen Suchona, nicht fern von der Stadt.
Wenn er leise betend durch die Stadt ging, sagte er jedem, den er traf: „Kehrt euch um zu Christus! Tut Buße! Das Himmelreich ist nahe!“ Oft hörten die Menschen der Stadt diese Worte unwillig und ärgerten sich, daß dieser Deutsche, dem man das Fasten ansah, sie immer wieder zu Christus rief; meinten sie doch, erst einmal wichtigere Dinge erledigen zu müssen.
So öffnete in einem sehr kalten Winter niemand dem Narren, der den Namen eines griechischen Narren aus Griechenland, PROKOP, trug, seine Tür. Den Tod durch den tödlichen Frost erwartend ging er mit schwachen Schritten zur Kirche und hob betend seine Hände.
Da erfüllt ihn eine milde Wärme mitten im Winter, und er spürte die Liebe Christi mitten im Schnee, die ihn im Winter wärmend umhüllte.
Der Sommer kam spät mit vielen Blumen, und Prokop spürte im Geiste, daß ein riesiger Meteor auf die Stadt zuflog. Er kniete nieder zum Gebet an dem kleinen Flüßchen, das ihm schon vertraut war, und betete demütig und ohne Unterlaß. Dunkle Wolken zogen sich am Himmel zusammen, und Prokop eilte in die Stadt, die Bewohner zum Gebet und zum Fasten zu rufen. Als der Himmel immer drohender aussah, begannen alle in der Stadt mit ihm zu beten und zu fasten, Menschen und Tiere, wie in Ninive. (Jona 3, 5-8)
Der Herr erbarmte sich über die Stadt, wie ER sich über Ninive erbarmt hatte (Jona 3,10), und der Meteor schlug fast dreißig Kilometer entfernt in der Einöde auf die Erde. Den riesigen Krater sieht man noch heute.

Zur gleichen Zeit floß duftendes Öl aus der Ikone der Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria, vor der alle mit Prokop gebetet hatten.

„Solche Art fährt nur aus durch Beten und Fasten (Matthäus 17, 21)“, hatte der Herr Seinen Jüngern gesagt. So blieb Prokop ständig im Gebet und in der Fürbitte für die Menschen, die Tiere und die ganze Stadt. Seine Demut trug Frucht und die Menschen begannen, auf ihn zu hören.
Als Prokop einmal durch die Straßen ging, sah er ein kleines Mädchen. Maria. Und mit einmal erkannte er in seinem Herzen, daß dieses Mädchen die Mutter eines großen Heiligen, des heiligen Stephan, Bischof von Perm, werden würde. Mitten auf der Straße fiel er zum Erstaunen aller, die das sahen, vor dem Kind auf die Knie. Zur Zeit des Kniefalles gab es in Perm keine Christen, keine Kirche und keinen Bischof. Erst Jahrzehnte später, als Perm Bischofssitz geworden war, erinnerten sich viele daran und verstanden nun den törichten Kniefall des seligen Prokop auf der Straße der Stadt.

Als Prokop fühlte, daß sein Tod bevorstand, betete er und beichtete im Kloster der allheiligen Gottesgebärerin und des Erzengels Michael und verabschiedete sich von seinen Freunden, betete mit ihnen und segnete sie.

Nahe der Kirche des heiligen Erzengels Michael bei einer Brücke legte er sich nieder und wartete geduldig und voller Freude, bis der Herr ihn in die ewige Herrlichkeit rief: am 8. Juli 1303 (21. Juli neuen Stiles)

Unter einer Schneewehe verborgen lag der Leib drei Tage nahe der Kirche, bis der Schnee taute und die Menschen den seligen Prokop fanden und in die Kathedralkirche trugen. Nach seinem Wunsch gruben sie ihm sein Grab bei dem Stein, auf dem er oft im Gebet gesessen hatte. Heute steht dort eine Kirche und viele Menschen kommen zu seinem Sarg, der unter einem goldenen Baldachin steht.
So sehen wir den seligen Prokop auf der Ikone, umgeben von kleinen Bildern, die uns von seinem Leben erzählen.
Der Name Prokop kommt aus dem Griechischen und bedeutet ursprünglich: das Schwert am Griff haltend, d.h. bereit sein, übertragen: immer auf Gott hören und bereit sein, nach Gottes Wort und Willen zu leben, zu handeln und zu sprechen.

Das zweite Festlied, Kontakion im 4. Ton, aus dem Akathistos, dem Lobpreis des seligen Prokop lautet:
„Durch die Narrheit um Christi willen durchquertest du auf den Händen der Engel ungehindert die Zollstellen zwischen der Erde und dem Himmel, wurdest der Schau des Thrones gewürdigt, und Christus, der König aller, empfing dich und schenkte dir heilende Gnade. Durch deine vielen Wunder und seltsamen Zeichen aber erstauntest du alle in der Stadt Velikij-Ustjug. 
Da du deinem Volk Erbarmen erflehtest, ging aus dem kostbaren Bild der allheiligen Gottesgebärerin durch dein Gebet Myron (Öl) hervor, und Kranken wurde Heilung zuteil. So bitten wir dich, Wundertäter Prokop, erflehe von Christus Gott unablässig Vergebung für unsere Sünden.“

Namenstag am 8. Juli (21. Juli neuen Stiles)

Schutzheiliger der orthodoxen russischen Kirche in Lübeck und Hamburg.

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