Montag, 23. Dezember 2013

Die Gestalt der Gottesmutter im Heilsgeschehen



Das gesamte Leben der Gottesmutter gleicht einem unaufhaltsamen Emporsteigen von der Erde zum Himmel. Wir vermögen eine Reihe von Ereignissen aufzuzeigen, welche die Kirche durch besondere Feiern, durch besondere Gebets-folgen ehrt, so die Geburt Mariens, ihre Einführung in den Tempel, die Ver-kündigung, die Geburt Christi, die Flucht nach Ägypten, das Erleben der Kreuzi-gung, des Todes, der Beisetzung, der Auferstehung und der Himmelfahrt des Herrn, das Pfingstereignis und letztlich das Entschlafen der Gottesmutter selbst. Für das Alte Testament war der Tempel der einzig geheiligte Ort auf Erden, hier wohnte Gott. Es war ein Ort des Paradieses auf der Erde der Verdammnis. An diesen Ort, in welchem die Engel ein- und ausgingen, wurde die Jungfrau Maria berufen. Sie wurde zum Tempel des Tempels. Durch die Herabkunft des Heiligen Geistes vollzieht sich die äußerste Begnadung. In der Person der Got-tesgebärerin wird Wirklichkeit die Vergöttlichung des ganzen Menschengeschlechtes. 

Die Jungfrau Maria wurde zum Tempel, in welchem der Heilige Geist Wohnung nahm um der Inkarnation Christi willen. Als Mensch bedurfte auch die heilige Jungfrau Maria der Erlösungstat unseres Herrn und der Besiegelung durch den Heiligen Geist. So bekannte sie selbst: Hochpreiset meine Seele den Herrn, und frohlocket mein Geist in Gott, meinem Heilande.
Gemeinsam mit dem irdischen Dienen unseres Erlösers verläuft auch der Dienst der Immerjungfrau Maria, ihr menschliches Werk. Mütterlich begleitet sie den Weg des Leidens ihres Sohnes.
Als sie im heiligen Pfingstgeschehen die Taufe empfängt, verwirklicht sich für sie die Befreiung von der Ursünde, sie bekleidet sich mit dem Herrn. So dürfen wir sagen, daß vom Augenblick der Annahme dieser Taufe schon das Werk ihrer Gottesmutterschaft vollendet war, denn die von der Erde zum Himmelführende Leiter war wiedererstanden. Erschienen war der neue, der vollkom-mene und vergöttlichte Mensch. 
Die Gottesmutter war der Sünde fremd geblieben und nun von der Ursünde erlöst, so erschien sie als Inbegriff der Jungfräulichkeit in der Schöpfung. Der Tod hatte schon keine Gewalt mehr über sie. — Da sie nun entschlief, übergab sie ihren Geist Ihrem Sohne, und nach der dreitägigen Grabesruhe erweckte sie der Herr in Ihrem Leibe und entrückte sie dieser Welt, so daß sich die Engel verwunderten: ״Die Engel schauten das Entschlafen der Jungfrau und verwunderten sich, wie die Allreine von der Erde zum Himmel aufstieg." 
Durch ihren Sohn ward die Gottesmutter wiedergerufen und aus dem Entschlafen auferweckt worden, und so wurde sie zur Erstlingsgabe der Auferstehung der ganzen Schöpfung. Sie wird nicht mehr in das Gericht gerufen, sondern endgültig ist sie schon vom Tode zum ewigen Leben hinübergegangen.
Im Troparion zum Feste Mariä Entschlafung bekennen wir: ״Auch im Entschlafen hast du, Gottesgebärerin, die Welt nicht verlassen."
In ihr und durch sie hat die ganze Schöpfung bereits jene unendliche Herrlichkeit der Auferstehung gekostet. Sie, die, Gottesmutter, ist in ihrem auferstan-denen und verherrlichten Körper schon die Wirklichkeit gewordene Herrlichkeit dieser Schöpfung und ihrer Auferstehung — das Ziel der Weltenschöpfung ist vollendet: Die Gottesmutter, Mensch und Schöpfung seiend, thront in den Him-meln mit dem Sohne. Sie ist die Himmelskönigin, die durch die Verherrlichung ihres Sohnes von Gott Vater alle Ehre und Macht empfängt. Daher wenden wir uns als Christen an sie mit den gleichen Worten wie zum Herrn: ״Allheilige Gottesgebärerin, errette uns!"

Wir wissen, daß diese Macht Ihr nicht ureigen ist, sondern sich vielmehr auf ihre unablässigen, allesvermögenden Gebete bezieht, mit denen sie für uns zu Christus fleht. Somit ist sie die erste unter den Fürbittern bei Gott. Daher sprechen wir auch zu jeder Entlassung: ״Christus, unser wahrer Gott, möge durch die Fürbitten Seiner allerreinsten Mutter ... und aller Heiligen ..."
Sie ist unsere Fürsprecherin, Mittlerin zwischen Gott und uns. Wir bekennen auch, daß sie ihrem Sein nach nicht teilhat am göttlichen Leben der Allheiligen Dreifaltigkeit selbst, wohl aber in der Weise an ihm teilnimmt, daß sie der Gnade der Vergöttlichung gewürdigt wurde. Diese Gnade ist ihr in letzter und äußerster Gewalt widerfahren. Daher nennen wir sie — die Himmelskönigin. Zwischen ihr und allen Heiligen, wie groß auch ihr Verdienst jeweilig sein mag, seien es die Engel oder aber Menschen, bleibt immer ein gewaltiger, unüberbrück-barer Unterschied. Zum letzten Gericht wird sie an der rechten Seite des Welten-richters stehen und für uns als treue Fürsprecherin bitten, wie der Heilige Andreas sie in der Höhe erblickte, als sie für uns bat.
In der Herrlichkeit der Gottesmutter offenbarte sich die Herrlichkeit der Weltenschöpfung.

Priester Sergi Taurit

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