Montag, 2. Dezember 2013

Die heilige Märtyrin Myropē

Die heilige Myropē1 wurde Mitte des 3. Jahrhunderts in der Stadt Ephesos, in Kleinasien, geboren. Da ihr Vater früh verstarb, wurde sie allein von ihrer christlichen Mutter großgezogen. Als sie älter wurde, hauste und wirkte sie nahe der ehrbaren Grabstätte der heiligen Ermionē2..
Die heilige Ermionē ist eine der vier prophezeienden Töchter des Diakons und Evangelisten Philippos. Diese heilige Jungfrau war sehr gebildet und führte ein seliges Leben. Sie übte die Kunst der Medizin aus und heilte viele Menschen durch ihre Kenntnisse, aber auch durch ihre heiligen Gebete, denn sie besaß die Gabe des Heilens. Als sie mit ihrer ebenfalls heiligen Schwester Eutychis nach Ephessos reiste, um Apostel Johannes3 zu begegnen, setzte sie sich dort nieder und gründete das erste organisierte Fremden- und Krankenhaus und führte viele Menschen zur Wahrheit. Später erlitt sie das Martyrium und wurde in dieser ruhmreichen Stadt beigesetzt. Aus ihrer ehrbaren Grabstätte triefte immerfort auf wundersame Weise wohlriechende Myrrhe, und die selige Myropē widmete sie sich der Aufgabe, aus großer Liebe für die heilige Märtyrin, an diesem Ort zu verweilen. Sie fing den kostbaren Saft in Gefäßen auf und verteilte ihn an die Gläubigen. Sie kümmerte sich um die angemessene Pflege der Pilgerstätte und bat um heilige Fürbitten der Märtyrin. Weil sie die Myrrhe verteilte gab man ihr auch den Namen Myropē. Sie verbrachte ihre Tage gottselig in Enthaltsamkeit und in immerwährendem Gebet.
Im Jahre 250 n. Chr. herrschte der schändliche Dekius, der die Christen grausamst verfolgte. Die Mutter Myropēs bangte um das Leben ihrer geliebten Tochter, weil Dekius dafür bekannt war, dass er jeden, der den Göttern keine Opfer darbrachte, erbarmungslos martern und töten ließ. Letztendlich überzeugte sie Myropē davon, mit ihr gemeinsam nach Chios zu fliehen, auf der sie Landgüter und Domizile besaßen, die sie von ihren Vorfahren geerbt hatten, denn sie stammten ursprünglich von dieser Insel. Myropē verließ schweren Herzens die geliebte Pilgerstätte der Ermionē, der sie so lange gedient hatte, und folgte ihrer Mutter. Dort lebten sie anfangs in Frieden, führten ein geistliches Leben und beteten innig dafür, dass die gnadenlose und ungerechte Verfolgung der Christen endlich ein Ende fände. Darüber hinaus kümmerten sie sich hingebungsvoll um die Bedürftigen und Kranken.
Eines Tages kam jedoch ein Herrscher namens Numerius mit seinem Schiff nach Chios. Zu seiner Besatzung gehörte auch der junge Offizier Isidoros4, der ein vortrefflicher und gottestreuer Jüngling war. Doch Numerius entdeckte während ihres Aufenthaltes auf der Insel, dass der von ihm bis zu diesem Zeitpunkt geachtete Isidoros ein Christ war, so dass er zunächst versuchte, ihn mit allen rednerischen Mitteln von seinem Glauben abzubringen. Doch Isidoros blieb standhaft und musste deswegen mannhaft zahlreiche Marter erdulden. Am Ende wurde er enthauptet und erhielt vom Herrn den kostbaren Märtyrerkranz.5 Seine ehrwürdigen Reliquien ließ der Herrscher in eine Schlucht werfen, um sie den wilden Tieren und Raubvögeln auszuliefern. Außerdem stellte er Wächter auf, um sicherzustellen, dass die Reliquien von den Christen nicht entwenden würden. Denn die Götzenverehrer wussten um die Tatsache, dass die Christen die heiligen Reliquien der Märtyrer aufbewahrten und verehrten.
Auch Myropē hörte von dem Martyrium des heiligen Isidoros. Ihre Seele war erfüllt von göttlichem Eifer und reiner Liebe im Herrn zum Heiligen. Sie nahm all ihren Mut zusammen und, gleich der myrrhetragenden Frauen, zog sie eines Nacht im Schutz der Dunkelheit mit einigen ihrer Bediensteten los. Sie schlichen sich hinunter in die Schlucht, während die Wächter mit Gottes Hilfe allesamt eingeschlafen waren, und fanden auch die heiligen Reliquien, die sie voll Ehrfurcht davontrugen. Danach kümmerten sie sich um den Heiligen den Totengebräuchen entsprechend, salbten die Gebeine mit Myrrhe, und setzten sie in einem christlichen Grab bei. Als jedoch Numerius von der Entwendung der Reliquien erfuhr, ließ er sofort die Wächter in Ketten legen und auf diese Weise die ganze Stadt durchsuchen, mit der Androhung, dass sie entweder bis zu einer bestimmten Frist die Gebeine ausfindig machten, oder aber ebenfalls zum Tode verurteilt werden würden. Doch die gütige Myropē beobachtete, wie diese Soldaten, in schwere Ketten gelegt, fieberhaft die Stadt durchkämmten, und empfand großes Mitleid in ihrem Herzen mit ihnen. Ihre Seele schmerzte und sie sprach zu sich: „Wenn diesen Soldaten meiner Handlungen wegen solch Schlimmes widerfährt, wird meine Seele unbedingt dieser Sünde wegen verunreinigt werden. Wehe mir der Elenden, wenn ich vor den gerechten Richterstuhl Gottes trete!“
Nach diesen Überlegungen ging sie heldenmütig zu den Wächtern und bekannte: „Meine Freunde, die Reliquien, die ihr vermisst, habe ich entwendet, während ihr schlieft.“ Man nahm sie natürlich auf der Stelle gefangen, führte sie dem Herrscher vor und berichteten ihm erleichtert: „Diese Frau hat den Offizier gestohlen, der des üblen Todes gestorben ist“. Numerius wandte sich an die Heilige: „Entsprechen diese Worte der Wahrheit?“ Die Heilige erwiderte: „Ja, es ist die Wahrheit“. „Und wie hast du es gewagt“, sagte Numerius, „dieses zu tun, du verfluchtes Weibsbild?“. Sie erwiderte bloß: „Weil ich für deine Gottlosigkeit Verachtung und Abscheu empfinde“.

Diese Worte erzürnten nicht wenig den hochmütigen Herrscher. Sofort gab er den Befehl, die Heilige erbarmungslos mit Gerten zu schlagen. Danach wurde sie an ihren langen Zöpfen durch die Straßen der Stadt geschleift, und sie wurde so dermaßen schrecklich geschlagen, dass die Jungfrau mehr tot als lebendig war, als man sie daraufhin in den Kerker warf. Gegen Mitternacht, während sich die Heilige in einem glückseligen Gebetszustand befand, erschien ein sehr helles Licht, welches das ganze Gefängnis erhellte, und eine Schar von Engeln sang mit unsagbar lieblicher Stimme die Hymne: Heiliger Gott, Heiliger Starker, Heiliger Unsterblicher! Neben den Engeln stand der heilige Isidoros, der zu Myropē sprach: „Friede sei mit dir, denn dein Flehen hat den Thron Gottes erreicht. Zu dieser Stunde wirst du mit uns kommen, um den Siegeskranz zu erhalten, der dir vorbereitet wurde“. Dann übergab die heilige Myropē ihre Seele dem Herrn.
Ein unbeschreiblicher Wohlgeruch erfüllte die Kerkerräume, so dass selbst die Wächter verwundert waren und fast erstarrten vor Ehrfurcht und Bangen. Diese Geschehnisse berichtete einer der Wächter, der dies alles mit seinen eigenen Augen gesehen und mit seinen eigenen Ohren gehört hatte und alles bezeugen konnte. Nach diesem Erlebnis entsagte er dem Heidentum und glaubte an Jesus Christus, als Herrn und Gott, und empfing die heilige Taufe. Später erlitt dieser Wächter ebenfalls den Märtyrertod, als er seinen Glauben ohne Zögern vor dem Herrscher bekannte. Die Reliquien der heiligen Märtyrin Myropē setzten die Christen der Stadt unter Tränen neben dem Grabe des Märtyrers Isidoros bei. Später wurde eine Kirche über die Reliquien beider Heiligen erbaut, von der bis heute Überreste erhalten sind. Zu ihren Ehren gibt es zahlreiche größere und kleinere Kirchen, vor allem auf Chios.

Das Gedenken der heiligen Märtyrin Myropē wird jährlich am 02/15 Dezember gefeiert, mögen die Fürbitten ihrer myrrhetragenden Seele uns stets begleiten.

1gr. Μυρώπη
2gr. Ερμιόνη, deutsche Form meist Hermione oder auch Hermina, wird am 4/17 September gefeiert
3gr. Ιωάννης, ausgesprochen „Ioannis“
4der heilige Isidoros oder lt. Isidorus, Gedenktag 14/27 Mai, der Schutzheilige der Bäcker

5 Einer Überlieferung zufolge „weinten“ die Bäume am Hirnrichtungsort des Heiligen, so dass aus diesen Tränen der berühmte Mastic entstand, für den die Insel bis heute bekannt ist. 

Übersetzung: Alexia Ghika-Kyriazi  

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