Die
Ursprünge des Humanismus und der modernen Nicht-Orthodoxie
Ein
Glaube ohne Wunder ist nicht mehr als ein philosophisches System, und
eine Kirche ohne Wunder ist nicht mehr als eine
Wohltätigkeitsorganisation wie das Rote Kreuz.(H.
Nikolaj Velimirovic von
Ochrid, + 1956)
Der
Glaube der orthodoxen Christen beinhaltet, daß eine Häresie wie der
Humanismus ihren Ursprung nicht in der Kirche haben kann, denn die
Kirche ist der Leib Christi, der durch den Heiligen Geist unfehlbar
handelt. Der Humanismus muß daher außerhalb der Kirche durch einen
Verlust des Heiligen Geistes, in einer entstellten Uhre in einern
Ausläufer der Kirche entstanden sein.
Der
Humanismus erschien zuerst im Kontext des römischen Katholizismus
als eine neuartigen Degeneration der Orthodoxie, die in der Mitte des
11. Jahrhunderts geboren wurde. Da der Humanismus zum ersten Mal am
Ende des 11. Jahrhunderts deutlich in Erscheinung trat, scheint es
uns klar, daß der Ursprung des Humanismus das filioque ist
- jene Häresie, die an der Wurzel der NichtOrthodoxie liegt.
Die
Kirche erklärt, daß der Heilige Geist, der Geist der Wahrheit, von
Gott dem Vater ausgeht und dann durch sündenlose menschliche Natur
hindurchgehen kann, wie der Geist durch die sündenlose Natur Christi
hindurchging, zum Beispiel bei der Verklärung. Auf der anderen Seite
behauptet das filioque, daß der Heilige Geist vom Sohn
Gottes ausginge, welcher Mensch geworden ist. Dies impliziert
deutlich die anti-spirituelle Behauptung, daß der Heilige Geist
potentiell von jedem Repräsentanten Christi ausgehen könne, das
heißt - potentiell könnte er demnach sogar von einer sündigen
menschlichen Natur ausgehen.
Dies
ist die Tragweite der Behauptung jener, die das Amt des Papstes von
Rom innehaben: daß sie Christus ersetzen wurden, daß sie
Stellvertreter Christi seien, daß der Heilige Geist und daher die
geistliche Autorität von ihnen ausginge, daß sie unfehlbar seien.
Solch eine Behauptung beinhaltet, daß einzelne Personen unabhängig
von ihrer Spiritualität oder vom Besitz heiliger persönlicher
Qualitäten mit der Autorität des Heiligen Geistes - im Geist Gottes
zu sprechen vermögen.
Wenn
man die Auffassung aufgibt, daß Heiligkeit, Abtrennung von der Welt,
die Erlangung des Heiligen Geistes wesentlich sind, um im Geist
Gottes sprechen zu können, wird die Religion zu einer nur noch
säkularen Institution dieser Welt. Denn wenn die unfehlbare
Autorität des Heiligen Geistes automatisch von Menschen ohne
Heiligkeit geerbt würde, durch eine bloße Funktion oder ein Amt,
dann würden religiöser Glaube und Praxis unwichtig. Die menschliche
Natur wird auf diese Weise aufgebläht und erhebt sich in
unverdienter Autorität und Bedeutung, sie wird zum Götzen.
Dies
kann man in der Exaltiertheit der 'Mystiker' des Mittelalters sehen.
In
einer historischen Abfolge von Schritten im Verlauf von ungefähr 500
Jahren vom Verlust des Heiligen Geistes, von der despiritualisierten
römisch-katholischen Vorgabe des filioque, die zunächst
strikt auf das Papsttum beschränkt war, gelangte man zu einer
weiteren Behauptung. Dies war die viel weniger restriktive,
demokratische protestantische Vorgabe, daß jeder Mensch mit der
Autorität des Heiligen Geistes sprechen, die Heilige Schrift
interpretieren und die Wahrheit erkennen könne, einfach dadurch, daß
er seinen Glauben an Christi bekennt. Der Protestantismus ist
antipäpstlich, obwohl, oder vielleicht weil, im Protestantismus
jeder ein Papst ist. Die protestantische Vorgabe bedeutet, daß jeder
unspirituelle Mensch sich erheben und behaupten kann, inspiriert zu
sein, die Heilige Schrift korrekt zu interpretieren, unabhängig von
seiner Spiritualität.
Diese
Schöne Neue Welt (um Shakespeares
Ausdruck der Zeit zu benutzen) erklärt, wie der Protestantismus zu
einer Garnitur von moralischen Ansprüchen wurde, als der wirkliche
und nicht imaginäre Heilige Geist aus der Religion entfernt wurde.
Die Religion wurde daher eine Institution dieser Welt, Moralität war
daher der einzige übriggebliebene aktive Teil der 'Religion'. Im
Protestantismus ist daher die Auffassung, daß Moralität das
Ergebnis von Spiritualität sei, verlorengegangen. Für ihn ist
Spiritualität gleich Moralität.
Man
kann dies im Protestantismus daran sehen, daß das Gesetz der Zehn
Gebote des Alten Testaments, in das er zurückfiel, zum Idol wurde.
Die Zehn Gebote wurden im östlichen Ende der protestantischen
Kirchen angebracht, über den Altären, während sich in den
orthodoxen Kirche dort häufig die Ikone Christi befindet. Das Ziel
des Protestantismus bestand dann nur noch darin, 'gesetzestreue'
Bürger für die staatliche Kontrolle zu produzieren.
Die
protestantische Konzentration auf Ethik und Meinung in der
Interpretation - unter Ausschluß der Spiritualität - führt noch zu
etwas anderem. Denn wenn die christliche Religion lediglich eine
moralische Haltung darstellt, wird Gott schließlich völlig unnötig.
In einer weiteren historischen Abfolge von Schritten über ungefähr
500 Jahre gelangte man von der protestantischen Ethik hin zur
Behauptung daß im gewissen Sinn alle Menschen unfehlbar seien - denn
jeder kann eine moralische Meinung bilden. Dieser Prozeß gelangte in
den 1960er Jahren zum Höhepunkt, die Kippe des modernen
Protestantismus wurde nicht in einer Generation erreicht, sondern in
einem allmählichen Degenerationsprozeß, der fast tausend Jahre zu
seiner Erfüllung benötigte: römischer Katholizismus;
Protestantismus; Humanismus.
Heutzutage
wird die institutionalisierte Nicht-Orthodoxie von den Massen
abgelehnt. Der römische Katholizismus ist eine umstrittene und durch
die Skandale um die Kleriker sehr in Mißkredit geratene Autorität;
der Protestantismus gelangt ans Ende seines historischen Weges. Der
englische Sproß des Protestantismus, die Kirche von England,
erscheint wie ein halb abgelehnter Entwurf eines verdünnten
Calvinismus, gegründet von einem gemeingefährlichen
Serienehebrecher.
Die
Kirche von England hat schon vor langem. ihre Anziehung außerhalb
der Mittelschicht verloren, sie ist nicht urnfassend und reichlich
zusammenhanglos - sie bietet 'allen alles'. Sie ist weitgehend alles
für alle geworden und nichts für irgendeinen Menschen. Von Komitees
geleitet, hat die Kirche von England wenig Autorität oder Charisma.
1hr ständiges Streben nach Kompromissen, nach dem Mittelweg, nach
'Toleranz', ihre ständigen Karamellen, ihre 'Nettigkeit' schließen
den Begriff der Absoluten Wahrheit weitgehend aus. In der Tat sind
diese Karamellen Zeichen des Widerstands gegen die Wahrheit, das
Streben nach Kompromissen. Im Gegensatz dazu sind Kontroversen und
Spallungen - nicht Kornpromisse - immer ein Zeichen der Vitalität im
kirchlichen Leben gewesen, Zeichen der Suche nach der Wahrheit. Die
großen Kirchenkonzile entstanden aus Kontroversen. Eine
Organisation, die sich einschmeichelt, hat nicht den Willen, in der
Wahrheit zu leben. Die heutige Kirche von England scheint nur zur
Förderung der im Establishment vorherrschenden liberal-bourgeoisen
Begriffe von 'Anstand' und 'Respektabilität' zu dienen. In der Tat
sieht es so aus, als ob der derzeitige Erzbischof viele seine
Mei-nungen aus der Mittelschicht-Zeitung Guardian entnehmen würde.
Große
Teile des nicht-orthodoxen Christentums sind nun eine autoritätslos
debattierende Gesellschaft - ohne Autorität weil ohne Spiritualität.
1hre Pastoren scheinen sich in Amateur-Sozialarbeiter verwandelt zu
haben, die sich mit dem materiellen und mentalen Woblergehen ihrer
Klienten befassen. Schlimmstenfalls jedoch erscheint das
nicht-orthodoxe Christentum als ein spirituelles Vakuum, eine Form
von Christentum, die religionslos ist, denn sie ist ohne Kirche. Denn
ohne die Kirche, der Leib Christi, ist der Heilige Geist nicht
anwesend, gibt es kein Leben in Christo, kein authentisches
Christentum, keine geistliche und daher keine moralische Autorität.
Die Nicht-Orthodoxie scheint nur noch Ideen über Christus zu haben,
kein direktes empirisches Wissen über Ihn. Wie mich ein
anglikanischer Kleriker vor ungefähr dreißig Jahren fragte, als ich
dieselben Punkte vorbrachte: 'Aber was ist der Heilige Geist?' Es sah
so aus, als hatte er es wirklich nicht gewußt.
Die
Tagesordnung des modernen nicht-orthodoxen Christenturns scheint von
der Welt und ihrer humanistischen Ideologie sozialer
'Fortschritthchkeit' bestimmt zu sein. Daher spiegelt die
NichtOrthodoxie die Welt lediglich wider, statt sie nach oben zu
führen. Geistlich leer kann sie ihre Agenda nicht länger
kontrollieren, sie reagiert nur auf das, was bereits vorgegeben ist.
Ohne eine eigene Autorität anerkennt sie nur die Autorität jener
'Meinungsmacher', die die Massen mit ihrer säkularen politischen
Korrektheit durch das Fernsehen und die anderen Massenmedien
manipulieren und konditionieren.
Dieser
tausendjahrige Prozeß der Entfernung des Westens von der Kirche hin
zur Schönen Neuen Religion des Humanismus, der nun
schon recht fortgeschritten ist, war das unvermeidbare Ergebnis der
selbstverschuldeten Selbstverstümmelung im nicht-orthodoxen
Christentum. Entstanden ist sie durch das Akzeptieren. all der
langfristigen Implikationen des filioque, der
Vergöttlichung der menschlichen Natur ohne Gott, ohne den Heiligen
Geist. Der spirituelle Bankrott mündete im säkularen Humanismus.
Diese Degeneration ist die Folge der Unfähigkeit auf Seiten der
Nicht-Orthodoxie, ihre eigentliche Essenz - ihren ursprünglichen
Irrtum, das filioque zu identifizieren und dann zu
beseitigen. Nachdem sich dieser Fehler einmal festgesetzt hatte,
waren der Verlust des Heiligen Geistes, der folgende Verlust des
Glaubens und die logische Entwicklung des säkularen Humanismus
unvermeidlich - wenn auch erst nach einer langen Zeitspanne.
Als
Folge davon hat die Nicht~Orthodoxie der Welt heutzutage wenig
Charakteristisches oder Religiöses zu sagen, denn sie spricht nur
nach, was die Welt ohnehin schon sagt. Durch die Abwesenheit des
Heiligen Geistes ist sie unfähig, geistliche Speise bereitzustellen;
sie imitiert sogar die Architektur der Welt, und ihre modernen
Kirchen sind Reflektionen weltlicher Architektur. Was Sünde und
Hölle betrifft, erklärt sie - wie die Welt -, daß jeder gerettet
wird. Wir haben in unserer Zeit die Wiedereinsetzung der Häresie des
Origenes gesehen und ihre Vergötterung durch die Humanisten aller
Schattierungen.
Die
Adoption des Humanismus durch die heterodoxen Konfessionen hatte
verschiedene Auswirkungen, hauptsächlich in den 1960er Jahren. Alle
Religionen oder 'Glaubensgemeinschaften' werden nun für gleichwertig
gehalten, unabhängig von der Wahrheit. Der Synkretismus - bekannt
als Ökumenismus - hat sich eingebürgert. Doch der Ökumenismus ist
in Wirklichkeit Säkularismus, eine Verschmelzung mit der Welt. Da
die Nicht-Orthodoxe außerhalb der Kirche ist, kann sie keine Lehre,
nicht einmal effien Begriff von 'der Kirche' haben, und daher ist
ihre Verschmelzung mit der Welt unvermeidbar.
Liturgisch
hat der Humanismus darauf bestanden, daß der noch übriggebliebene
Sinn für das Sakrale aus dem nicht-orthodoxen Gottesdienst
verschwindet, der rudimentäre Sinn für das Mysterium und
Ehrfurchtgebietende, denn der heutige Humanismus verkündet, daß nur
das menschliche Leben 'sakral' sei. Dies karm man zum Beispiel in der
humanistischen Abschaffung der 'altmodischen' liturgischen Sprache
oder im lauten Lesen der stillen Gebete sehen. Ohne Sinn für das
Sakrale verwandeln sich daher die nichtorthodoxen gottesdienstlichen
Orte praktisch in Konzerthallen oder säkulare Klubs.
Das
größte Symbol davon ist die Entfernung des Sakralen ist das
Umdrehen der Altare und des Klerus seit den 60er Jahren. Auf diese
Weise wenden die Pastoren nun ihr Gesicht der Gemeinde zu statt zu
Gott. Diese Pastoren haben liturgisch gesehen Gott den Rücken
zugekehrt. Das menschliche Bedürfhis wird uber den Gottesdienst
gestellt. Der würdige Dienst Gottes (Gottesdienst) wird ignoriert
und ersetzt durch unwürdige Handlungen von Menschen. Die
NichtOrthodoxie scheint längst vergessen zu haben, daß es in der
Kirche um den Sohn Gottes und die Rettung der Seele geht, nicht um
die selbstgefällige Selbstbefriedigung und Selbsterhöhung des
gefallenen Menschen.
Das
Ziel des humanistischen Kultes ist, ästhetische Reize zu entfalten,
den 'Wohlfühl-Faktor', das erhebende 'Ich-bin-gerettet'- Feeling.
Diese 'charismatische' Bewegung ist nichts anderes als eine
Wiederholung der Wahnvorstellungen der religiösen
Erweckungsbewegungen und der Gefühlsbetontheit des 19. Jahrhunderts.
Das kann man in den 'happy-clappy'- und 'Therapie'-Kirchen sehen, den
einzig 'erfolgreichen' und vollen protestantischen Kirchen
heutzutage. Sic haben jedoch mit ihrer großen Fluktuation von
oberflächlich Gläubigen keine anhaltende Wirkung oder langfristigen
Wert.
Heutzutage
ist der nicht-orthodoxe religiöse Glaube, der die säkulare Welt
spiegelt, individualisiert und privatisiert worden. Er reflektiert
die Wahl der Konsumenten. jeder einzelne kann sich aus dem.
Supermarkt-Menü der Religionen herauspicken und mischen, was er
will, Die Religion wird für die Kunden kommerzialisiert. Die
Menschen gehen 'shopping', um sich die passende Religion als
Therapie, unabhängig von der Wahrheit, zu suchen.
'Gottesdienstkomitees' entwickeln neue 'Gottesdienststile', neue
Formen von emotionaler Selbstbefriedigung. 'Gottesdienst' ist nur
eine andere Form von Erholung, eine Freizeitbeschäftigung eine leere
Hülle, denn ohne die Absolute Offenbarung des Hefiigen Geistes hat
der Kult keine Autorität, er ist hohl. Man kann sich seine eigene
Religion zusammenbauen, basierend auf säkularer, humanistischer
Ethik überhaupt ist Religion nur eine 'Frage des Lebensstiles'.
Als
Folge dieses langen Degenerationsprozesses steht die moderne
Nicht-Orthodoxie vor einer KernschmeIze, denn sie ist dahin gekommen,
säkulare Ideale zu bekennen - Ideale der spirituellen Barbarei, der
Hölle. In der Hölle sind die Menschen Gefangene ihrer Sünden. Und
das ist die Definition der humanistischen Gesellschaft - einer
Gesellschaft, in der die Menschen nicht einmal erkennen, daß sie
Gefangene ihrer eigenen selbstgefälligen Sündhaftigkeit, ihres
Eigeninteresses, ihrer Nachgiebigkeit sich selbst gegenüber, ihrer
Selbstbefriedigung sind.
Auszug aus: Der
Verlust des Heiligen Geistes: ,,Schöne Neue Religion"
Priester
Andrew Phillips (Übersetzt
und herausgegeben von Johannes A. Wolf in Der
Schmale Pfad, Band 7)
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