Zu Beginn des 17. Jh. werden auf Initiative des rührigen Abtes Serafim bedeutende Bauvorhaben im Kloster durchgeführt. Die Zahl der Mönche wächst auf hundert. Außerdem erhält das Kloster durch Gerichtsbeschluss zwei bedeutende Güter in Rumänien zugesprochen, deren Einkünfte die schwierige Wirtschaftslage etwas erleichtern.
Doch nach der Jahrhundertmitte befindet sich das Kloster wiederum in Nöten.
Im Jahre 1654 gelingt es einem Abgesandten des Zaren, Arsenij Suchanow, zehn antike Kodizes aus der Bibliothek an sich zu bringen, gegen die Zusage, die Mönche dürften in Russland Sammelaktionen unternehmen.
Ungefähr zur gleichen Zeit versucht die päpstliche Propaganda auf dem Athos Fuß zu fassen: In Karyés wird eine Schule gegründet, und ein unierter Mönchspriester, Athanasios Kyprios, nutzt die Notlage der armen Klöster aus und kauft ihnen Hand-schriften ab.
Unter dem Druck der Probleme ersucht das Kloster im Jahre 1664 um Senkung des Steuersatzes für die Abgabe an die Türken. Im selben Jahr wird Dochiariou aus un-bekannten Gründen von Türken angegriffen, worauf die Mönche für kurze Zeit das Kloster verlassen. Einem Mönch gelang es noch, zur Erinnerung an den Vorfall, in den Marmorpfosten des Südportals der Klosterkirche einzuritzen: „5. Oktober 1664, als die Türken kamen und wir fliehen mussten.“
In dieser unendlichen Abfolge von Gefahren und Leiden erhält das Kloster un-erwartet Hilfe und Trost – nicht aus Menschenhand, auch nicht von den Schutzpatronen, den Erzengeln: Die Hilfe kam von der, die „geehrter als die Cherubim, und unvergleichlich herrlicher als die Seraphim“, von der gemeinsamen athonitischen Schutzpatronin, der Panagia ( = die Allheilige, im Griechischen häufigste Bezeichnung der Jungfrau Maria, dem römisch-katholischen ‚Madonna’ zu vergleichen).
Und das kam so: Irgendwann im Jahre 1664 begab sich der Cellerar des Klosters, Nilos, wie immer, wenn er seinen nächtlichen Dienst verrichtete, von der Küche zu den Wirtschaftsräumen, die an den Speisesaal grenzen. Dabei hielt er eine Fackel, um sehen zu können. Sein Weg führte ihn an einem großer Wandgemälde der Panagia vorbei, das 1563, als die Klosterkirche renoviert wurde, auf der Außenseite der Speisesaalwand angebracht worden war. Dorthin, unterhalb der Ikone, stellte er, sei es aus Unachtsamkeit oder Gewohnheit, die Fackeln, deren Rauch dann das Bildnis schwärzte. Da hörte er eines Tages eine Stimme: „O Mönch, schwärz’ mir nicht mein Bildnis!“ Nilos meinte, jemand mache sich einen Scherz mit ihm und fuhr in seiner Arbeit wie gewohnt fort. Einige Tage danach, er hatte inzwischen weiterhin die Fackeln in die Nähe der Ikone gelegt, die wegen ihres hohen Harzgehalts übermäßig Rauch entwickelten – hörte er wieder die Stimme, die wie Donner vom Himmel klang: „O Mönch, Unmönch, wie lange noch willst du meine Gestalt entehren?“
Kaum hatte der Mönch die furchtbare Stimme vernommen, verlor er auf der Stelle sein Augenlicht.
Da begriff er, woher die Stimme kam. Reuevoll bat er darum, ihm ein Stasidi (eine Art Wandstuhl mit Klappsitz und Armstützen) gegenüber der Ikone aufzustellen. Dort verharrte er tagelang und bat die Panagia um Verzeihung. Und wirklich hatten seine Tränen und die unaufhörlichen Gebete Erfolg: Zum dritten Mal hörte er die Stimme der Panagia, die in mildem, ruhigem, mütterlichem und li ebevoll em Ton zu ihm sprach: „O Mönch, dein Gebet ist erhört worden. Dir sei verziehen, du sollst wieder sehen wie vorher. Verkündige den übrigen Vätern und Brüdern, ich bin die Muttergottes – des Gottes, der das Wort ist, und bin – nach Gott – Schutz und Bei-stand dieses heiligen Klosters der Erzengel und des heiligen Nikolaos. Hinfort sollen sich die Insassen in jeder ihrer Not an mich wenden. Ich will sie und alle rechtgläubigen Christen, die sich gottesfürchtig an mich wenden, rasch erhören, denn ich heiße die Rasch-Erhörende“.
Daraufhin versperrten die Brüder den Durchgang.
Da die Ikone nach Osten gewandt ist und der Raum davor nicht ausreichte, ließ man ihr zu Ehren gegenüber dem Wandgemälde eine schöne Kapelle errichten, die mit einer kunstvoll geschnitzten und vergoldeten Ikonenwand sowie mit Wandgemälden geschmückt wurde. Vor der Darstellung hängte man ewige Lichte auf und brachte einen Andachtsschrein an. Die zahlreichen Wunder, die die Panagia durch ihre Ikone wirkte und deren Ruf sich weithin verbreitete, trugen dem Bild zahlreiche Votivgaben ein. Bis heute ist die Ikone wundertätig und wird von Mönchen und Pilgern in Frömmigkeit geehrt.
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