Donnerstag, 19. Dezember 2013

Die Gottesdienste der Orth. Kirche an Weihnachten von Vr. Alexander Schmemann


Als orthodoxe Christen beginnen wir die Feier der Geburt Christi (am 25. De-zember) mit einer Zeit der Vorberei-tung. Vierzig Tage vor dem Fest der Geburt unseres Herr beginnen wir die weihnachtliche Fastenzeit zur Reinigung von Seele und Leib, um angemessen in die große geistige Wirklichkeit des Kommens Christi einzutreten und an ihr teil-zuhaben. 
Diese Fastenzeit bildet keine so intensive liturgische Zeit, wie sie für die Große Fastenzeit typisch ist, vielmehr ist die Weihnachts-Fastenzeit mehr „asketischer“ als „liturgischer“ Natur. Auf jeden Fall spiegelt sich die weih-nachtliche Fastenzeit im Leben der Kirche in einer  Anzahl liturgischer Merkmale, die das kommende Fest ankündigen. 
In den vierzig Tagen der Vorbereitung wird das Thema der kommenden Geburt in die Gottesdienste und liturgischen Gedenkfeiern Schritt für Schritt eingeführt. Wenn auch der Beginn des Fastens am 15. November liturgisch nicht durch einen Hymnus gekennzeichnet wird, hören wir doch fünf Tage später, am Vor-abend des Festes des Einzugs Mariä in den Tempel die erste Ankündigung in den neun „Hirmoi“ des Weihnachtskanons. 

„Christus ist geboren, verherrlicht Ihn!“ 
Bei diesen Worten ändert sich etwas in unserem Leben, sogar die Luft, die wir atmen, die ganze Stimmung des Lebens der Kirche. Es ist, als würden wir ganz in der Ferne das erste Licht der größtmöglichen Freude wahrnehmen – das Kommen Gottes in Seine Welt! So kündigt die Kirche das Kommen Christi an, die Inkarnation Gottes, Seinen Eintritt in die Welt zu unserem Heil. 
An den zwei Sonntagen vor Weihnachten gedenkt die Kirche dann der Vor-väter und Väter: der Propheten und Heiligen des Alten Testaments, die dieses Kommen vorbereiteten, das selbst Geschichte machte  durch seine Erwartung, die Rettung und die Versöhnung der Menschheit mit Gott.
Schließlich, am 20. Dezember, beginnt die Kirche das Vorfest der Geburt, dessen liturgische Struktur ähnlich der Karwoche ist – denn die Geburt des Gottessohnes ist der Anfang Seines Dienstes zu unserer Rettung und zu unserem Heil, der Ihn schließlich zum Kreuzesopfer führen wird. 

Der heilige Abend 
Die Gottesdienste am 24. Dezember, dem Vorabend der Geburt, sind: Die Stunden, die Vesper und die Göttliche Liturgie des Hl. Basileios. Am Ende der Vor-festes und damit auch des ganzen „Advents“, fassen die Großen Stunden alle Themen des Festes zusammen zu einer letzten feierlichen Verkündigung. In den besonderen Psalmen, Hymnen und Schriftlesungen, die für  jede Stunde vorgeschrieben sind, wird die Freude und die Macht des Kommens Christi verkündet. Es ist eine der letzten Betrachtungen über die kosmische Bedeutung der Geburt, über die entscheidende und radikale Änderung, die sie der ganzen Schöpfung gebracht hat. 
Die Vesper, die normalerweise den Großen Stunden folgt, leitet die Feier des 
eigentlichen Festes ein, denn, wie wir wissen, beginnt der liturgische Tag am Vor-abend. Die Stimmung dieser Feier wird durch die fünf Stichera zum Psalm 140, „Herr, ich rufe zu Dir“ bestimmt. Sie sind ein wahrer Ausbruch der Freude über das Geschenk der Inkarnation Christi, die nun vollbracht ist! Acht Schriftlesungen zeigen, dass Christus die Erfüllung aller Prophezeiungen ist, dass Sein Reich das Reich in Ewigkeit ist, in dem die ganze menschliche Geschichte ihren Sinn findet und der ganze Kosmos seinen Mittelpunkt. 
Die auf die Vesper folgende Liturgie des Hl. Basileios, war in der Vergangenheit die Taufliturgie, während der die Katechumenen getauft, gesalbt und in die Kirche, den Leib Christi, aufgenommen wurden. Die doppelte Freude des Festes für die neugetauften und die anderen Mitglieder der Kirche spiegelt sich im Prokeimenon des Tages: 
„Der Herr sprach zu mir: Mein Sohn bist du; ich habe dich heute gezeugt. Erbitte es von mir, und ich will dir Völkerschaften zu deinem Erbe geben.“ 

Am Ende der Liturgie geht der Zelebrant mit einer brennenden Kerze in die Mitte der Kirche und singt, umgeben von der ganzen Gemeinde, das Apolytikion: 
Deine Geburt, o Du Christus, unser Gott, 
ließ erstrahlen der Welt das Licht der Erkenntnis. 
In ihr wurden, die die Sterne verehren 
von einem Sterne belehrt, dich zu verehr’n, 
die Sonne der Gerechtigkeit, 
und dich zu erkennen als den Aufgang der Sonne, 
Herr, Ehre Dir. 

Vigil und Liturgie 
Da die Vesper des Festes bereits gefeiert wurde, beginnt die Vigil mit der Großen Komplet (Apodeipnon) und der freudigen Verkündigung durch Jesaia „Gott ist mit uns!“ Die Struktur des Orthros ist die der großen Feste. Jetzt wird zum ersten Mal der ganze Kanon „Christus wird geboren,  verherrlicht Ihn!“ gesungen, einer der schönsten Kanones der orthodoxen Gottesdienste, während die Gläubigedie Geburtsikone verehren. 
Die folgenden Lobpsalmen fassen die Freude und die Themen des ganzen Festes zusammen: 

Freut euch, ihr Gerechten, ihr Himmel jauchzet! 
Neigt euch, ihr Berge, Christus ist geboren; 
die Jungfrau thront den Cherubim gleich, 
tragend in ihrem Schoß das fleischgewordene Wort. 
Hirten bestaunen den Neugeborenen. 
Sterndeuter bringen dem Herrn ihre Gaben dar. 
Engel singen und rufen: Unvergleichlicher Herr, Ehre sei Dir. 
1. Stichiron von Andreas von Jerusalem 

Die Liturgie des Tages selbst beschließt die Feier der Geburt Christi mit den Festantiphonen (3. Antiphon Ps 109,2.3): 
„Den Stab deiner Macht wird der Herr von Sion dir aussenden und so herrsche in-mitten deiner Feinde. Mit dir ist die Herrschaft am Tag deiner Macht im Glanz deiner Heiligen.“ 

Die Nachfeier Am zweiten Tag des Festes wird die Synaxis (Versammlung zu Ehren) der Gottesgebärerin gefeiert. Durch die Zusammenfüh-rung der Geburtshymnen mit denen, welche die Mutter Gottes besingen, zeigt die Kirche auf Maria als die Eine, durch welche die Inkarnation möglich wurde. Christi mensch-liche Natur ist – konkret und historisch – die Natur des Menschen, die Er von Maria em-pfing. Sein Leib ist zuallererst ihr Leib, Sein Leben ist ihr Leben. Dieses Fest der Ver-sammlung (zu Ehren) der Gottesgebärerin ist wahrscheinlich das älteste Marienfest der christlichen Tradition, eingeführt ganz zu An-fang ihrer Verehrung durch die Kirche. Nach sieben Tagen der Nachfeier geht die Weihnachtszeit am 31. Dezember zu Ende. In allen Gottesdiensten dieser Tage wiederholt die Kirche die Hymnen und Lieder, welche die Inkarnation Christi verherrlichen und erinnert uns daran, dass Quelle und Basis unseres Heils nur in dem Einen zu finden ist, der, als Gott vor aller Zeit, zu uns in die Welt kam und um unsretwillen geboren wurde „als kleines Kind“.  
Quelle: The Services of Christmas, published by theOrthodox Church in America. 
http://www.orthodoxchristian.info/pages/main.htm, Übers.a.d.Engl.: G. Wolf 

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