Die Askese ist die Mutter der Heiligung. Die Heiligung macht empfänglich für die erste
geistliche Empfindung: das Verkosten (Schmecken) der Geheimnisse Christi. Es wird als die erste Stufe der geistlichen Erkenntnis bezeichnet. Niemand täusche sich selbst und bilde sich ein, man [könne die Erkenntnis erlangen, indem man sich der bloßen] Mutmaßung zuwendet. Tatsächlich jedoch kann sich eine befleckte Seele nicht bis zum Königreich der Reinheit erheben, noch sich den Geistwesen der heiligen [Engel] zugesellen. Lass die Keuschheit deiner Seele erstrahlen durch die Tränen, das Fasten und die friedvolle Ruhe [die Hesychia] in der Einsamkeit.
Eine kleine Bedrängnis, die man für Gott erträgt, wiegt schwerer als eine große Tat, die man ohne Schwierigkeiten vollbracht hat; denn die willig angenommene Bedrängnis legt Zeugnis ab vom Glauben und macht die Liebe offenkundig. Die Suche nach Erholung nämlich ist die Folge eines schläfrigen Gewissens. Deshalb haben die Heiligen sich bewährt, indem sie das erlittene Unrecht aus Liebe zu Christus ertrugen, und nicht, indem sie es sich wohl ergehen ließen. Darum ist eine ohne Mühe vollbrachte Tat auch die [Selbst-]Gerechtigkeit der weltlichen Menschen, die barmherzig an sich selbst handeln mit äußerlichen Gunsterweisen. Du jedoch, tapferer Kämpfer, erfahre an dir selbst die Leiden Christi, um würdig befunden zu werden, seine Herrlichkeit zu verkosten. Denn wenn wir mit ihm leiden, werden wir auch mit ihm verherrlicht werden (vgl. Röm, 8,17). Der Verstand wird nicht mit Jesus verherrlicht, wenn der Leib nicht mit ihm leidet. So wird der, der die menschlichen Ehren verachtet, der Herrlichkeit Gottes gewürdigt, und sein Leib wird zusammen mit seiner Seele verherrlicht. Denn die Ehre des Leibes ist der Gehorsam gegenüber Gott, indem man die Keuschheit bewahrt; und die Ehre des Verstandes ist die wahre Schau Gottes.
Aus der 16. Unterweisung Über die Arten der geistlichen Tugenden
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