Vor Deinem Kreuz, o Gebietender, fallen wir nieder, und Deine heilige Auferstehung lobpreisen wir !
In der Mitte der 40-tägigen Fastenzeit wird am Samstag Abend während der Vigil feierlich das Kreuz in die Mitte des Gotteshauses getragen und zur Verehrung auf ein Analogion gelegt. Durch das Gedenken des Leidens und des Todes Christi sollen die Fastenden gestärkt werden. Die gesamte Woche bis zum nachfolgenden Freitag liegt das Kreuz in der Mitte der Kirche aus und wird beim Eintritt ebenso wie bei Verlassen der Kirche sowie während der Gottesdienste kniefällig verehrt. So heißt die vierte Woche der Fastenzeit Kreuzverehrungswoche. Auch die Gottesdienste sind thematisch vom Kreuz bestimmt. In dieser Woche ist also die Hälfte des Fastenweges zurückgelegt.
Predigt des Metropoliten Anthony Bloom (Antonij von Suroz):
In der heutigen Evangeliumslesung spricht Christus zu dem, der Ihm folgen will, in völlig eindeutigen Worten: Wer mir folgen will, der verleugne sich selbst, der schenke sich nicht allzu viel Beachtung, der denke nicht an sich, der nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir nach!
Doch sich von sich abkehren, sich verleugnen, sich keine Beachtung schenken kann man nur, wenn es etwas oder jemanden gibt, worauf bzw. auf den man seine Aufmerksamkeit richten kann. Einfach nur die Augen abwenden und ins nirgendwo blicken, einfach nur sein Herz versiegeln ohne es wieder auf etwas neues zu richten, funktioniert nicht. Wie sollen wir nun dieses Gebot des Herrn erfüllen?
Mir scheint, dass wir mit etwas für uns sehr Einfachem und Machbarem beginnen könnten. Was wäre, wenn wir plötzlich die Stimme Christi hören würden, die zu uns, wie schon so oft in den Geschichten des Evangeliums, sagen würde: Ohne dich kann ich nichts tun: Sei für mich Auge, das seine Mitmenschen wahrnimmt, sei mein Gehör, das ihre Hilferufe, ihr Bitten und Flehen vernimmt. Sei für mich Bein, das ihnen zur Hilfe eilt, sei meine Hände, um ihnen das zu geben, was sie brauchen.
Wenn wir Christus so hören würden, so wüßten wir, was wir tun sollen, dann würden wir verstehen, dass wir gleichzeitung wir selbst sein können, im tiefen und reflektiertem Sinne dieses Wortes ohne dabei gleichzeitig mit all unserer Aufmerksamkeit auf uns gerichtet zu sein. Wir könnten dann zusammen mit Christus um uns schauen und uns die Frage stellen. Wer braucht Christus? Wer bedarf Seiner Liebe? Wer kann nicht ohne Seine Fürsorge leben? Wem fehlt es an Seiner Reinheit und Seiner Wahrheit? Wer dürstet nach Seinem Licht?
Dann könnten wir lernen im Leben genauer hinzuhorchen. Dann würden wir nicht nur immer diesen ohrenbetäubenden Lärm hören, sondern jene Stimmen, die mit Bitten, voller Sehnsucht oder auch voller Freuden an unser Ohr dringen und sie dann auch lernen zu erwidern. So könnten wir gleichzeitig zu Gott wie auch zu den Menschen eilen. Dann wären wir mit Ihm, dann würden wir Sein Kreuz tragen, denn Sein Kreuz ist Seine Liebe, die bereit ist, alles um unser willen zu geben. Dann könnten wir Ihm nachfolgen und gleichzeit uns selbst vergessen, weil wir einfach erfüllt sind von der Sorge um andere. Denn diese Sorge ist nicht nur unsere, sondern auch Seine, die Sorge Christi.
Lasst uns darüber nachsinnen und lasst uns Christus lauschen, Der uns zuruft: Sein einer der Meinigen unter meinem Volk. Dann wird es uns leicht fallen, vielleicht für einen Augenblick, uns selbst zu vergessen und gemeinsam mit Gott an unseren Mitmenschen zu denken.
Amen
Predigt zum Sonntag der Kreuzverehrung 1976 von Metropolit Antonij von Suroz:
Dritter Fastensonntag 28.3.1976
http://www.metropolit-anthony.orc.ru/inname/in_86.htm
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