Donnerstag, 6. März 2014

TROSTBRIEF AN TRAUERNDE - Bischof Augustinus Kaniotis († 2010) Metropolit von Florina


Meine Lieben,

Heute ist ein Mitglied eurer Familie aus dieser vergänglichen Welt geschieden. Es hat Jahre mit euch gelebt. Ihr habt unvergessliche Tage der Freude, aber auch der Trauer erlebt. Ihr habt euch gewünscht, es würde noch länger leben. Aber auch wenn der Mensch tausend Jahre in dieser Welt leben würde, es wäre doch wie ein Tag. Die Zeit vergeht im Fluge. Der Tod kommt. Er ist unvermeidlich. Wer lebt und stirbt nicht? Jetzt ist der Tag gekommen und hat euch aus den Armen der Liebe den geliebten Menschen genommen. Den Grabstätten der Familie wurde eine neue Grabstätte hinzugefügt. Und an diesem Grab weint ihr jetzt. Den Menschen, den ihr geliebt habt, gibt es nicht mehr.

Was sage ich da? Es gibt ihn nicht mehr? Nein! Das ist nicht wahr. Den Menschen, den ihr heute mit dem Segen der Kirche begraben habt, gibt es! Wie? Ein alter griechischer Philosoph, der größte Philosoph, Sokrates, befahl kurz vor seinem Tod den Seinen, nicht um seinen Tod zu trauern und sich keine großen Gedanken zu machen, wie und wo sie ihn begraben werden. Denn das, was sie begraben, sei nicht Sokrates. Das sei sein Leib. Sokrates, so sprach er, ist die Seele, die nicht stirbt. Die unsterbliche Seele weicht im Augenblick des Todes wie ein Vogel aus einem geöffneten Käfig. Sokrates, um den ihr weint und trauert, erlebt jetzt eine große Freude, denn er geht aus dieser Welt des Unrechts und tritt in eine andere Welt ein, wo Recht herrscht. Das Recht, das ich auf Erden verlor, werde ich im Himmel finden……
Diese Worte sprach jener Philosoph wenige Augenblicke vor seinem Tod. Sokrates glaubte, obwohl er 400 Jahre v.Ch lebte, an die Unsterblichkeit der Seele und trat dem Tod mutig entgegen und tröstete die Seinen.

Wir aber, die wir nach Christus leben, wenn wir nicht glauben, dass die Seele unsterblich ist, dass es nach dem Grab ein anderes Leben gibt, sind ganz und gar verdammt durch unsere Ungläubigkeit. Denn nicht ein Philosoph, der als Mensch verblendet sein kann, sondern Gott, der Mensch geworden ist, der Gottmensch, unser Herr Jesus Christus, die Quelle der Wahrheit, die Wahrheit selbst, verkündet uns das. Er verkündigt auf die eindringlichste Art, dass des Menschen Seele unsterblich ist. Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme an seiner Seele Schaden? Denn was kann der Mensch geben, damit er seine Seele löse? (Markus 8.36-37). Und er predigte nicht nur die Unsterblichkeit der Seele, sondern er festigte mit Wundern diese grundlegende Wahrheit. Christus hat Tote auferweckt. Er hat die Tochter des Jairus, den Sohn der Witwe Nain und Lazarus auferweckt. Die Auferstehung des Lazarus wird im 11. Kapitel des Johannes-Evangeliums ausführlich beschrieben,  und ich bitte euch, wenn ihr von der Beerdigung eures lieben Menschen zurückkommt, öffnet das Evangelium und lest dieses Kapitel. Ihr sollt es nicht nur einmal, sondern mehrmals lesen. Es gibt keine tröstlicheren Worte als die Worte des Evangeliums. Was mit Lazarus geschah, wird auch mit jedem anderen Menschen geschehen. Der Herr, der Lazarus von den Toten auferweckt hat, wird auch jeden anderen Toten auferwecken. Die Stimme des Herrn: “Lazarus, komm heraus!“ , diese allmächtige Stimme, die die Seele in den toten Körper zurückbrachte und die Lazarus aus dem Grab herausführte, dieselbe Stimme werden alle Toten hören. In allen Gräbern wird die Stimme ertönen: „Tote, kommt aus euren Gräbern heraus!“ Und die Seelen werden in die toten Leiber zurückkehren und die Menschen werden wieder erscheinen, nicht mit den  Körpern, wie wir sie heute haben, mit Körpern, die Krankheiten und Tod ausgesetzt sind, sondern mit unverwundbaren Körpern. Wir haben nicht genug Fantasie um uns vorzustellen, wie der Mensch sein wird, wenn er von den Toten auferstehen wird.
Aber der größte Beweis dafür, dass der Mensch auferstehen wird und dass der, der glaubt und nach dem Willen Gottes lebt, nicht nur aufersteht, sondern ein unvorstellbar schönes und glückliches Leben führen wird, der größte Beweis, sage ich euch, für die Auferstehung von den Toten und das ewige Leben ist die Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus. Ja! Sollen doch die Materialisten und die Ungläubigen sagen, was sie wollen! Es ist wahr, Wirklichkeit, das größte Ereignis der Weltgeschichte, dass Christus den Tod besiegte. Er ist von den Toten auferstanden! Und wie der erste der Apostel predigte: „Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten und der Erstling geworden unter denen, die da schlafen.“ (1.Korinther 15.20). Wie Christus auferstanden ist, so werden alle Toten auferstehen. Das ist unser Glaube, der Grundstein unseres Glaubens.

πανυχιδα ιστ
Gedenkgottesdienst am Grabe von Bischof Augustinos Kantiotis
                               
Glauben die Menschen, so erleben sie den Tod nicht als Unglück, das sie in ständige Trauer, Melancholie und Verzweiflung stürzt. Natürlich weinen auch die Gläubigen über den Tod ihrer Lieben, aber sie weinen nicht wie die Götzenanbeter und Ungläubigen. Der Todestag eines Christen, eines, der für Christus lebte und zeugte, wird als Geburtstag gefeiert. Denn zweimal wird der Mensch geboren. Einmal, wenn er aus dem Dunkel des Mutterleibs tritt und das süße Licht der Sonne erblickt und das zweite Mal, wenn er aus dem Dunkel des irdischen Lebens tritt, das dem Mutterleib gleicht und das süße Licht der Ewigkeit erblickt. Der Mensch, der aus dem Mutterleib austritt, verliert nichts. Er gewinnt ein neues Leben, unvergleichbar höher als jenes im Mutterleib. Ebenso verliert der Mensch, der durch seinen Tod aus dieser Welt scheidet, nichts, sondern er gewinnt ein neues Leben, unvergleichbar schöner als das irdische Leben. Der Tod ist nach dem christlichen Glauben ein Gewinn und kein Schaden oder Unglück (Philipper 1.21). Das glaubten die Christen der ersten Jahrhunderte und deshalb feierten sie den Todestag eines Gläubigen als Geburtstag. Sie sangen Auferstehungslieder und sprachen zu dem Reisenden: „Gesegnet sei dein Weg, den du heute gehst, denn dein Ruheplatz ist bereitet.“ Aber wo ist heute dieser Glaube? Wehe! Heute herrscht der Unglaube.
Heute glauben die Menschen, die meisten Menschen, nicht an den Herrn, der gekreuzigt wurde und auferstanden ist für uns, der aufgefahren ist gen Himmel und wiederkommen wird zu richten  die Lebendigen und die Toten.  Sie glauben nicht an die Unsterblichkeit der Seele. Sie leben ohne Glauben und sie sterben ohne Glauben. Deshalb fürchten sie sich vor dem Tod. Sie weinen und trauern um den Lieben, der gestorben ist und nicht mehr existiert. Und wenn einer zu ihnen spricht über die Unsterblichkeit der Seele, über die Auferstehung von den Toten, über das Leben nach dem Tod, so lachen sie ihn aus. Und sie sagen, um zu glauben wollen sie Beweise, wollen sie Wunder.
Sie wollen Wunder und Beweise! Aber Wunder und Beweise für die Auferstehung der Toten gibt es nicht nur in der Heiligen Schrift, sondern auch in einem anderen Buch, das der allwissende und allmächtige Gott geschrieben hat. Das hat er geschrieben, damit sogar die Ungebildetsten es lesen  und daraus lernen. Und dieses Buch ist die Natur. Und in diesem Buch finden wir herrliche Bilder der Auferstehung.

Studiert die Sonne! Sieht jemand zum ersten Mal die Sonne versinken und am Horizont verschwinden und das Dunkel der Nacht sich über die Erde legen, wird er schreien und weinen: „Die Sonne ist gestorben!“….  Er wird jenem nicht glauben, der ihm versichert, dass die Sonne wieder aufgehen wird. Die Sonne scheint jeden Abend zu verlöschen, aber sie verlöscht nicht. In einer anderen Welt geht sie auf und verströmt ihr süßes Licht. Der Sonnenaufgang und der Sonnenuntergang sind ein Abbild vom Leben und vom Tod. Wie der Dichter sagt: „ Was wir als Sonnenaufgang ansehen, ist Morgenröte und statt einer Nacht ohne Sonnenaufgang kommt ein Tag, der nie zu Ende geht.“
Studiert noch ein anderes Bild aus dem Buche der Natur! Im Winter sind die Bäume kahl, die Berge schneebedeckt, die Vögel sind weit weggeflogen. Die Natur scheint tot zu sein. Aber dann kommt der Frühling. Der Schnee schmilzt, die Bäume blühen, Samen, die in der Erde  vergraben sind, keimen, sprießen, die Felder werden grün, die Gärten duften, die Nachtigallen singen. Frühling! Freude Gottes! Auferstehung!  O Mensch! Gott, der der toten Natur die Kraft gab im Frühling zu neuem Leben zu erwachen, Gott der Allwissende und Allmächtige wird mit seiner Allmacht alle toten Leiber zu einem neuen Leben erwecken. „Aber deine Toten werden leben, deine Leichname werden auferstehen. Wachet auf und rühmet, die ihr liegt unter der Erde!“ ruft der Prophet Jesaias (26.19). Ja! Die Toten werden auferstehen, denn „bei Gott ist kein Ding unmöglich“ (Lukas 1.37). Warum, Mensch, glaubst du nicht? Brauchst du noch andere Beweise? Bist du Vater oder Mutter? Wenn du dein geliebtes Kind in seinem Bett oder in  deinen Armen schlafen siehst, warum beginnst du nicht zu weinen, warum sagst du nicht, es sei gestorben? Denn du weißt, dass das Kind nach kurzer Zeit aufwachen wird und wieder so lebendig und glücklich sein wird wie vor dem Schlaf. Aber auch der Mensch, um den du nun weinst, ist nicht gestorben. Er schläft. Ja, er schläft. Denn nach den Lehren der Heiligen Schrift ist der Tod ein Schlaf, ein ausgedehnter Schlaf, ein Schlaf, der irgendwann zu Ende sein wird , und dann werden die Leiber der Toten aufwachen und sich  mit der unsterblichen Seele vereinigen. Der Apostel Paulus nennt die Toten Schlafende und sagt, dass die Christen nicht um den Tod eines verstorbenen Menschen trauern sollen wie die Ungläubigen und die Götzenanbeter. Hört seine Worte: „Wir wollen euch aber, liebe Brüder, nicht im Ungewissen lassen über die, die da schlafen, auf dass ihr nicht traurig seid wie die anderen, die keine Hoffnung haben. Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die da entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einherführen.“ (1.Brief an die Thessalonicher 4.13-14)
Der Hl. Kosmas der Aitolos sprach um die, die um einen geliebten Toten trauern, zu trösten: „Sehen wir nicht klar die Auferstehung? Schlafen wir, sind wir nicht wie die Toten? Was ist der Schlaf? Ein kleiner Tod. Und der Tod? Ein langer Schlaf. Und wie das Weizenkorn, das in die Erde fällt, nicht keimt, wenn  es nicht regnet und das Korn nicht aufweicht, so würden auch wir, die wir sterben und begraben werden, nicht das Wasser des ewigen Lebens und der Auferstehung erhalten, wenn Christus nicht als erster begraben wäre. Seht ihr nicht klar,  wie Gott jedes Jahr die Pflanzen aus der Erde auferstehen lässt?“  (Hl .Kosmas der Aitolos, 4.Ausg., S.172).

Nach dem, was oben geschrieben wurde, nach den Worten der wahren Philosophie, nach den Beispielen und Bildern aus der Natur, aber vor allem nach den Zeugnissen der Heiligen Schrift, nach dem unwiderlegbaren Wort Gottes, dem wir uneingeschränkt glauben müssen ist euer geliebter Mensch nicht verschwunden, nicht verloren, kein Nichts geworden. Sagt das nicht! Das ist Lästerung. Weint nicht untröstlich! Das ist Sünde. Wir fragen euch: „Trauert und weint ihr untröstlich, wenn ein Verwandter nach Australien oder Amerika auswandert?“  Nein! Denn ihr wisst, dort, wo er hingeht, wird er ein glücklicheres Leben führen. Denn ihr hofft, dass ihr euch wieder treffen werdet. Aber auch der geliebte  Mensch, der heute durch seinen Tod von euch ging, lebt. Er lebt in einer anderen Welt. So sicher es ist, dass es Australien und Amerika gibt, so sicher und noch viel sicherer ist, dass es ein anderes, ein ewiges Leben gibt.
Wenn aus jener anderen Welt, in der jetzt euer geliebter Mensch lebt, seine Stimme hierher kommen könnte, dann würdet ihr hören: „Meine Lieben, weint nicht um mich! Ich existiere. Ich lebe hier in einer Welt, die ihr euch nicht vorstellen könnt. Sie ist schrecklich nur für jene, die in ihrem irdischen Leben nicht gläubig waren und nicht nach dem Willen Gottes gelebt haben. Aber für jene, die an Christus glauben und nach seinem Evangelium leben, ist es eine schöne, eine unvorstellbar schöne Welt. Die Schönheit kann man nicht beschreiben. Deshalb rate ich euch: Hört nicht auf die Ungläubigen! Verschließt eure Ohren vor ihren Reden! Es gibt eine andere Welt. Es gibt die Hölle. Es gibt das Paradies. Es gibt das ewige Leben. Glaubt an Jesus Christus, studiert das Evangelium, führt seine Heiligen Gebote aus und weint über die Sünden, die ihr begangen habt! Denn im Totenreich gibt es keine Reue.“
Der Tod unterbricht nicht die Verbindung der Lebendigen auf Erden mit den Toten in der anderen Welt. Haltet also diese Verbindung aufrecht! Wahrt ein Andenken an die Menschen, die in die ewige Welt übergetreten sind! Führt die heiligen Totenfeiern durch! Führt sie nicht durch wie die Götzenanbeter, sondern wie Christen, so wie wir es euch gelehrt haben! Und vor allem vergesst nicht, dass  Almosen für Arme und Leidende das Beste ist, was ihr für die Seelen der Entschlafenen tun könnt.

† Bischof Augustinus
Metropolit von Florina, Griechenland

http://www.augoustinos-kantiotis.gr/

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