Freitag, 21. März 2014

Des heiligen Antonius des Großen Weisungen über den guten Lebenswandel

Der heilige Große Antonios der Wüstenvater
1. Die Menschen werden mißbräuchlich (irrtümlich) vernünftig genannt: Nicht sind diejenigen vernünftig, die die Worte und die Bücher der alten Weisen auswendig lernen, sondern diejenigen, die eine vernünftige Seele haben und unterscheiden können, was das Gute und welches das Schlechte ist, – und die das Schlechte und Seelenverderbliche fliehen, das Gute und Seelennützliche eifrig mit Bemühung festhalten, – und die dieses mit viel Dankbarkeit zu Gott tun. Solche allein verdienen in Wahrheit vernünftige Menschen genannt zu werden.
2. Der in Wahrheit vernünftige Mensch hat einen Eifer, nämlich zu gehorchen und zu gefallen dem Gott des Alls, und zu diesem und einzigen seine Seele zu erziehen, daß sie Gott wohlgefällig sei, dankend Ihm für Seine gute Fürsorge und Verwaltung des Alls, in welchem Schicksal er sich auch immer befinde. Es ist nämlich ungehörig, den Ärzten, die uns bittere und uns nicht angenehme Heilmittel darreichen, für die Heilung des Körpers zu danken, zu Gott aber für das uns beschwerlich Erscheinende undankbar zu sein, und nicht zu erkennen, daß alles notwendig zu unserem Nutzen gemäß Seiner Vorsehung geschieht; die Kenntnis nämlich und der Glaube zu Gott ist Heil und Vollkommenheit der Seele.
3. Die Enthaltsamkeit, das Ertragen der Übel, die Besonnenheit, die Standhaftigkeit, die Geduld und die diesen ähnlichen Tugenden haben wir von Gott als überaus große und treffliche Kräfte empfangen, als Gegenkräfte und Gegensätze und Hilfen gegenüber den Hindernissen, die uns begegnen. Wenn wir solche Kräfte üben und in Händen haben, vermuten wir, daß uns nichts Schweres mehr schmerzlich oder unerträglich wird. Denn alles dies wird von den Tugenden in uns besiegt. Dieses erwägen die in der Seele Unvernünftigen nicht. Sie anerkennen nämlich nicht, daß alles gut und notwendig zu unserem Nutzen geschieht, damit die Tugenden aufleuchten, und wir gekrönt werden von Gott.
4. Wenn wir den Besitz von Sachen und den Reichtum für eine nur kurzweilige Vorspiegelung halten und erkennen, daß der tugendhafte und Gott wohlgefällige Lebenswandel den Reichtum übertrifft, wenn wir dieses fest anstreben und im Gedächtnis behalten, wirst du nicht seufzen, nicht klagen und niemanden schelten, sondern für alles wirst du Gott danken, auch wenn du siehst, daß diejenigen, die schlechter als du sind, für Schönrednerei oder Gelehrtheit und Reichtum gerühmt werden. Am allerschlechtesten nämlich ist die Leidenschaft der Seele, welches ist die Begierde, die Einbildung und die Unwissenheit.
5. Der vernünftige Mann, der sich selbst beobachtet, prüft das ihm Angemessene und ihm Förderliche, und welches sich der Seele als zugehörig und nützlich erweist und welches als ihr fremd. Und so flieht er das, was die Seele schädigt, als etwas ihr Gegensätzliches (Fremdes), das ihn von der Unsterblichkeit trennt.
6. Je maßvoller jemand seine Lebensweise hält, umso glücklicher wird er sein. Denn er sorgt sich nicht um Vieles, für Knechte, Bauern und Viehbesitz. Hängen wir uns aber an diese und geraten wir in die Unannehmlichkeiten, die aus jenen Dingen hervorgehen, so schelten wir Gott (machen Gott Vorwürfe). Auf diese Weise bringt uns unsere selbst erwählte Begierde in Verwirrung, und wir bleiben solche, die im Dunkel des Lebens der Sünden umherirren und sich selbst nicht erkennen.
7. Man soll nicht sagen, daß es unmöglich für einen Menschen ist, eine tugendhafte Lebensweise zu erlangen, sondern, daß es nicht leicht ist. Auch für jene, die es erreichen, ist dieses nicht bequem. Ein tugendhaftes Leben haben diejenigen unter den Menschen, die einen frommen und gottliebenden Verstand haben. Der gemeine Verstand nämlich ist weltlich und unbeständig, gute Gedanken annehmend und auch schlechte. Er verändert sich in seinem Wesen und neigt sich zum Stofflichen. Der Gott liebende Verstand aber ist ein Ankläger des Schlechten, welches unter den Menschen aus dem Leichtsinn selbsterwählt entsteht.
8. Die Unerzogenen und Unwissenden halten die Wissenschaften für lächerlich und sie wollen nicht von ihnen hören, damit nicht ihre Ungebildetheit überführt werde. Sie wollen, daß alle so sind wie sie, und ebenso wünschen diejenigen, die ein ausschweifendes Leben führen, daß alle schlechter wären als sie. Verdorben und getrübt wird die Seele von Schlechtigkeit, da sie (folgende Laster) in sich trägt: Unzucht, Stolz, Unersättlichkeit, Zorn, Frechheit, Raserei, Mord, Murren, Neid, Habgier, Raub, Ungeduld, Lüge, Genußsucht, Faulheit, Trübsinn, Feigheit, Haß, Verurteilen, Müßiggang, Verirrung, Unwissenheit, Verführung und das Vergessen Gottes. Mit solchen und ähnlichen Dingen wird die elende Seele gestraft, die sich von Gott entfernt.
9. Ob jemand ein tugendhaftes, frommes und ehrbares Leben führt, darüber darf man nicht nach einer heuchlerisch übernommenen falschen Sitte oder dem trügerischen Schein des äußeren Lebens urteilen, sondern wie die Künstler der Malerei und Bildhauerei zeigen sie ihren tugendvollen und gottliebenden Lebenswandel aus ihren Werken, und gleich wie Fallen verschmähen sie alle schlimmen Lüste.
10. Für die im Denken Gesunden bleibt der reiche und wohlgeborene Mensch, der ohne seelische Erziehung und Vortrefflichkeit (Tugendhaftigkeit) des Lebens ist, unglücklich. Der Arme dagegen und dem Stand nach Geringe, der mit Erziehung (Bildung) und Tugendhaftigkeit des Lebens geschmückt ist, glücklich. Ebenso wie die Fremden auf den Wegen umherirren, so werden diejenigen, die nicht um ein tugendhaftes Leben Sorge tragen, von der Begierde verwirrt und gehen zugrunde.
11. “Menschenmacher(-Schöpfer)” verdient derjenige genannt zu werden, der es vermag, die Unerzogenen zu zähmen, daß sie die Worte (Weisheit, Wissenschaften) und die Erziehung (Bildung) lieben. Ebenso verdienen diejenigen, die Ausschweifende zu einem tugendhaften und Gott gefälligen Wandel umformen “Menschenmacher” genannt zu werden. Die Lindheit (Sanftmut) nämlich und Enthaltsamkeit sind Glück und gute Hoffnung für die Seelen der Menschen.
12. Nach der Wahrheit sollen die Menschen ihren Lebenswandel und ihre Sitten ausrichten. Wenn dieses geschieht, wird auch Gott leicht erkannt werden. Wer nämlich Gott aus ganzem Herzen und Glauben verehrt, wird von Gott gelehrt werden, sich von Zorn und Begierde zu enthalten. Die Ursache aller Übel nämlich sind die Begierde und der Zorn.
13. “Mensch” nennt man denjenigen, der entweder (schon) vernünftig ist oder aber angefangen hat, sein Leben zu bessern. Wer ungebessert verharrt, den soll man nicht “Mensch” nennen, denn jene Eigenschaft (d.h.: die Unverbesserlichkeit) ist eine nicht-menschliche. Solche muß man meiden. Denjenigen, die zusammenleben mit dem Bösen, ist es unmöglich, jemals unter die Unsterblichen zu gelangen.
14. Nur die Vernunft, die tatsächlich in uns ist, macht uns würdig, Menschen genannt zu werden. Wenn wir die Vernunft verlassen, unterscheiden wir uns nur durch die Ausformung der Gliedmaßen und die Stimme von den Unvernünftigen (Tieren). Erkennen soll sich der verständige Mensch als unsterblich seiend, und er wird alle schändlichen Begierden, die den Menschen zur Ursache des Todes geworden sind, hassen.
15. Ebenso wie jeder Künstler, der die ihm vorliegenden Materialien bearbeitet, an diesen seine Vortrefflichkeit zeigt, – einer bearbeitet Holz, einer Eisen und einer Gold und Silber -, ebenso müssen auch wir, die wir von dem tugendhaften und Gott wohlgefälligen Lebenswandel hören, zeigen, daß wir wahrhaft vernünftige Menschen sind – und zwar in der Seele und nicht nur in der Ausformung des Körpers. Die in Wahrheit vernünftige und Gott liebende Seele erkennt sogleich alles, was in der Welt ist, und liebend versöhnt sie Gott (rührt sie Gottes Erbarmen) und dankt Ihm wahrhaftig, indem sie jede Bewegung und jeden Gedanken an Ihn heftet.
16. Ebenso wie die Seeleute mit Vorsicht das Schiff steuern, damit sie es nicht an einen unterseeischen Felsen oder eine Klippe anstoßen, so sollen auch diejenigen, die ein tugendhaftes Leben suchen, vorsichtig prüfen, was sie tun, und was sie meiden müssen. Und sie sollen überzeugt sein, daß ihnen die wahren und Göttlichen Gesetze nützlich sind, indem sie die schlechten Begierden der Seele heraushauen (und vertreiben).
17. Ebenso wie die Seefahrer und die Wagenlenker mit Umsicht und Sorgfalt das Angestrebte erreichen, so müssen auch die, die einem richtigen und tugendhaften Leben nacheifern, sorgen und denken, damit sie angemessen und Gott wohlgefällig leben.
18. Für Freie haltet nicht diejenigen, die dem Stand nach frei sind, sondern die, die dem (irdischen) Leben und dem Charakter nach frei sind. Es ziemt nicht dem Wahrhaftigen, die Herrschenden frei zu nennen, die schlecht sind und zügellos. Knechte nämlich sind sie der Leidenschaften des Stoffes. Freiheit aber und Wohlgestimmtheit der Seele ist die echte Reinheit und die Verachtung der zeitlichen Dinge.
19. Erinnere dich, daß man sich unablässig durch die Tat als vernünftig erweisen muß, und zwar durch den guten Lebenswandel und dessen Werke. So nämlich achten die Kranken die Ärzte nicht wegen ihrer Worte als Retter und Wohltäter, sondern wegen ihrer Taten.
20. Kennzeichen der vernünftigen und tugendhaften Seele sind: der Blick, der Gang, die Stimme, das Lachen, die Gespräche und die Umgebung. Alles nämlich wird verändert und umgestimmt zum Wohlgestalteteren. Der Gott liebende Verstand von ihnen ist nämlich ein guter Torwächter und verschließt die Eingänge den schlechten und schändlichen Einfällen. Fortsetzung folgt
21. Betrachte das dich Umgebende, und erkenne, daß die Herrschenden und Gebieter nur über den Körper Gewalt haben und nicht über die Seele, und dieses bleibe dir immer in Gedanken gegenwärtig. Wenn sie Morde befehlen oder etwas Ungehöriges oder Unrechtes und Seelenschädliches, darf man ihnen nicht gehorchen, wenn sie auch den Körper mißhandeln. Gott nämlich erschuf die Seele frei und selbstgewaltig (selbstverantwortlich), woraufhin sie gut oder schlecht handelt.
22. Die vernünftige Seele eifert, sich zu entfernen von Ausweglosigkeit(?), Anmaßung, Hochmut, Betrug, Neid, Raub und Ähnlichem, welches Werke von Dämonen und Böswilligkeit sind. Alles wird mit Eifer und beharrlicher Sorge erreicht, wenn der Mensch der Begierde nicht Raum zu schändlichen Lüsten gibt.
23. Diejenigen, die sich ein wenig und unvollkommen der Askese befleißigen, entfernen sich doch von den Gefahren und bedürfen nicht besonderer Vorsichtsmaßregeln. Wenn sie die Begierde besiegen, finden sie den zu Gott führenden Weg leicht.
24. Den vernünftigen Menschen ist es nicht notwendig, sich vielen Gesprächen hinzugeben, sondern den nützlichen, durch die der Wille Gottes betrieben wird. So nämlich gelangen die Menschen wieder zum Leben und dem ewigen Licht.
25. Für die ein tugendhaftes und Gott liebendes Leben Suchenden, ist es nötig, abzulassen vom Eigendünkel und von jeglichem leeren und lügenhaften Ruhm und zu eifern für die Erreichung eines tüchtigen Lebens und Charakters. Der Gott liebende und unveränderliche Verstand ist eine Hinführung und ein Weg zu Gott.
26. Es ist nichts nütze, die Wissenschaften zu lernen, wenn der tugendhafte und Gott liebende Wandel der Seele fehlt. Die Ursache aller Übel nämlich ist die Verirrung, die Täuschung und die Unkenntnis Gottes.
27. Das Bemühen um das treffliche (gute)Leben und die Sorge um die Seele bringt die guten und gottliebenden Männer hervor. Wer nämlich Gott sucht, findet Ihn, indem er die Begierde durch unablässiges Gebet zu Ihm besiegt. Ein solcher nämlich fürchtet sich nicht vor Dämonen.
28. Diejenigen, die sich durch irdische Güter verführen lassen und wörtlich das, was für das gute Leben förderlich ist, kennen, erleiden etwas Ähnliches, wie diejenigen, die die Heilmittel und Hilfsmittel der Ärzte benötigen, aber nicht wissen und verstehen, sie zu gebrauchen. Deshalb werden wir für die von uns begangenen Sünden niemals unsere Geburt oder irgend etwas anderes beschuldigen außer uns selbst. Wenn die Seele nämlich sich dem Leichtsinn (Müßiggang) hingeben will, dann kann sie nicht unbesiegt bleiben.
29. Demjenigen, der nicht zu unterscheiden weiß, was das Gute ist und welches das Schlechte, steht es nicht zu, darüber zu urteilen, wer von den Menschen gut oder schlecht ist. Der Mensch nämlich, der Gott erkennt, ist gut. Wenn er aber nicht gut ist, d.h. nich t Gott erkennt, wird er auch nie (von Ihm) erkannt werden: Denn das einzige Mittel zur Erkenntnis Gottes ist die Güte.
30. Gute und gottliebende Männer überführen die der Person nach Anwesenden irgenteiner Schlechtigkeit. Die nicht Anwesenden aber tadeln sie nicht nur selbst nichtsondern sie gestatten es auch denen nicht die anheben irgentetwas über sie zu sagen.

Übersetzung: Stefan v. Wachter
Quelle: http://orthodoxe-bibliothek.de/

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