Mittwoch, 12. März 2014

UNIA: Die Methode des auf den Papst zentrierten Ökumenismus

      

Archimandrit Georgios (Kapsanis),

bis vor kurzem Abt des Hl. Klosters Grigoriou (Heiliger Berg Athos)

Ein etwas älterer, und dennoch interessanter Text über die spaltende Unia. 

Kürzlich hat der Papst den am 24. Mai 2008 zum Bischof von Karkavien geweihten unierten Kleriker Herrn Demetrios Salachas, Professor am Ostkirchlichen Institut von Rom und Mitglied der Gemeinsamen Theologischen Kommission für den Dialog zwischen den Orthodoxen und den Römisch-Katholischen, zum Bischof und apostolischen Nuntius für die sehr geringe Zahl der Unierten Athens ernannt. Für die unierte Gemeinde Athens war das Ereignis schwerwiegend, wie es sich durch die Bekanntgabe seitens der Gemeinde auf ihrer Internetseite und vor allem durch die Einweihungsrede des Herrn Salachas zeigt.2 
Doch für die Orthodoxen war dasselbe Ereignis traurig und provokativ, denn es brachte das Problem der Unía wieder zur Aktualität, offenbarte noch einmal die Einstellung des Vatikans der Orthodoxie gegenüber und enthüllte, wie gefährlich für die Orthodoxie die Perspektive der sogenannten Theologischen Dialoge ist. Die im folgenden aufgeführten Feststellungen sind diesbezüglich ausreichend überzeugend:
a) Die Ekklesiologie der unierten Gemeinden ist immer noch derjenigen gleich, auf der die Unia im 16. Jh. fundiert wurde. Dies bestätigen die entsprechenden Bezugnahmen des Bischofs Demetrios Salachas während seiner Einweihungsrede.
Am Anfang sagt er: „Unsere Gemeinde ist ein kleiner Teil der Katholischen Kirchen im Osten“. Und dies ist wahr. Alle unierten Gemeinden stammen aus dem Innern der Orthodoxen Östlichen Kirchen und wurden «katholisch», da sie das päpstliche Primat und die päpstlichen Dogmen annahmen. Sie bezeichnen sich selbst als «die Katholischen Kirchen im Osten», weil sie glauben, daß ihre Kommunion mit dem Papst sie zu «katholischen», vollständigen Kirchen gemacht hat, ihnen die «Katholizität» sicherstellend, während die restlichen Kirchen des Ostens, die keine Kommunion mit dem Papst haben (die Orthodoxe Kirche und die antichalkedonischen monophysitischen und nestorianischen Kirchen, die der Unia nicht beitraten), nicht «katholisch» sind oder, wie sie das II. Vatikanum bezeichnete, „Teil- oder lokale Kirchen, unter denen die Patriarchalen Kirchen den ersten Rang haben» (Dekret über Ökumenismus, 14).
Die Einweihungsrede setzt mit der Versicherung fort: „Vereinigend ist unsere Vision und nicht ’uniert’. Das II. Vatikanum erinnert uns daran, daß die gültigen kanonischen Funktionsstrukturen der Östlichen Katholischen Kirchen ’vorläufig’ erlassen wurden, d. h. bis die Kirchen, Katholische und Orthodoxe, ihre volle Kommunion wiederherstellen (Dekret über die Östlichen Kirchen, Nr. 30), nach dem Vorbild der antiken ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends.“ Und wir fragen uns: Inwiefern unterscheidet sich die «vereinigende» von der «unierten» Vision? War denn nicht die unierte immer aus ekklesiologischer Sicht vereinigend (pseudo-vereinigend), also zielte sie nicht auf das Erreichen kirchlicher Kommunion, aber unter der Voraussetzung der Anerkennung der päpstlichen Autorität und der päpstlichen Dogmen, welche in den päpstlichen Konzilien von Lyon, von Florenz-Ferrara, von Trient und in anderen erlassen wurden? Sieht vielleicht die «vereinigende» Vision des II. Vatikanum und des anthropozentrischen Ökumenismus die Abschaffung der Dogmen vor, die von dreizehn «ökumenischen» Konzilien des Papsttums erlassen wurden3? Und wie wird schließlich ohne die Ablehnung aller Heterodoxien (Häresien) der offizielle Theologische Dialog seine vereinigende Vision verwirklichen, ohne daß sie «uniert» ist; gegeben, daß er bis heute die Abschaffung keiner von diesen erreicht hat?
Danach versichert Bischof Salachas den Orthodoxen: „Die Griechische Katholische Exarchie [er meint die unierte Gemeinde von Acharnon, der er vorsteht] lehnt ab und wird kategorisch jede Aktion von Proselytismus ablehnen“, und fügt hinzu: „Aber ich bitte sie [die Orthodoxen], uns das Recht zu existieren nicht zu verneinen“. Zweifellos lehnt er die abscheulichen Methoden der Vergangenheit ausdrücklich ab, und wir wollen es glauben, daß er ehrlich ist, wenn er fordert, daß sie als eine Gemeinde, welche sich selbstbestimmen will, existieren. Trotzdem muß verdeutlicht werden, daß die Orthodoxen, obwohl wir keinen Einwand gegen das Recht jedes Menschen und jeder Gemeinde auf ihre Selbstbestimmung erheben, betonen, daß die Existenz der unierten Kirchen der handfeste Beweis ist, daß die Unia besteht, und deshalb ist jede Aktion des Vatikans, die ihre Existenz bestätigt, eine Bestätigung der Unia, unabhängig davon, ob ein nicht gerechtfertigter Proselytismus stattfindet oder nicht. Die Unia ist zuallererst ein ekklesiologisches Problem. Als solches interessiert es uns hauptsächlich. Wenn also der Vatikan die Unia bestätigt, indem er den unierten Kirchen das Recht versichert, unter der jetzigen ekklesiologischen Ordnung zu existieren, kann der Theologische Dialog seitens des Vatikans als Perspektive nicht die Wiederherstellung der Einigkeit der Kirchen «nach dem Vorbild der alten ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends» sein, sondern dem der Unia!
b) Der Vatikan unterstützt die Unia. Obwohl er die Unia hypokritisch als Methode der Vereinigung der Kirchen (Text von Balamand §1) «verurteilt», bestätigt er ihn zugleich, indem er die Existenz der unierten Gemeinden anerkennt (§31) und ihre Anwesenheit und Tätigkeit innerhalb der kanonischen Grenzen der Orthodoxen Kirchen verschiedenartig verstärkt. Wir fragen uns: Bis wann werden wir, die Orthodoxen, den Theologischen Dialog verewigen und diese tragische Situation aushalten? Die Römisch-Katholischen (abgesehen von lobenswerten Ausnahmen, die im Gegensatz zum Vatikan mit der Unia nicht übereinstimmen) sind widersprüchlich, wenn sie die Unia als Methode der Vereinigung in der Vergangenheit verurteilen und gleichzeitig die unierten Gemeinden anerkennen. Was bedeutet die Verurteilung der Unia und die gleichzeitige Verstärkung der unierten Gemeinden, welche die Unia auf der Bühne der Geschichte zur Wirklichkeit machen?
Die alten abscheulichen Aktionen der päpstlichen Unia sind bekannt. Wir erinnern daran, daß die Anhänger des Papsttums unter Ausnutzung der politischen und militärischen Schwäche des Östlichen Reiches [Byzanz] nach der fürchterlichen fränkischen Okkupation den ersten Grundstein der Unia mit der Unterwerfung unter die Beschlüsse des päpstlichen Konzils von Lyon (1274) zu Zeiten Michail Palaiologos und des Patriarchen Ioannis Vekkos legten. Der zweite und entscheidende Grundstein der Unia wurde mit der bekannten tyrannischen Forderung des Papstes Eugen IV. über völlige Unterwerfung der bedürftigen Östlichen Kirchen unter das Konzil von Ferrara-Florenz (1439) gelegt. Die für die Heimtücke ihrer notorischen Tätigkeit berüchtigten Jesuiten machten die Unia seit dem Konzil von Brest (1596) zur großen Versuchung für die Orthodoxen Östlichen Kirchen, die das Leben des Patriarchen Kyrillos Loukaris und die Entthronung vieler Patriarchen kostete, zur Abspaltung vom Leib der Kirche großer Gemeinden in der Ukraine, in Transsylvanien, Dalmatien, Antiochien führte und grausame Verfolgungen gegen die Orthodoxen in diesen und anderen türkisch-okkupierten Gegenden4.
In der gleichen Zeitperiode eskaliert die vom Papst initiierte uniatische Propaganda durch die Tätigkeit der Propaganda Fidei und die von päpstlichen Missionaren geleiteten Schulen (unter denen das Kollegium des hl. Athanasios in Rom höchsten Rang hatte)5, mit dem Zweck nicht nur der Uniatisierung individueller Personen, sondern vor allem der Verformung der orthodoxen Haltung der Orthodoxen durch die lateinophile Tätigkeit vieler ihrer Graduierten.
Aber auch zu unseren Zeiten unterstützt der Vatikan bedenkenlos und verstärkt verschiedenartig die Unia. Seit Beginn des Theologischen Dialogs zwischen den Orthodoxen und den Römisch-Katholiken beteiligen sich unierte Theologen an der Gemeinsamen Theologischen Kommission trotz der heftigen und entschiedenen Forderung des 3. Panorthodoxen Treffens, daß sie nicht teilnehmen dürfen6. Papst Johannes Paul II. trug zur Wiederbelebung der Unia in Osteuropa entscheidend bei. Mit der Vereinbarung von Balamand (1993) wird, abgesehen von anderen ernstesten theologischen Vergehen, die Existenz der unierten Kirchen anerkannt und gerechtfertigt, sogar mit der Unterschrift einiger Orthodoxen Kirchen.
Papst Johannes Paul II. stürzte mit einem vertraulichen Brief an den römisch-katholischen Co-Vorsitzenden des Dialogs, Kardinal Edward Cassidy, den Kurs der Gemeinsamen Theologischen Kommission in Baltimore (2000) um und führte den Dialog zugunsten der Unierten zum Scheitern. Er schrieb darin: „Es muß (beim Treffen in Baltimore) den Orthodoxen mitgeteilt werden, daß die Östlichen Katholischen (= unierten) Kirchen sich in der Kirche von Rom großen Respekts erfreuen, wie auch jede andere Kirche, welche in Kommunion mit Rom steht“7, und bewirkte die gerechte Entrüstung und den Rücktritt vom Co-Vorsitz des Erzbischofs von AustralienStylianos [Patriarchat von Konstantinopel]. Der jetzige (damalige) Papst Benedikt XVI. segnet, sich der gleichen Taktik anschließend, die unierte Kirche in der Ukraine und gratuliert ihr8, bringt bei seinem Besuch in November 2006 im Phanar in seiner Delegation einen unierten Bischof mit, erklärt in Ephesos, daß „für ihn der beste Weg zur Einheit in der Kirche derjenige der Unia ist“9 und schickt nun einen neuen apostolischen Exarchen nach Athen!
c) Die ökumenistische Toleranz der Unia gegenüber ist ekklesiologisch höchst problematisch. Damit der Theologische Dialog anscheinend nicht unterbrochen wird, wurden und werden seitens orthodoxer Vorsitzender und Theologen unzulässige Rückzüge durchgeführt. Die mutige und zutiefst orthodoxe theologische Sprache der ruhmreichen Patriarchen Konstantinopels, mit der sie die verwünschte Unia tadelten, wurde zum Schweigen gebracht um des nicht-theologisierten «Dialoges der Liebe» des Patriarchen Athenagoras willen (einen klassischen Text stellt schon die strenge Enzyklika gegen die Unia10 des ruhmreichen Patriarchen Joakim III. dar). Die Konzilsbeschlüsse und die Enzykliken der Patriarchen des Ostens gegen die Unia11 sind in die Vergessenheit der Kirchengeschichte als polemische Taktik geraten, weil sie anscheinend nicht in die heutige Ära der «Versöhnung» passen!
Das orthodoxe Bewußtsein fragt sich: Auf welcher theologischen Basis stützt sich die ökumenistische Toleranz der Unia gegenüber? Was änderte sich in der Ekklesiologie und Theologie der unierten Kirchen, so daß ihre Bischöfe und Kleriker gutmütig aufgenommen und akzeptiert werden? Wann zeigten die Unierten, daß sie sich ekklesiologisch korrigieren, indem sie entweder völlig römisch-katholisch wurden oder in den Schoß der Ostkirche zurückkehrten? In welchem Sinn befreit sie ihr Recht, als besondere Gemeinden zu existieren, von der Verpflichtung, sich ekklesiologisch wiederherzustellen? Haben wir vielleicht unsere ekklesiologischen Kriterien abgeschafft?
Ohne Zweifel ist die einzig mögliche Interpretation der ökumenistischen Toleranz der Unia gegenüber der Fehltritt in eine bis heute unbekannte Ekklesiologie, welche die Ekklesiologie der Orthodoxen Kirche umstürzt und sich der säkularisierten Mentalität unserer Tage anschließt.
d) Der Vatikan macht den Theologischen Dialog zum Mittel der Verführung des Orthodoxen Kirchenvolkes und der Veränderung seiner ekklesiologischen Gesinnung. Während die Unia vom Vatikan verstärkt wird und sich die Unierten der Akzeptanz seitens orthodoxer Vorsitzender erfreuen, wird der Theologische Dialog fortgesetzt, wohingegen die Diskussion über das heikle Problem der Unia für die Zukunft aufgeschoben wird (Sitzung von Belgrad, 2006). Das Gewissen der Orthodoxen wird entschärft, und das Problem wird von der Ekklesiologie zur Soziologie umgestellt. Die glasklare orthodoxe Ekklesiologie gibt heute nach und räumt ihren Platz der verschwommenen Ekklesiologie, voll von Synkretismus, über die «Schwesterkirchen». Die ökumenistischen orthodoxen Theologen sind bereit, neuerschienene Ansichten über theologische Fragen zu unterstützen, welche von den Heiligen Vätern seit Jahrhunderten auf unbestrittene Art definitiv und unwiderruflich beantwortet worden sind. Aktuelle charakteristische Beispiele solcher Ansichten sind unter anderen: die Namensänderung der Häresie des Filioque zu einer «unterschiedlichen theologischen Annäherung, welche die Substanz des Dogmas nicht beeinträchtigt», die Charakterisierung der dogmatischen, ethischen und liturgischen Verformungen des Römischen Katholizismus als «legitime Vielförmigkeit», die Vorstellung des päpstlichen Primates der Macht als Primates vorgeblich der Diakonie.
Davon abgesehen wird das fromme orthodoxe Volk von den Medien mit Meldungen von «Versöhnung» und Bildern von «gegenseitiger Anerkennung» bombardiert, mit dem Ergebnis, daß die orthodoxe Gesinnung des Volkes, die bis jetzt als solides Bollwerk gegen die Weltherrschaftsbestrebungen des Papsttums funktionierte, entschärft wird. Im Namen des Theologischen Dialoges finden unzumutbare und gemeinsame Gebete und Verehrungsveranstaltungen statt, die gegen die Heiligen Regeln verstoßen, bis hin zum inakzeptablen liturgischen Kuss inmitten der orthodoxen Liturgie und zur «Segnung» des Orthodoxen Kirchenvolkes durch den Papst. Abschluß und Kulmination der kanonischen Übertretungen stellte die während des vergangenen Monates Mai, am Sonntag der Samariterin, unerwartete sakramentale Interkommunion des rumänischen Bischofs von Banat Nicolae mit den Unierten in Rumänien dar, was den heftigen Protest der Mönche in Rumänien und der rumänischen Mönche auf dem Heiligen Berg gegen die Hierarchie der Kirche von Rumänien und die ernsthafteste Beunruhigung aller Orthodoxen wegen des Zieles, das diese skandalöse Aktion anvisierte, herbeiführte.
Schließlich bewegt sich schon der Theologische Dialog zwischen den Orthodoxen und den Römisch-Katholischen durch Texte wie die von Ravenna (2007), die voller absichtlicher Unklarheiten und theologischer Sophistereien sind, in Richtung einer Anerkennung des päpstlichen Primates nach uniertem Typ. Charakteristisch ist das Interview des Kardinals Walter Kasper, des Vorsitzenden des päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, welches die französischsprachige Zeitschrift S.O.P. kommentiert:
„[Kardinal Kaspar sagte:] ’Im Westen erfuhren wir die Entwicklung, die zum II. Vatikanischen Konzil mit der Bestimmung des Machtprimates und der Unfehlbarkeit des Papstes führte, eine Entwicklung, welche die Orthodoxen nie akzeptierten. Es bedarf einer Diskussion, wie wir diese unterschiedlichen Herausbildungen (die geschahen) auf den Fundamenten des ersten Jahrtausends interpretieren sollten’. Wir müßten uns auch überlegen – sagte er (Kasper) – wie das Primat von Rom funktionieren wird, dabei müsse es deutlich werden, daß schon ’zwei Codizes des Kanonischen Rechtes’ im Inneren der katholischen Kirche existieren würden: ’einer für die lateinische Kirche und ein anderer für die östlichen Kirchen, die in voller Kommunion mit Rom stehen’. ’In Übereinstimmung mit diesen Codizes wird das Primat in der Lateinischen Kirche auf unterschiedliche Art und Weise gegenüber jener, die für die Östlichen Kirchen gilt, ausgeübt. Wir wollen den Orthodoxen das System, das heute in der Lateinischen Kirche herrscht, nicht aufoktroyieren. Im Fall der Wiederherstellung der vollen Kommunion muß ein neuer Primattypus für die orthodoxen Kirchen gefunden werden’, fügte er hinzu.“
Denkwürdig ist sicherlich auch die Antwort des russischen Bischofs Hilarion Alfejev auf diese Aussagen, wie sie dieselbe Zeitschrift S.O.P. in ihrem Kommentar veröffentlicht:
„’Auf welchen neuen Typ bezieht er sich?’, fragte sich der russische Theologe und implizierte, daß er sich sicherlich darauf beziehen könne, ’was schon in den östlichen Kirchen, die in Kommunion mit Rom stehen, existiert’, d. h. auf die Unia. ’Mit anderen Worten wird uns noch einmal die Möglichkeit vorgeschlagen, eine unierte Ansicht über das Primat des Bischofs von Rom anzunehmen’, meint Bischof Hilarion. ‚Wenn dies der ‹Schritt des Vorankommens› ist, fürchte ich, daß ein solcher Fortschritt die Orthodoxen nicht wird begeistern können, welche die Unia als Widerspruch ihrer Interpretation der Ekklesiologie und als Verrat gegen die Orthodoxie sehen’. ’Im Jahr 1993, in Balamand, hatten Katholiken und Orthodoxen den Schluß gezogen, daß die Unia keinen Einheitstypus darstellen könne, und nun, fünfzehn Jahre später, fordert von uns der Vorsitzende des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, die unierte Interpretation des römischen Primates anzunehmen’, fügte er hinzu und zog den Schluß: ‚Wir benötigen kein neues Uniatentum. Wir benötigen eine strategische Kooperation, welche jede Form von Proselytismus ausschließen wird. Wir haben es noch nötig, den theologischen Dialog fortzusetzen, nicht um die Orthodoxen zu Unierten zu transformieren, sondern um die ekklesiologischen Punkte von Dissens zwischen Katholiken und Orthodoxen abzuklären’“12.
Es ist tröstend, daß das orthodoxe Bewußtsein auf die unwahre Interpretationen des Primates mit Widerstand reagiert, welcher in der ganzen Kirche vom Ökumenischen Konzil geübt wird, wie der sel. Patriarch Dimitrios 1973 mit aller Deutlichkeit und Förmlichkeit erklärte und Prof. Evaggelos Theodorou treffend kommentiert13.
Die Weihe des neuen unierten Bischofs in Athen stellt einen zusätzlichen Schlag des Vatikans gegen die Orthodoxie und im besonderen hier gegen die Kirche von Griechenland dar. Die gemeinsamen Stellungnahmen der Orthodoxen Kirche (wir vergegenwärtigen die Botschaft der Vorsitzenden der Heiligsten Orthodoxen Kirchen besonders14) in den letzten Jahrezu den Aktivitäten der Unierten stieß auf die typische entwürdigende Antwort des Vatikans: die bedenklose Unterstützung der Unia. Es stellt sich also schärfer die Frage: Welchen Sinn hat der Theologische Dialog, wenn die Unia vom Vatikan gebilligt, gesegnet und konsolidiert wird?

Die orthodoxen Hirten, die ein sensitives dogmatisches und ekklesiastisches Kriterium besitzen, merken, daß die Orthodoxe Kirche veralbert wird und das orthodoxe Volk gefährdet ist, wenn die Theologischen Dialoge unter solchen Voraussetzungen stattfinden. Das fromme orthodoxe Volk macht sich Sorgen, wenn es feststellt, daß nach einem Jahrhundert von Kontakten und fast dreißig Jahren offizieller Dialoge die Perspektive nicht dergestalt ist, daß die Römisch-Katholiken den orthodoxen Glauben wiederfinden und zur Gemeinschaft der Einen Heiligen Katholischen und Apostolischen Kirche, d. h der Orthodoxen Kirche, zurückkehren, sondern eher, daß ihnen Versicherungen von Seiten der Orthodoxie angeboten werden.
Es ist verständlich, daß das fromme Volk mit dieser Perspektive nicht übereinstimmen wird. Es duldet derzeit, damit keine vorzeitigen Schismen in der Kirche stattfinden, aber es ist nicht bereit, eine synodale Bestätigung der nichtkanonischen Geschehnisse zu akzeptieren. Vielmehr nimmt es sich vor, Rückzieher in dogmatischen Fragen und ihre synodale Besiegelung nicht zu tolerieren. Ein unerschütterliches Kriterium von Orthodoxie beherrscht die dogmatische Lehre der Ökumenischen Konzilien und der Heiligen Väter und die kanonische Ordnung der Orthodoxen Kirche. Jedesmal wenn es so aussieht, daß diese beiden Säulen seiner Orthodoxie verletzt werden, trauert, schmerzt und bittet es den Herrn darum, daß Er Seine Kirche behüte und seine Bischöfe zu Hütern der göttlichen Dogmen und der heiligen Regeln mache, und mißbilligt, daß der Moment kommt, in dem es nötig wird, diejenigen, die gegen den ein für allemal den Heiligen überlieferten Glauben verstoßen, außerhalb der ekklesiastischen Kommunion zu stellen. Denn gemäß dem Urteil der Patriarchen des Ostens hat es das Bewußtsein, daß „bei uns weder Patriarchen noch Synoden jemals einen neuen (Glauben) einführen konnten, da der Verteidiger des Glaubens der Leib der Kirche selbst ist, d. h. das Volk selbst, das seinen Glauben ewiglich unverändert und gleichartig dem seiner Väter will“15.

Heiliger Berg, 16./29. Juni 2008
2. Sonntag Matthäus
Gedenken unserer auf dem Heiligen Berg hervorgeleuchteten Väter,
Hierarchen, Heiligen, Märtyrer und Bekenner

(in: DER SCHMALE PFAD, Orthodoxe Quellen und Zeugnisse, Verlag Johannes A. Wolf, Band 26, Dezember 2008, SS. 66-75)
1 Quelle: Zeitschrift ΠΑΡΑΚΑΤΑΘΗΚΗ (Parakatathíki), Nr. 60 (Mai – Juni 2008), S. 3-10. Die vorliegende Übersetzung wird veröffentlicht mit dem Segen des Verfassers dieses Artikels, Archimandrit Georgios, Abt des Hl. Klosters des Gottgeweihten Grigorios, Hl. Berg Athos.
2 Griechische Katholische Exarchie, http://www.cen.gr (Diese und alle weiteren Fußnoten stammen vom Verf.).
3 Über das Gegenteil s. Archim. Georgios, Abt (Kathegoumen) des Hl. Klosters Grigoriou (Heiliger Berg Athos): Besorgnis über die vom Vatikan in Vorbereitung befindendliche Vereinigung der Orthodoxen mit den Römisch-Katholischen, ZeitschriftParakatathiki, Band 54 (2007) (gr.).
Die Unia gestern und heute (Sammelband mit Beiträgen von Erzpr. G.D. Metallinos, D. Gonis, d. H. Fratseas, E. Moraros u. des Bischofs von Vanatos Athanasije Jevtić), Armos Verlag, 1992. Amvrosios Bf. Giorgiou, Historische Ansicht der Ursachen und Konsequenzen der Union der Orthodoxen Transylvaniens mit der Römisch-Katholischen Kirche (Das Uniatentum in Transsylvanien vom 18. bis zum 21. Jh. n.Chr.), Pournaras Verlag, Thessaloniki 2006. Archim. Georgios Kapsanis, Abt des Hl. Klosters Grigoriou (Heiliger Berg Athos), Das ekklesiologische Selbstbewußtsein der Orthodoxen von der Eroberung bis zu den Anfängen des 20. Jahrhunderts, im Sammelband Eikosipentaetirikon (dem Metropoliten von Neapolis und Stavroupolis Dionysios gewidmet), Thessaloniki 1999. Timotheos I. Timotheadis, Die Unia von Giannitsa und die Politk des Vatikans gestern und heute, Giannitsa 1992 (alles auf Griechisch).
5 Zacharias N. Tsirpanlis, Die mazedonischen Studenten des Collegium Graecum von Rom und ihre Tätigkeit in Griechenland und Italien, Verein Mazedonischer Studien Verlag, Thessaloniki 1971 (gr.).
6 Ioan. Karmiris, Orthodoxie und Römischer Katholizismus, Band II, Athen 1965, S. 38 (gr.).
7 Evaggelos D. Theodorou, Aktuelle Bemerkungen des Kardinals Walter Kasper über die Kontakte zwischen Orthodoxen und Römisch-Katholischen, Zeitschrift ECCLESIA, Band 4/ April 2008, S. 287 (gr.).
8 Zeitung Katholikí (Katholische Zeitung), Blatt 3046/18-4-2006 (gr.).
9 ZeitungOrthodoxosTípos(OrthodoxerDruck), 8/12/2006 (gr.).
10 Zeitung Ekklisiastikí Alithía (Ekklesiastische Wahrheit)(Konstantinopel), 31 März 1907 (gr.)
11 A. Papadopoulou-Kerameos, Analekta Jerusalemitischer Stachyologie, Band 2, Brüssel 1963, S. 314, 389, 395, 396. Und Ioan. Karmiris, Die dogmatischen und symbolischen Monumente der Orthodoxen Katholischen Kirche, Band II, Graz-Österreich 1968, S.821-859 [901-939] und 860-870 [940-950] (gr.).
12 Zeitung S.O.P., Band 327(April 2008), S. 7-9. Siehe auch ähnliche Aussagen von Walter Kasper im Artikel von Evaggelos D. Theodorou, Aktuelle Bemerkungen des Kardinals Walter Kasper…, wie oben S. 281-289, denn sie zeigen die standhafte Politik des Vatikans (gr.).
13 Evaggelos D. Theodorou, Aktuelle Bemerkungen des Kardinals Walter Kasper…, wie oben S. 287-288 (gr.).
14 Erzpriester Theodoros Zisis, Unia: ihre Verurteilung, Vryennios Verlag, Thessaloniki 1993. Konstantinos Kotsiopoulos, Die Unia in der griechischen theologischen Bibliographie, Vryennios Verlag 1993. In die Kirchengeschichte sind die Enzyklika gegen die Unia und die drei Epistel an den unierten Bischof von Theodoroupolis Georgios Halavatzis, verfaßt vom Erzbischof von Athen Chrysostomos Papadopoulos, schon als klassische Texte eingegangen (s. Natur und Charakter der Unia, Phoinikos Verlag (Wiederausgabe aus Anaplasis, Athen 1928) (gr.).
15 Ioan. Karmiris, Die dogmatischen und symbolischen Monumente…, wie oben, S. 920 [1000].

http://www.enromiosini.gr/

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