Montag, 9. Dezember 2013


Nicht sofort, wenn du dich nur entschlossen hast, gut zu sein, wirst du es schon werden. Nein, jeder Schritt auf dem Weg zu deiner Vervollkommnung wird nicht nur von Siegen, sondern auch um den Preis von Niederlagen erkauft. Wenn du, zum Beispiel, Demut erlangen möchtest, wirst du immer wieder fallen durch Hochmut und ähnliche Verletzungen der Demutstugend. Und so ist es bei jeder Tugend. Unsere Niederlagen auf dem Weg zu der einen oder anderen Tugend haben zwiefache Bedeutung: 
1) Ihr Wert und Vorzug wird (aus Erfahrung) besser erkannt, die Liebe und das Streben nach der Tugend erstarken, und sie wird in ihrer ganzen Tiefe und Kraft vollkommener angeeignet; 
2) Die besagten Niederlagen lehren uns Geduld und entflammen einen unablässigen Durst nach allen Tugenden in uns. Nur darf man in dieser Geduld und der Ausdauer nicht nachlassen, die ja noch vor dem Erwerb der eigentlichen Tugend schon erstaunliche und selige Geisteszustände hervorbringen. 
Wenn wir also ausdauernd und entschlossen zum Erwerb der Vollkommenheit und dem Freimut beim Herrn streben, sollten wir uns nicht dadurch verwirren lassen, daß uns das eine oder andere nicht sofort gelingt; umsoweniger dürfen wir nachlassen und mutlos werden. Je stärker der Anlaß zur Mutlosigkeit ist und je geduldiger wir demgegenüber sind, desto inbrünstiger zeigt sich unser Verlangen und umso würdiger erweisen wir uns seiner Verwirklichung, die unbedingt kommt vom Gütigen Herrn.

Hl. Neumärtyrer Iosif, Metropolit von Petrograd

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